Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
»Was ist mit Catherine?«
    »Was meinst du damit?«
    »Warum sind sie nicht bei ihr?«
    »Sie hat sie vor die Tür gesetzt … Hatte genug von ihnen.«
    Wo zum Teufel war ich nur gewesen? Hatte ich denn die Verbindung zu meiner ganzen Familie verloren? »Ich verstehe nicht, Mam … Wenn sie so schlimm waren, dass ihre eigene Mutter sie vor die Tür setzt, warum nimmst du sie dann auf?«
    Meine Mutter umklammerte ihr Handgelenk, drückte es fest. »Man kann sich nicht von seinem eigenen Fleisch und Blut abwenden, das geht nicht … Ich bin vielleicht altmodisch, aber so etwas tut man einfach nicht.«
    Ich dachte an Katrina Crawford – teilte sie diese Ansicht?
    »Aber, Mam, sieh doch nur, was sie hier gemacht haben.« Ich zeigte auf ihre Lippe. »Sieh dir an, was sie dir angetan haben.«
    Meine Mutter vergrub ihr Gesicht in den Händen. Ich wusste, ich hatte sie zu sehr, zu schnell unter Druck gesetzt. Ich ging zu ihr, nahm sie in den Arm. »Hey, komm, halb so wild. Okay?«
    Sie begann zu zittern, schluchzte.
    »Mam, komm … du hast getan, was du konntest. Du kannst nichts daran ändern, was aus ihnen geworden ist.«
    »Ach, Gus, es ist so traurig. Ich fühle mich doch für euch alle verantwortlich.«
    Ich fragte mich, welchen Grund meine Mutter finden könnte, um sich Vorwürfe darüber zu machen, was aus mir geworden war.
    »Mam, nein. Das ist nicht wahr. Menschen gehen ihren eigenen Weg. Du musst zulassen, dass sie ihre eigenen Fehler machen und die Konsequenzen dafür tragen.«
    Sie zitterte immer noch, umklammerte wieder ihr Handgelenk. Ich legte eine Hand auf ihre. »Komm, ich mach dir einen Tee.«
    Sie lächelte und strahlte mich an. »Das wäre nett.«
    In der Küche setzte ich den Kessel auf.
    Wie ich dort stand und aus dem Fenster nach hinten rausstarrte, empfand ich eine tiefe Leere. Da war so viel Schmerz und Enttäuschung in den Augen meiner Mutter. Ich wünschte, ich hätte ihr etwas Glück und Zufriedenheit geben können. Ich wusste, wenn ich es in meinem eigenen Leben zu mehr gebracht hätte, dann hätte sie etwas gehabt, woran sie sich hätte hochziehen können. Die Liste der Menschen, die ich hängenlassen und enttäuscht hatte, legte sich um mich wie dunkle Nacht.
    Ich schenkte mir etwas Black Bush aus einer Halbliterflasche ein, die ich immer dabeihatte. Brachte meiner Mutter ihren Tee; setzte mich.
    »Danke, mein Sohn.«
    »Keine Ursache.«
    Betretenes Schweigen.
    »Wie sieht’s aus mit der Schreiberei?«
    »Oh, du weißt schon … es läuft. Arbeite gerade an einer Geschichte.«
    Sie sah verlegen aus. Ich wollte etwas sagen, irgendwas, nur um ihr ein Körnchen Hoffnung zu geben. »Ich habe mich wieder mit Deborah getroffen.«
    Ihre Augen leuchteten. »Hast du?«
    »Tja, also, wir sind spazierengegangen.«
    Ein glückliches Lächeln. »Das ist ja wunderbar … Ich wusste schon immer, dass dieses Mädchen genau die Richtige für dich ist.«
    Scheiße, ich hatte zu viel gesagt. Aber konnte ich es wieder zurücknehmen? Im Leben nicht.
    »Also, es ist noch ganz am Anfang.« Ich führte meine Mutter in die Irre. Mein Mund plapperte wie von allein – was hatte ich gesagt? Ich wollte ihr doch nur etwas geben, was ihr ein gutes Gefühl verschaffte. Eine einzige gute Sache, die von mir kam.
    »Ich freue mich ja so sehr, Angus. Wirklich, so sehr.«
    Ich leerte meinen Becher und sprang auf. »Hör zu, Mam, ich muss mich um Verschiedenes kümmern, deshalb –«
    »Nein, geh du nur, mein Junge. Du hast dein eigenes Leben zu leben.«
    »Ich werde schon bald wiederkommen. Ich werde den Rasen mähen, sobald es trocken ist. Und die Decke hier – die muss neu gestrichen werden –«
    Sie hob eine Hand, unterbrach meinen Wortschwall. »Angus, man muss sich nicht um mich kümmern.«
    »Nein, Mam. Das ist etwas, was ich jetzt tun werde. Ich werde dich jetzt besser im Auge behalten, versprochen.«
    Sie lächelte herzig, zog ihre Strickjacke zu.
    Ich ging durch die Tür. Sie folgte mir und winkte mir nach, als ich auf die Straße hinaustrat, die ich seit meiner frühesten Kindheit kannte.
    In dem Moment, als ich den Mondeo voller Anzugtypen sah, wusste ich, dass es ein Fehler gewesen war, meine Mutter zu besuchen.

E in weißer Polizeiwagen mit heulender Sirene tauchte hinter mir auf und schrammte über den Bordstein. Die vier Türen des Mondeo flogen auf. Ein ziemlich pampig wirkender Blödmann versperrte mir den Weg. »Einsteigen, Dury.«
    Als er sprach, erkannte ich ihn sofort. »Leck mich, der

Weitere Kostenlose Bücher