Gemeinsam gegen Krebs: Naturheilkunde und Onkologie - Zwei Ärzte für eine menschliche Medizin (German Edition)
Fragestellungen den jeweils als optimal angesehenen Behandlungspfad empfehlen. Zusätzlich werden bei uns im Brustzentrum der Kliniken Essen-Mitte für jede einzelne Patientin die für sie wichtigen neuesten wissenschaftlichen Daten zusammengetragen, nach dem System von SenoExpert analysiert und in der Datenbank dokumentiert. Das Ergebnis ist eine ganz individuelle Therapieempfehlung auf der Basis begründeter und nachvollziehbarer Daten, die auch weiterbehandelnden Ärzten in Klinik oder Praxis zur Verfügung gestellt werden.
Was so simpel und überzeugend klingt, ist in der Praxis noch längst kein Standard. Häufig werden auf sogenannten Tumorkonferenzen zwar interdisziplinäre Meinungen eingeholt, doch allein die Zeitnot führt nicht selten dazu, dass die präzise Begründung eines Vorgehens unterbleibt und mit »Erfahrung« oder »Praxis« argumentiert wird, ohne dass diese durch aktuelle Daten untermauert werden kann. Da sich das Wissen über Brustkrebs alle zwei Jahre verdoppelt, hat der engagierteste Arzt Mühe, auf dem Laufenden zu bleiben und alle Entwicklungen zu verfolgen. Noch komplizierter wird es, wenn die aktuelle Forschung zu Naturheilverfahren mit einbezogen werden soll. In den Kliniken Essen-Mitte haben wir im Rahmen der Integrativen Onkologie deshalb zwei Arztstellen, eine gynäkologisch-onkologische und eine internistisch-naturheilkundliche, die sich nur mit wissenschaftlichen Fragestellungen und dem Sammeln und Auswerten von Daten befassen.
Die integrativ-onkologische Behandlung: das Vorgehen
Eine Patientin mit Brustkrebs, die in die Sprechstunde der Integrativen Onkologie kommt, wird dort gemeinsam von dem operierenden Brustexperten und einer naturheilkundlich spezialisierten Internistin betreut. In einer naturheilkundlichen »Erstanamnese«, die rund eine Stunde dauert, werden neben der klassischen Anamnese viele zusätzliche persönliche und medizinische Daten aufgenommen. Dann erarbeiten die Ärzte der Naturheilkunde und der Senologie mit der Patientin eine individuelle Behandlungsstrategie.
Je nach deren Vorgeschichte, ihrer körperlichen und seelischen Verfassung, aber auch vielen Detailfragen wie etwa der nach naturheilkundlichen und anderen Medikamenten, die sie bereits einnimmt, oder nach der Situation in der Familie oder am Arbeitsplatz, zeichnet sich durch das Sammeln und Analysieren der Informationen ein individueller Therapieweg ab, der ganz auf die Bedürfnisse der Frau zugeschnitten ist. Im Mittelpunkt stehen natürlich viele medizinische Fragen, zum Beispiel, ob es sich um einen besonders aggressiven Tumor handelt und ob dieser Hormonrezeptoren aufweist oder die Entscheidung, ob und in welcher Weise Lymphknoten entfernt werden sollen und ob brusterhaltend operiert werden kann.
Entscheidungen bei einer älteren Patientin
So helfen die Daten von fast 400.000 Patientinnen mit Brustkrebs zum Beispiel bei der Klärung der Frage, ob eine 72-Jährige wirklich eine bessere Überlebenschance hat, wenn sie eine Chemotherapie erhält. Oder macht das gesteigerte Risiko von Herz-Kreislauf-Komplikationen diesen Vorteil zunichte? Sollte man in erster Linie auf die Metastasen reagieren, da sie eine häufigere Todesursache als die Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind? Sind schwere Nebenwirkungen zu erwarten – etwa eine Neutropenie?
PILOTPROJEKT SENOEXPERT
Seit dem Jahr 2010 wird an den Kliniken Essen-Mitte eine neue Methode für Therapieempfehlungen bei Brustkrebs entwickelt, die in Europa einzigartig ist: SenoExpert. Ihr Ziel ist es, jeder Brustkrebspatientin eine auf ihre individuellen Bedürfnisse ausgerichtete Behandlung zu ermöglichen – auf höchstem wissenschaftlichem Niveau und orientiert an den Prinzipien der Integrativen Onkologie. Ein solches konzertiertes und individuelles Vorgehen ist bislang nicht selbstverständlich.
Der ideale Zeitpunkt für die Festlegung einer Behandlungsstrategie ist nicht erst nach einer Operation, sondern bereits unmittelbar nach der Gewinnung einer Gewebeprobe. In diesem frühen Stadium werden bei der interdisziplinären Besprechung des Patientenfalls sowohl der chirurgische Eingriff als auch weitere Behandlungen geplant: etwa eine Chemotherapie, die Verordnung von Antihormonen oder Biphosphonaten, eine genetische Beratung sowie Lebensstiländerungen bis hin zur Nachsorge.
Wird das onkologische Vorgehen frühzeitig unter allen denkbaren Gesichtspunkten analysiert, können oft nicht nur kosmetisch günstigere Methoden gewählt, sondern auch bessere
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