Gemeinsam gegen Krebs: Naturheilkunde und Onkologie - Zwei Ärzte für eine menschliche Medizin (German Edition)
schweren Stand innerhalb der naturwissenschaftlich dominierten Onkologie hat. In zertifizierten Krebszentren ist eine psychoonkologische Beratungsstelle mittlerweile aber Standard.
Etwa 30 Prozent der Krebskranken nehmen psychoonkologische Beratung in Anspruch, die von den Krankenkassen nur bezahlt wird, wenn eine psychische »Anpassungsschwierigkeit« an die Krankheit diagnostiziert wurde. Dies betrifft wiederum etwa ein Drittel dieser Patientengruppe. Der Großteil psychoonkologischer Arbeit entfällt jedoch auf allgemeinere psychosoziale Betreuung – die Stabilisierung von Angehörigen, Hilfen bei Arbeitgeber und Behörden, die Vermittlung von entlastenden Strategien wie Kunst- und Atemtherapien oder Selbsthilfegruppen.
Mit Stress umgehen lernen
Der Ausgangspunkt der Psychoonkologie war ähnlich wie bei der Mind-Body-Medizin die Stressforschung: Der Verhaltenspsychologe Richard S. Lazarus (1922-2002) von der University of California in Berkeley hatte mit der Ärztin Susan Folkman, heute Direktorin des Osher Center for Integrative Medicine, ein Stressmodell entwickelt. Im Gegensatz zu früheren Vorstellungen ging es davon aus, dass nicht der Stress an sich schädlich sei. Entscheidend dafür, ob er sich negativ auf Menschen auswirke, sei die Fähigkeit der Betroffenen, damit umzugehen. Diese wiederum hänge nicht nur von der Persönlichkeit ab, sondern auch von vielen Faktoren im Umfeld.
Übertragen auf die Krankheit Krebs bedeutet dieses Modell, dass es Patienten helfen kann, wenn sie bei der Verarbeitung ihrer speziellen Krankheitssituation (coping) Unterstützung erhalten – auf den Ebenen des Denkens, Fühlens und Handelns. Psychische Probleme wie Angst und Depression stehen dabei im Mittelpunkt, aber auch vegetative Symptome wie Schlafstörungen, Müdigkeit und Erschöpfung, massive körperliche Einschränkungen sowie familiäre oder partnerschaftliche Probleme. 25 bis 40 Prozent der Krebskranken sind Schätzungen zufolge von solchen Symptomen betroffen.
Die Strategien zur Bewältigung der Krise decken sich in vielen Punkten mit der Mind-Body-Medizin: Dazu zählen Stressreduktion, zum Beispiel durch Visualisierung und Imagination, verhaltenspsychologische Strategien im Umgang mit der Krankheit und soziale Unterstützung, wenn möglich in Gruppen. Ziel ist auch hier die Stärkung des Selbsthilfepotenzials auf der Basis der Salutogenese (siehe Kapitel: Spiritualität und Befinden) . Für einzelne Krebsarten (wie Brustkrebs) gibt es eigene psychoonkologische Leitlinien. Die Interventionen sollten von Ärzten, Psychologen und Therapeuten wie auch Sozialarbeitern und Seelsorgern gemeinsam getragen werden. Wichtiges Thema ist die Kommunikation – mit Patienten wie mit Angehörigen. Im Zentrum stehen Empathie, der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung und Verstehen.
Auslöser der Krankheit
Der Zusammenhang zwischen psychischen Faktoren und Krebs war zum ersten Mal in den 70er-Jahren thematisiert worden, als man die These untersuchte, ob es »Krebspersönlichkeiten« gäbe, die besonders anfällig für die Krankheit wären.
Diese Annahme gilt inzwischen als überholt – offen ist jedoch noch die Antwort auf die Frage, ob psychische oder soziale Belastungen Krebs auslösen können. Viele Patienten nennen spezielle Vorkommnisse wie den Tod eines geliebten Menschen oder eine Scheidung als möglichen Auslöser, doch die Erfahrung der Erkrankung beeinflusst ihre Sicht der Vergangenheit. Menschen erleben immer wieder die verschiedensten Verluste, aber sie suchen nicht danach in ihrer Erinnerung, wenn sie keinen Grund dazu haben.
Wahrscheinlich ist, dass psychosoziale Faktoren den Lebensstil prägen und dieser dann (etwa Rauchen gegen Stress) entscheidenden Anteil an der Krankheit Krebs hat. 40 Prozent aller Krebskrankheiten werden mit Lebensstilfaktoren erklärt.
Beratungsstellen
Psychoonkologische Beratung finden Sie in allen von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Behandlungszentren (siehe www.krebsgesellschaft.de/wub_zertifizierte_zentren_uebersicht.html ) sowie über zwei Fachverbände: die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für psychosoziale Onkologie e.V. ( www.dapo-ev.de ) oder die Arbeitsgemeinschaft für Psychoonkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. ( www.pso-ag.de ).
Darüber hinaus helfen auch die regionalen Krebsberatungsstellen (zu finden über die Homepage des Deutschen Krebsforschungszentrums: www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser/adressen/krebs-beratungsstellen-old.php ) oder die
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