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Gemordet wird immer

Gemordet wird immer

Titel: Gemordet wird immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Korber
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Junge stand praktisch auf seinen Füßen und starrte ihm direkt in die Augen. Viktor war ihm so nah, dass er seinen Atem spüren konnte. Einen Moment erwogen sie beide das Für und Wider ihrer Situation und kamen zu demselben Schluss: Sie hielten den Atem an.
    Im nächsten Moment betrat Karoline Schneid den Raum.
    »Hier, bitte.« Das war die Stimme der Ehefrau. »Ich habe dieses Zimmer immer gehasst.« Sie blieb mit verschränkten Armen an der Tür stehen. »Der Waffenschrank ist aber abgesperrt.«
    Viktor reckte unwillkürlich den Kopf und sah durch den Spalt den Schlüssel an seinem Haken noch immer leise schaukeln. Wenn sie jetzt dort hinschauten … Er biss sich auf die Lippen.
    »Wir haben den Schlüsselbund Ihres Mannes bei seinen Sachen sichergestellt.« Die Kommissarin trat an den Schrank, und Viktor hörte, wie sie sich am Schloss zu schaffen machte. Nach wenigen Versuchen öffnete sich quietschend die Tür. »Wie viele Waffen besaß Ihr Mann?«
    Keine Antwort, vermutlich hatte Frau Bulhaupt mit den Achseln gezuckt.
    Die Kommissarin rief ihren Assistenten zu sich und reichte ihm den Inhalt des Schrankes zu. »Eine Kipplaufbüchse«, stellte sie fest. »Ihr Mann mochte es wohl ganz gern mal altmodisch? … Eine Flinte, ein Drilling, ein GSG 5 Selbstlader.« In der Stimme der Kommissarin meinte Viktor ein missbilligendes Kopfschütteln hören zu können. »Eine Browning, mit Gravuren. Eine Beretta 87.« Sie prüfte klickend den Abzug.
    Viktor begann leicht zu zittern. Er mühte sich, an der Pupille des Jungen vorbeizustarren. Sein Atem roch nach Kaugummi. Wenigstens war es eine Marke ohne Zucker.
    »Ah, und eine Take Down Hatari.«
    Noch einmal war die Stimme der Ehefrau zu hören. »Die hat er seit Kenia nicht mehr benutzt.«
    »Eine ganz hübsche Sammlung.« Die Kommissarin machte eine Pause. »Sie ist beschlagnahmt.«
    In diesem Augenblick erreichte Viktor der Anruf seines Onkels. Das Handy begann zu klingeln – einen winzigen Sekundenbruchteil bevor ein schrilles Tuten den Raum erfüllte, das alles überlagerte.
    »Ach du liebe Zeit.« Frau Bulhaupt fuhr herum. »Oh, ich hasse diese Maschine«, rief sie laut, um das anhaltende Dröhnen des Wäschetrockneralarms zu übertönen. Endlich stöckelte sie hinüber in den Wäschekeller, während Viktor zur selben Zeit hektisch nach seinem Handy angelte und stumm vor sich hin fluchte.
    Die Kommissarin hob die Stimme, als sie ihren Assistenten anwies, die Waffen nach oben in den Wagen zu schaffen. »Wir riegeln den gesamten Keller ab und rufen die Spurensicherung. Frau Bulhaupt?«, rief sie laut in den Nebenraum.
    Die hatte es endlich geschafft, die Tür des Trockners zu öffnen. Wohltuende Stille trat ein. Viktor atmete vorsichtig aus, in den zitternden Händen das Handy, das endlich, endlich schwieg.
    »Frau Bulhaupt, kommen Sie bitte mit uns.«
    »Ja, aber die Wäsche?«, fragte die Ehefrau verwirrt. Viktor hörte ihre Einwände zusammen mit den Schritten auf dem Flur leiser werden.
    Der Junge war der Erste, der zu sich kam. Er sprang aus dem Schrank. »Du dämliches Arschloch!«
    Viktors Handy piepte leise zweimal, um den erfolglosen Anruf des Onkels anzuzeigen.
    »Stellt nicht mal auf Vibration.« Der Junge zeigte ihm einen Vogel. Dann rannte er davon.
    »Moment mal«, rief Viktor. »Hat man dir nicht beigebracht, wie man mit Erwachsenen spricht?« Eben sah er noch das wippende Etikett aus der Hose der Skaterjeans hängen, dann war der Junge schon um die Ecke verschwunden. »Und außerdem bin ich ein Surfer. Total cool.« Seine Beine waren eingeschlafen, und er sackte gegen den Türrahmen. Seufzend rieb er seine Schenkel zurück ins Leben.
    Im Flur war niemand mehr zu sehen. Viktors Handy klingelte erneut, und er machte sich langsam auf den Weg zur Feuertür. »Anders und Anders Bestattungen? Oh, hallo, Onkel Wolfgang.«
    »Wo bist du?«, dröhnte die Stimme seines Onkels aus dem kleinen Apparat. »Und wieso flüsterst du so?«
    Viktor schob sich ins Freie und schlich vorsichtig die Außentreppe hinauf. Geduckt lugte er über den Rand des Treppenschachtes. Der Polizeiwagen stand mit offenen Türen vor dem Haus. Der Assistent belud gerade den Kofferraum, die Kommissarin stand telefonierend daneben.
    »Ich flüstere doch nicht«, flüsterte Viktor und blieb in Deckung. Als beide wieder ins Haus gegangen waren, marschierte er in zügigem Tempo zum Gartentor, hinaus und mit schrittweise leichter werdendem Herzen die Straße hinunter.
    »Du solltest mir helfen!

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