Gemischte Gefühle
…“
Er ließ Charnock einfach stehen und fuhr mit dem Lift hinunter. Die Luft war heiß, und die Palmen spendeten nur wenig Schatten. McClintock/Hirschmann steuerte auf seinen Maserati zu und schwang sich hinter das Steuer. Er würde den Putsch verhindern – um jeden Preis. Wenn Rodriguez an die Macht kam, würde das der Anfang vom Ende sein. Der Bursche würde den Roten Tür und Tor öffnen. Die amerikanischen Interessen standen auf dem Spiel. Es gab nur eines: Er mußte wissen, ob McClintock sich im Besitz der Papiere befand, die ihn zu Fall bringen würden., Wenn er weiß, was wir wissen’, dachte er, ‚wird er sich überlegen, wie weit er in Zukunft das Maul aufreißt’.
McClintock raste mit Vollgas über die Strandpromenade. Der Fahrtwind spielte mit seinem Haar, und er musterte sich sekundenlang im Rückspiegel. Was er sah, gefiel ihm: Er war ein breitschultriger Mann von dreißig Jahren mit schwarzem Haar, einem verwegenen Schnurrbart und einem viereckigen Kinn. Seine Augen konnte er nicht sehen, da sie von den dunklen Gläsern einer großen Sonnenbrille verborgen wurden. Aber irgendwann würde er sie abnehmen und in einen Spiegel sehen, dann war auch dieses Geheimnis gelüftet.
Als Hirschmann/McClintock in die erste Kurve einbog, erklang ein Schuß, dem gleich darauf das Geräusch eines platzenden Reifens folgte. Der Maserati schlingerte; die Pneus heulten. McClintock warf sich mit aller Kraft gegen die Lenkstange und brachte den Steuermechanismus des Wagens in seine Gewalt.
‚Hunde!’ dachte er, als der Wagen sich wie eine Kaffeemühle drehte. ‚Damit kommt ihr mir nicht davon!’
Die Karussellfahrt endete. Hinter ihm staute sich der Verkehr, aber McClintock achtete nicht darauf. Die Brise, die vom Meer her kam, ließ sein Jackett aufklappen. Schon hatte er die Luger in der Hand. Den ersten der beiden flüchtenden Terroristen erledigte er mit einem Schuß. Der andere warf sich auf den Boden der Straße, kam direkt neben einem weißen Mercedes zu liegen und eröffnete das Feuer aus einer Maschinenpistole.
,Mit mir nicht, Junge’, dachte Hirschmann/McClintock und legte in aller Seelenruhe an. Es krachte zweimal, dann wälzte der Attentäter sich in seinem Blut.
Als Gerber erwachte, hatte er das Gefühl, Scheiße gegessen zu haben. Er öffnete die Augen und erwartete seinen sofortigen Tod. Er sah eine holzgetäfelte Decke, Seidenvorhänge, die sich im Wind bewegten, Wände, an denen unzweifelhaft alte Meister hingen, und das Gesicht eines Mannes, der ihm bekannt vorkam.
Seltsamerweise verspürte er keine Schmerzen. Er hatte nicht einmal einen Kater.
Der Mann beugte sich über ihn, musterte ihn kurz und sagte dann: „Er ist jetzt wach.“
Gerber hustete trocken und setzte sich auf. Er hatte erwartet, sich in einer engen und schmutzigen kleinen Zelle auf irgendeinem Polizeirevier wiederzufinden; statt dessen befand er sich – ja, wo eigentlich?
Es befand sich noch ein zweiter Mann im Raum. Und den kannte Gerber ganz sicher. Nicht persönlich, aber aus dem Programm von SensiTivideo.
„Ich bin Roderich Brand“, sagte der zweite Mann und ließ sich in einen Sessel fallen, „und – wie Sie vielleicht wissen – kein Freund langer Reden, Herr Gerber. Um es kurz zu machen: Ich biete Ihnen einen Job an.“
Gerber mußte lachen. Als er sich wieder beruhigt hatte, erwiderte er: „Das glaub’ ich ihnen nicht.“
Brands Mundwinkel zuckten amüsiert. Er war ein Mann in den Sechzigern, mit eisgrauem Haar und feingeschnittenen Zügen. Seine grauen Augen musterten Gerber eindringlich, während seine Finger auf der Platte eines Mahagonitisches einen unrhythmischen Takt klopften. „Es wird Ihnen nichts anderes übrigbleiben. Sehen Sie her.“ Er warf Gerber ein kleines Stück Papier zu. Ein Scheck. Gerber fing ihn geschickt auf und las die Summe, die darauf stand. Zweihunderttausend Mark. Unterschrieben von Roderich Brand. Im Auftrag der SensiTivideo.
„Sie haben gestern versucht, mit dem Redakteur unserer Spielfilmabteilung Kontakt aufzunehmen“, sagte Brand, „und gerieten dabei leider an einen Mann, der …“ – er schürzte die Lippen – „… nun nicht mehr länger bei uns beschäftigt ist. Tut mir leid, daß das passieren mußte, Herr Gerber, aber …“ Er zuckte bedauernd die Schultern. „Ich habe Blondie gesehen. Und Die Peitschen-Ladys. Die Serien waren nicht übel. So ähnlich stelle ich mir zukünftige Programme der SensiTivideo vor.“
Gerber schwang die Beine über den
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