Geloescht
gegen Fenster schlagen, die sich nicht öffnen. Noch mehr Schreie. Doch der Junge mit dem hübschen Mädchen gibt keinen Laut von sich. Er schlingt die Arme um sie, aber es ist zu spät, um ihr zu sagen, dass er sie liebt. Sie ist tot.
Noch ein Pfiff, ein Blitz, eine Explosion. Ein klaffendes Loch an der Seite des Busses, aber jetzt sind die meisten leise. Der Junge wird in Sicherheit gebracht, weg von dem Mädchen. Er kommt zu ein paar anderen Ãberlebenden.
Ich stopfe mir die Finger in die Ohren, aber das Schreien hört nicht auf.
Es dauert eine Weile, ehe ich begreife.
Ich bin es.
»Ruhig. Es ist nur ein Traum.«
Ich schlage um mich, bis ich merke, wo ich bin. Im Bett, zu Hause â zumindest in der aktuellen Version von zu Hause â und es sind nicht Amys Arme, sondern die von Mum, die mich festhalten. Amy erscheint gähnend in der Tür und dreht dann wieder um. Mum muss wach gewesen sein, wenn sie schneller war als Amy.
Mein Levo vibriert: 4,4. Gar nicht so niedrig, trotzdem kann ich die Angst spüren und das Blut schmecken. Ich habe immer noch alles vor Augen. Das waren Robert und Cassie â das hübsche Mädchen. Mein Unterbewusstsein muss ihre Gesichter von den Fotos gespeichert haben, die mir Mac gezeigt hat.
Blätter mit meinen Zeichnungen liegen überall auf dem Bett verstreut. Mum glättet sie kommentarlos und beginnt, sie aufeinanderzustapeln. Bis sie zu dem von Gianelli kommt.
Ich habe ihn so gemalt, wie er herausfordernd unter dem Bild von Phoebe stand. Ihr Porträt ist eine Zeichnung in der Zeichnung. Phoebe ist Phoebe, das einsame Mädchen, das ich nie wirklich kennengelernt habe.
Mum wirkt traurig, als sie Gianelli ansieht. Ich bin gerade noch geistesgegenwärtig genug, um die anderen Zeichnungen einzusammeln, ehe sie die von Robert und Cassie entdeckt. Sie berührt Gianellis Gesicht. »Was hast du getan?«, flüstert sie der Zeichnung zu. Sie dreht sich zu mir. »Wir sind jetzt allein und das alles bleibt unter uns. Was ist mit Gianelli passiert? Du weiÃt es, das sehe ich dir an. Dein Gesicht ist wie ein offenes Buch. Du musst lernen, die Dinge besser zu verstecken, genauso wie wir anderen das machen. Aber bitte sag es mir.«
Und das tue ich: Ich erzähle von Phoebes Rotkehlchen und was Gianelli gesagt hat. Dass wir eine Schweigeminute abgehalten haben und er Phoebe so gezeichnet hat, wie ich es nun auch getan habe.
»Dummer, lieber Mensch. Aber dass es schon so schlimm ist, dass sie ihn nur aus diesem Grund mitnehmen â¦Â«, sagt sie. »Doch jetzt hör mal zu, Kyla. Ich weià â und das kannst du mir glauben â, wie sehr dich das alles beschäftigt und ängstigt. Wie schwer es ist, das zu verstehen. Aber du musst lernen, Dinge in deinem Innern zu verbergen. Oder du wirst nicht bestehen. Ich will nicht, dass du weggebracht wirst. Versprich mir, dass du es versuchen wirst.«
Also verspreche ich es ihr. Was bleibt mir schon übrig? Doch ich meine jedes Wort so, wie ich es sage.
»Ich werde das verschwinden lassen.« Sie deutet auf das Bild von Gianelli. »Gibt es noch mehr davon?« Sie wendet sich dem Stapel Zeichnungen zu. Was wird sie tun, wenn sie Roberts Gesicht entdeckt? Auch wenn das hier »unter uns« bleibt â wie sie es ausdrückt â, bin ich mir nicht sicher, was sie sagen würde, wenn ich ihr von Mac erzähle.
»Lass mich sehen«, fordert sie und streckt die Hand nach den Skizzen aus.
Doch plötzlich sind schwere Schritte auf der Treppe zu hören â sie kommen von oben. Mum schiebt die Blätter schnell unter meine Decke, bevor die Tür aufgeht.
Dad lächelt. »Alles klar bei euch?«
Mum dreht sich um. »Alles gut. Nur ein kleiner Albtraum, nichts weiter. Nicht wahr, Kyla?«
»Ja, jetzt gehtâs mir wieder gut«, sage ich. Dad bleibt im Türrahmen stehen â wartet er auf Mum?
Sebastian schleicht ins Zimmer, springt aufs Bett und dreht sich auf der Decke direkt über den versteckten Zeichnungen. Ein leises Knistern ist zu hören. Als er sich hinlegt, streichle ich ihn, und er beginnt zu schnurren.
Wo warst du, als ich dich gebraucht habe, Katze?
Mum knipst die Nachttischlampe aus, steht auf und geht. An der Tür dreht sie sich noch mal um.
»Versuch jetzt, ein wenig zu schlafen«, sagt sie. Aber ihre Augen sagen etwas anderes:
Wirf diese Zeichnungen weg.
Ich denke eine Weile darüber nach, dann
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