Gemeinsam gegen Krebs: Naturheilkunde und Onkologie - Zwei Ärzte für eine menschliche Medizin (German Edition)
Akupunktur) gesammelt hatten, waren es sogar 89 Prozent. Nur 18 Prozent wollten allein konventionell behandelt werden.
Obwohl die chinesische Medizin einem völlig anderen Kulturkreis entstammt und ihre Erklärungsmodelle von unseren abweichen, lassen sich viele ihrer Therapien erfolgreich in die westliche Medizin integrieren. Sie ist deshalb auch ein wichtiger Bestandteil der Integrativen Onkologie.
Kräuter gegen Krebs
Vor einigen Jahren stellte einer der Mitarbeiter der Klinik für Naturheilkunde an den Kliniken Essen-Mitte seine chinesische Schwägerin dem auf Magen- und Darmkrebs spezialisierten Onkologen für eine Zweitmeinung vor. Sie litt an einem Magentumor, die Erkrankung war weit fortgeschritten und unheilbar. Der Essener Experte hatte ihre Lebenserwartung auf voraussichtlich noch drei Monate geschätzt. Die Chinesin, die in der Nähe von Shanghai kombiniert mit westlicher Chemotherapie und chinesischen Kräutern behandelt wurde, lebte noch fünf Jahre.
Solche unerwarteten Ereignisse treten immer wieder mal in der Tumormedizin auf, und doch häufen sich solche und ähnliche Fallberichte gerade im Zusammenhang mit China, wo Krebspatienten in der Regel mit einer Kombination aus westlichen onkologischen Therapien und traditioneller Kräutermedizin behandelt werden. Die klassische chinesische Kräutertherapie erfolgt mit Vielstoffgemischen, die zehn bis fünfzehn unterschiedliche Kräuter miteinander kombinieren, um nach traditioneller Auffassung positive Wirkungen zu verstärken und negative abzuschwächen. Die Rezeptur wird als Abkochung (Dekokt) zubereitet und über den Tag verteilt getrunken. Dabei sind die Zubereitungsvorschriften entsprechend den Inhaltsstoffen genau einzuhalten.
Von einzelnen Inhaltsstoffen kennen wir die Wirkung: Notoginseng zum Beispiel scheint die tumorhemmenden Effekte einer bestimmten Chemotherapie (5-FU) bei Darmkrebs zu verstärken. Die notwendige Dosis der zu verabreichenden Zellgifte kann dadurch reduziert werden. 1 Ein anderes Beispiel: Tierversuche geben Hinweise darauf, dass die Astralaguswurzel (Radix astragali und Radix angelicae sinensis) ein durch die Chemotherapie geschwächtes Knochenmark bei der Bildung neuer Zellen unterstützt.
Westlich ausgebildete Mediziner betrachten die chinesische Krebsmedizin trotz vieler positiver Berichte mit Zurückhaltung. Die chinesischen Studien entsprechen oft nicht internationalen Standards oder werden nicht außerhalb des Landes publiziert. Es liegt eine Fülle von Einzelfallbeschreibungen und kleinen Beobachtungsstudien vor, deren Aussagekraft jedoch nicht zur Etablierung von Standards ausreicht. Insbesondere fehlen große, kontrollierte Untersuchungen. Die Studiendesigns westlicher Medizin wiederum sind auf die Überprüfung von Monosubstanzen ausgerichtet und nicht auf die von Vielstoffgemischen, deren Wirkung schwerer zu überprüfen und zu steuern ist. Nach westlicher Auffassung werden sie zudem in nicht wissenschaftlich nachvollziehbaren Systematiken kombiniert und verordnet.
TCM im modernen China
In China wird jedoch auch die traditionelle Medizin längst internationalen Standards angepasst. Ein nationaler Forschungsplan zur »Modernisierung der TCM« unterstützt sowohl die Entwicklung der Drogenkunde bei Heilpflanzen als auch die Aufklärung ihres Stoffwechsels, die mit modernen molekularbiologischen Methoden betrieben wird. Leitlinien nach internationalem Standard sollen die Qualitätssicherung der häufig noch wegen ihrer Schadstoffbelastung kritisierten Pflanzen voranbringen. Die Anbau- und Zuchtmethoden werden im Hinblick auf Nachhaltigkeit verbessert, um die Ausrottung der Pflanzen in freier Natur zu verhindern. Langfristig werden chinesische Medizinpflanzen als wichtige Quelle moderner molekularer, zielgerichteter Therapien gegen Krebs gesehen.
Die Erforschung der Wirkstoffe
Interesse an den einzelnen Bestandteilen der traditionell gegen Krebs angewendeten Rezepturen haben auch die Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg: Seit einigen Jahren befassen sie sich mit der Identifikation und Erforschung von Substanzen aus der chinesischen Medizin. Aus über 2000 Natursubstanzen wurden rund 400 ausgewählt, die Tumorzelllinien im Labor- wie Tierversuch effektiv abtöteten. Sie werden nun weiter systematisch untersucht.
Einige Substanzen der TCM sind bereits Bestandteil von Chemotherapien (beispielsweise Tretinoin, Indirubin in der Leukämiebehandlung oder Camptothecinderivate
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