Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
als ich damals aus dem Gefängnis kam, haben sie mich in diesen Kurs gesteckt, damit ich meinen Scheiß geregelt kriege.«
    Ich warf einen Blick auf die Karte. »Mac, das ist ein Seelenklempner.«
    »Nein. Therapeut – ist was anderes.«
    Ich klopfte auf den Namen. »Mac, damit ich das jetzt richtig verstehe: Du willst, dass ich meinen Kopf untersuchen lasse, ja?« Etwas brodelte in mir – Wut.
    »Sie kann dir helfen. Mir hat sie geholfen. Gibt nichts, weswegen man sich da schämen müsste.«
    »Mac, da gibt’s überhaupt nichts … Ist alles nur Psychogeschwätz!«
    Er sah mich finster an. »Gus, du hast mich völlig falsch verstanden.«
    Ich angelte mir einen Stuhl, riss ihn heraus. Beine schrammten über den Boden, als ich mich setzte.
    Mac fuhr fort. »Du hast viel durchgemacht in letzter Zeit, die Scheidung, der Tod deines alten Freundes … Ich hab mit Hod gesprochen, wir machen uns beide Sorgen.«
    »Ihr macht euch Sorgen, meine Fresse! Ihr zwei habt getratscht, das ist alles. Um was geht’s denn? Mache ich meine Arbeit in der Kneipe nicht? Versaufe ich zu viel von den Einnahmen? Leck mich, Mac, seit wann zerreißt ihr beide euch über mich das Maul und werdet sentimental?«
    Ich war stinksauer, hatte die Beherrschung verloren. Wütend wie nur was. Völlig von der Rolle.
    Ich stand wieder auf, warf dabei den Stuhl um. Ich hatte die Visitenkarte in der Hand und stopfte sie in Macs Brusttasche. Er zuckte nicht mal, als ich mit dem Handrücken eine Ohrfeige andeutete.
    Ich nahm mein Pint Guinness, leerte es.
    Es herrschte eine Superstimmung im Raum. Es gibt da so eine Redensart – die Luft ist zum Schneiden dick.
    Ich sah ihn fest an, wartete auf eine Reaktion. Es kam nichts. Wenn man mein Alter erreicht, ein Leben lebt, wie ich es tue, glaubt man, man hätte schon jede nur denkbare Reaktion gesehen. Das hier kannte ich noch nicht. Mac stand auf, atmete tief ein, hielt die Luft an und ließ mich stehen. Als die Tür hinter ihm zufiel, war ich mit meinen Sorgen allein.
    Ich war durcheinander. Hatte ich ihn dermaßen geschockt? Bestimmt nicht. Wir redeten hier immerhin von Mac the Knife, dem zähen Messerfachmann aus Glasgow. War meine Einstellung zum Leben, meine Einschätzung der Situation denn so daneben?
    Während ich noch zusah, wie die Tür zufiel, durchschaute ich seine Fassade: Es war Verzweiflung. Schiere Verzweiflung, das war es, was Mac mir gegenüber empfand. Irgendwas regte sich in mir, so was wie ein Stich. Es war nichts Körperliches, eher etwas Emotionales.
    Ich spürte, wie mein Blick sich senkte. Mein Kopf sackte nach unten.
    Am Ende dieser Bewegung starrte ich in ein Augenpaar, das zu mir aufblickte. Langsam kam der Hund näher, kauerte sich vor meine Füße und streckte zwei Pfoten aus.
    »Wir haben’s ganz schön schwer, Kumpel«, sagte ich.
    Sein Schwanz wedelte. Schien irgendwie nicht die richtige Reaktion zu sein.
    »Es wird schlimmer …« Ich drehte mich um, sah Mac wieder in der Tür stehen. »Eigentlich wollte ich ja noch bis morgen damit warten, aber ich dachte, vielleicht besser nicht.«
    »Was ist?«
    »Du hattest Besuch … Rab Hart will, dass du ihn in Saughton besuchst.«

E s war eine unruhige Nacht. Ich wälzte mich stundenlang herum, bevor ich endlich einschlafen konnte. Dann schreckte ich aus dem Schlaf, fuhr in tiefster Dunkelheit kerzengerade hoch. Mein Herz schlug heftiger als eine Blaskapelle. Wieder hatte ich den ausgeweideten Leichnam von Tam Fulton vor mir gesehen. So langsam begann ich mich zu fragen, ob ich dieses Bild jemals wieder loswurde. Sah nicht danach aus.
    Ich stieg aus dem Bett und ging in der Wohnung herum, schaltete jede einzelne Lampe ein. Ich knackte ein paar Dosen, rauchte fast ein ganzes Päckchen Superkings. Das einzige, was mich schließlich wieder zurück ins Bett brachte, war die Aussicht, andernfalls durch das dunkle Treppenhaus runter in die Kneipe zu müssen, um meine Vorräte aufzufüllen. Ich wollte den Anblick einer weiteren Leiche nicht riskieren, die mir aus der Schwärze entgegenkam.
    Hatte es schließlich doch noch geschafft, mir eine Mütze Schlaf zu holen, wenngleich auch nicht genug, als Hod aufkreuzte. »Du hast einen Sockenschuss, das weißt du!« Er fummelte an meinen Büchern herum, langweilte sich bald und widmete sich dann den CDs.
    »Tja, du weißt ja, wie das so mit alten Socken ist … Wahrscheinlich habe ich meine Nase zu lange reingehängt, jetzt hab ich’s an der Backe.«
    Eine CD kam auf mich zugesegelt. »Himmel«,

Weitere Kostenlose Bücher