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Generation A

Generation A

Titel: Generation A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Während der ganzen Zeit redete Charles auf mich ein, noch ein bisschen durchzuhalten, und als Schutzanzug das mitbekam, drosch er auf die Kamera, und die Zack-Show war vorbei.
    Sekunden später bekam ich wieder Luft und entschuldigte mich schon für die Umstände, die ich ihm machte - da sprühte mir Schutzanzug irgendetwas ins Gesicht und steckte mich in einen weißen Leichensack mit einem ovalen Sichtfenster. Dann luden er und ein Kollege mich auf einen roten Plastikschlitten und schoben das Ding in den mittleren der drei Hubschrauber. Als wir abhoben, schaute ich runter auf das Feld und sah meinen Schwanz mit Eiern und wie die Schutzanzüge leuchtend pinkfarbene Absperrbänder abrollten und mein Feld damit in Quadrate einteilten.
    Ein weiteres Geschwader Hubschrauber landete bei meinem Haus, weit weg von dem Gebäude selbst und der Reihe Pappeln daneben (der wahrscheinlichsten Stelle für ein Bienennest). Mir war jetzt etwas schwummerig. Ich dachte an Sommerblumen aus meiner Kindheit: Habichtskraut, Glockenblumen, Anemonen, wilde Bergamotte und blaues Eisenkraut. Mich überkam ein Verlustgefühl, aber gleich wurde so was wie Hoffnung in mir hochgespült - die Bienen waren zurück! Ich schickte ein Gebet an meinen persönlichen Schutzheiligen, den heiligen Todd, Patron der manipulierten Daddelautomaten, der Algenpest, geknickten Gartenschläuche und unbeschriebenen Grabsteine, dann wurde ich bewusstlos.
    Als ich aufwachte, war ich offenbar in einem Krankenhauszimmer, einem Einzelzimmer allerdings. Onkel Jay hätte niemals dafür geblecht, also musste hier noch irgendwas anderes vor sich gehen.
    Ich stand auf und versuchte, die Glastür in der Ecke aufzumachen, aber sie hatte keinen Türgriff. Jenseits der Glastür folgte eine Flucht von drei gläsernen Vorzimmern, jedes wieder mit einer gläsernen Tür, durch die hindurch ich in einen Flur sehen konnte. Ich legte mein Ohr an die Dichtung der Tür und konnte den Luftsog so laut zischen hören, dass ich an einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum denken musste.
    Ich pochte an die Scheibe und rief: »Hallo!«, aber wenn ich darauf gehofft hatte, da draußen würde mich jemand hören, hätte ich genauso gut auf dem Mond sein können. Ich ging zurück zu meinem Bett und sah mich nach einem Telefon oder einem Handy um.
    Nada.
    Es gab keinen Fernseher, keinen Computer, kein Thermostat, keine medizinischen Apparate, keine Lichtschalter, nichts, womit man das Bett verstellen konnte, keinen Kühlschrank, keine Bücher - es war, als wäre man gleichzeitig in der Zukunft und in der Vergangenheit. »Wo zum Henker bin ich?«
    Stille.
    »Wer zum Teufel ist da draußen?«
    Stille.
    Es hört sich an wie ein Klischee, aber ich kann euch sagen, im wirklichen Leben, wenn man in einer medizinischen Einrichtung aufwacht, nachdem ein Trupp in ABC-Schutzanzügen einen entführt und in einen Hubschrauber geworfen hat, ist der erste Impuls wirklich der, so abgedroschenen Scheiß zu brüllen wie: »Wo zum Henker bin ich? Wer zum Teufel ist da draußen?«
    Abgedroschener Scheiß. Na, das ist doch mal ein schönes Wortspiel.
    Wer auch immer »da draußen« war, musste im Moment abwesend sein. Ich checkte sicherheitshalber mein Zimmer, guckte nach versteckten Rufknöpfen, Lautsprechern, Stolperdrähten, was auch immer - und fand nichts. Nach etwa einer halben Stunde Rumgesuche fiel mir etwas doch sehr Unheimliches an meiner Bleibe auf:
    Ich sah nirgendwo auf der Einrichtung das Markenzeichen eines Herstellers.
    An dem Bett war keine kleine Metallplakette, die verkündete, dass es in Arschfick, Wisconsin, von »stolzen Gewerkschaftern« hergestellt worden war (oder in Shenzhen von um die Mittagspause betrogenen Dreijährigen). Es gab nicht mal Löcher, wo eine solche Plakette irgendwann mal hätte festgeschraubt sein können. Jemand muss sie entfernt, die Löcher zugespachtelt, alles glattgeschmirgelt und überstrichen haben. Das ist echt krass, wenn ihr mich fragt.
    Die Matratze? Kein Dekor, kein Markenname.
     
    Ich sah mir das Klo an. Ein stabiles Biest mit einer Vakuumspülung, bei der man an diese Filmszenen denken muss, wo ein Terrorist die Flugzeugtür wegsprengt und alles in der Passagierkabine nach draußen gerissen wird. Auch da nichts. Ich nahm das Klopapier unter die Lupe: keine Logos, keine Blümchen, weder auf dem Papier noch innen auf der Pappröhre, aber ich als Connaisseur muss sagen, scheißen wie Gott in Dubai: dreilagig, geprägt und gebleicht, so was haben heutzutage nur noch die

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