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Gemordet wird immer

Gemordet wird immer

Titel: Gemordet wird immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Korber
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traurig. »Du weißt, dass das nicht ganz stimmt.«
    Miriam grinste Viktor an. »Für beide, würde ich sagen.«
    »Wir waren ein wenig unterwegs, okay? Keine Sorge, dein Schatz hatte Cola, Kuchen, Radio und jede Menge Spaß.«
    »Er hat Schwierigkeiten beim Einschlafen, wenn man ihn aufregt.«
    Viktor dachte an die nächtliche Szene, die er miterlebt hatte, und biss sich auf die Lippen. »Du kannst ihn nicht ewig mit Märchen und Fotoalben einsperren.«
    »Viktor!«
    »Wirf ihn an die Wand. Wirfst du ihn an die Wand. Weil du darfst ihn nicht an die Wand werfen. Sondern du wirfst ihn leider an die Wand.«
    Miriam schüttelte den Kopf. »Nee, Tobi, da wird trotzdem kein Prinz draus.« Sie wandte sich an seine Mutter. »Er hat einfach unglaubliche Augen.«
    »Ja, nicht wahr?« Gerührt strich sie ihrem Sohn über das Haar.
    »So klar und groß. Und Wimpern wie bei einem Mädchen.« Miriam betrachtete Tobias von der Seite, der sich seinem Beignet widmete und alles andere auszublenden schien.
    »Er ist der Einzige in der Familie mit blauen Augen. Dunkelblau. Gott weiß, wo er die herhat.« Hedwig seufzte.
    »Hannah hatte blaue Augen.«
    Hedwig sah ihren Neffen an. »Nein«, sagte sie verwundert. »Sie hatte braune, so wie du. Die habt ihr von eurer Mutter.« Sie wandte sich an Miriam. »Sie stammte nämlich aus …«
    »Sie hatte blaue, verdammt noch mal. Wollt ihr euch nicht einmal daran erinnern?«
    »Was soll das heißen, Viktor.« Hedwig Anders richtete sich auf. »Selbstverständlich erinnern wir uns an die arme Hannah.«
    »Ihr Zimmer habt ihr jedenfalls gründlich entsorgt.«
    »Es kann nicht jeder einfach weglaufen, Viktor.«
    »Aber Totschweigen ist die Lösung, ja?« Er war laut geworden. »In diesem Haus gibt es nichts, was an meine Schwester erinnern würde. Gar nichts. Sogar ihr Tagebuch habt ihr verbrannt.«
    »Ich weiß wirklich nicht, wovon du redest, Viktor.«
    »Ja, ich rede. Im Gegensatz zu euch. Kaum war sie tot, habt ihr sie entsorgt.«
    »Viktor, wirklich. Natürlich denke ich oft an meine Nichte. Meine Güte, schließlich habt ihr alle jahrelang in meiner Küche gesessen und zu Mittag gegessen, während eure Mutter gearbeitet hat. Wie oft hat sie mir hier gegenübergesessen, von der Schule erzählt und mich angelacht. Mit ihren braunen Augen.«
    »Daran erinnere ich mich nicht.« Viktor blieb stur.
    »Du warst damals ja auch noch sehr klein.« Tante Hedwig blickte auf ihre gefalteten Hände.
    »Und ihre Augen waren blau.« Viktor wollte noch mehr sagen. Wollte hinzufügen, dass er sich an seine Schwester erinnerte, als ob sie noch immer vor ihm stünde. Dass sie seine Vertraute war und seine beste Freundin. Dass sie mit ihm gesprochen hatte, mit ihm allein. Aber da klingelte das Telefon.
    Hedwig Anders erhob sich als Einzige. Würdevoll schritt sie zum Apparat. Dann hielt sie Viktor den Hörer hin. »Frau Kommissar Schneid für dich.«

30
    Sie standen vor der Höhle und starrten in den schwarzen Schlund.
    »Danke, dass Sie sofort gekommen sind«, sagte der Feuerwehrmann. Er war von Kopf bis Fuß in einen grell orangefarbenen Schutzoverall gekleidet und hatte den Mundschutz nur kurz abgenommen, um Viktor zu begrüßen.
    Der warf einen Seitenblick auf die Schneid. »So steht’s im Vertrag«, sagte er nur.
    »Ihr Onkel konnte nicht kommen?«, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Der fährt einen Klienten zu einem Krematorium an der holländischen Grenze. Da ist es billiger«, fügte er hinzu, als er den fragenden Blick des Feuerwehrmannes sah. »Man fährt sie dahin, wo es am preiswertesten ist, wenn die Angehörigen das so wollen.«
    Dann wandten sie sich wieder dem vor ihnen liegenden Problem zu.
    »Sie hat Gift genommen«, sagte der Feuerwehrmann. »Wir wissen nicht genau was, aber es muss ein Kontaktgift gewesen sein. So was habe ich noch nicht gesehen. Die hat es wirklich ernst gemeint. Hat einen halben Reservekanister davon geschluckt. Sie muss da sofort raus, bevor noch mehr in die Umwelt gerät.«
    »Haben Sie Schutzanzüge dabei?«, fragte Karoline Schneid.
    »Sicher«, sagte Viktor und hoffte, dass sein Onkel so etwas im Wagen verwahren würde.
    »Und dann ist da noch ein Problem.«
    Viktor hob fragend die Brauen.
    Die Schneid antwortete anstelle der Rettungsmannschaft. »Die Totenstarre hat eingesetzt. Sie klemmt jetzt zwischen den Felsen fest.«
    Eine Viertelstunde später war Viktor in einen Schutzanzug verpackt. Die Atemmaske, die die Feuerwehr ihm geliehen hatte, beschlug, als er

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