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Geloescht

Geloescht

Titel: Geloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teri Terry
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starre und dass man Leute nicht anstarren soll – das mag niemand gern. Aber ich kann nicht anders.
    Ziegel um Ziegel. Jetzt sind es schon fünf Reihen.
    Wenn ich hier noch länger stehe, wird es Ärger geben. Mum stoppt wahrscheinlich die Zeit, die ich brauche, um den Brief, den ich immer noch in der Hand halte, in den Briefkasten an der Ecke einzuwerfen. Es ist das erste Mal, dass ich allein irgendwo hingehen darf. Und es wird das letzte Mal sein, wenn ich nicht bald von hier wegkomme.
    Er blickt wieder hoch und setzt sich. Ich schätze ihn auf etwa 30 Jahre. Er trägt einen blauen Overall voller Farbspritzer, Zement und Schmutz und hat fettiges Haar. Er spuckt auf den Boden.
    Â»Und?«, sagt er.
    Ich fahre auf.
    Â»Was gibt’s, Schätzchen?« Er grinst, als er das Levo an meinem Handgelenk sieht, und blickt mir dann wieder ins Gesicht.
    Â»Tut mir leid«, stammle ich und laufe schnell weiter, die Straße runter und um die Ecke, während ich ihn hinter mir lachen höre.
    Ich werfe den Brief ein und mache mich auf den Weg zurück. Wo der Mann arbeitet, ist ein weißer Van geparkt, auf dem
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steht. Er legt immer noch einen Ziegel auf den anderen und baut eine Gartenmauer.
    Er pfeift, als er mich bemerkt, und ich gehe mit glühenden Wangen nach Hause.
    Â»Warum hast du so lange gebraucht?«, fragt Mum wartend auf der Vordertreppe. Sie hat Ausschau nach mir gehalten und sofort gewinkt, als ich endlich um die Ecke in unsere Straße gebogen bin.
    Â»Ich war zu Fuß unterwegs, das dauert eben.«
    Â»Ist mit dir alles in Ordnung?«
    Â»Ja, alles bestens.« Ich gehe zur Treppe.
    Â»Was willst du oben?«
    Ich drehe mich zu ihr um. »Hausaufgaben machen«, lüge ich.
    Â»Also gut. Dann sei mal fleißig. Essen gibt’s in einer Stunde.«
    Ich schließe meine Zimmertür und schnappe mir mit zitternden Händen meinen Skizzenblock. Mein Levo fällt auf 4,4 … 4,2 …
    Ich beginne, die Mauer zu zeichnen. Ziegel um Ziegel vom Boden an. Mein Stift bewegt sich immer schneller. Mein Levo fällt nicht weiter und klettert allmählich zurück auf 5. Ich muss die Mauer fertig zeichnen, und ich muss meine rechte Hand benutzen, damit es richtig wird. Nach allem, was heute passiert ist: Tori zurückgegeben, Lorder bei der Versammlung, Lorder in meinem Traum. Irgendwie weiß ich, dass alles gut wird, wenn ich die Wand baue.
    Grüne Bäume, blauer Himmel, weiße Wolken, grüne Bäume, blauer Himmel, weiße Wolken …
    Â»Nicht unbedingt das spannendste Motiv.«
    Ich fahre hoch: Amy. Irgendwie muss sie die Tür geöffnet, den Raum betreten und mir über die Schulter geschaut haben, ohne dass ich irgendetwas gehört habe.
    Ich klappe meinen Block zu und zucke mit den Achseln. Jetzt bin ich wieder ruhiger, weil die Zeichnung fertig ist: Die Steine bedecken die ganze Seite. Aus irgendeinem Grund ist das für mich sehr wichtig.
    Warum bloß?
    Während des Essens vergesse ich die Mauer fast, weil Mum die überraschende Ankündigung macht, dass sie und Dad beschlossen haben, Amy mehr Freiraum zu geben. Geslated hin oder her, sie sei langsam alt genug, um sich mit Jazz zu treffen, wann sie wolle. Ich spüle ab, was ich mit wachsender Routine zu hassen beginne. Dann mache ich mich an die Hausaufgaben – diesmal wirklich.
    Aber ehe ich schlafen gehe, ziehe ich die Zeichnung noch einmal hervor und kontrolliere, ob auch ganz sicher keine Lücken in der Wand sind, keine Hohlräume, wo etwas durchdringen könnte. Was genau dieses
Etwas
sein sollte, weiß ich nicht. Ich schattiere noch an den Kanten, lege das Bild schließlich weg und schließe meine Augen. Ich sehne mich nach Leere, nach dem Nichts, nach Schlaf.
    Doch alles, was ich sehe, sind Ziegel, die nacheinander hochgemauert werden.
    Ziegel … Zement …
    Mauer.
    Der Schmerz pocht in meinen Beinen und in meiner Brust. Es gibt kein Weiter, nicht für mich. Ich breche im Sand zusammen.
    Es macht keinen Unterschied, wie laut er ruft, wie sehr er droht oder bittet – nichts, was er tun kann, zählt bald noch.
    Es kommt näher.
    Er kniet sich hin, hält mich fest und sieht mir in die Augen. »Ver­giss niemals, wer du bist. Es ist Zeit. Schnell jetzt. Bau die Wand auf.«
    Näher.
    Also baue ich sie, Stein um Stein. Reihe um Reihe. Ein hoher Turm um mich herum.
    Keine Hoffnung auf Rettung.
    Â»Vergiss nie, wer du

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