ich nicht bloß ein passiver Internetnutzer sein.
Ich wollte meine eigene Stimme dem allgemeinen Geplapper hinzufügen und erschuf zum Spaß eine Fake-Internetfirma, über die ich »Promi-Raumklänge« verkaufte. Die Seite war wunderbar gestaltet (ich kupferte dafür ein Schweizer Vorbild ab* auf dem Messerwaren angeboten wurden) und absolut überzeugend.
Aber was ist ein Promi-Raumklang?
Für 4,99 Dollar konnte man sich auf meiner Seite eine Stunde Stille aus dem Zuhause zahlreicher Prominenter herunterladen, die allesamt versprochen hatten, ihre Tantiemen daraus wohltätigen Zwecken zu stiften. Ich hatte Mick Jagger (London; weltstädtisch), Garth Brooks (ländlich; im Hintergrund ein paar Düsenjägergeräusche), Cameron Diaz (Miami; sexy, sonnig, kokett) und so weiter. Aus Imagegründen bot ich zudem noch häusliche Stille aus den Tribeca-Lofts der Unterwelt-Rocklegende Lou Reed und der mütterlichen experimentellen Performancekünstlerin Laurie Anderson an.
Ich wurde schnell von zahlreichen potentiellen Kunden per Mail schikaniert, die mich unter
[email protected] mit der Frage bedrängten, wieso ihre Amex- oder Visa-Karte nicht akzeptiert würde.
Und dann erhielt ich eine E-Mail von der New York Times. Sie wollten in der Lifestyle-Rubrik ihrer Wochenendausgabe einen kleinen Beitrag über meine Seite bringen. So saß ich auf meinem Bürostuhl, der aus drei ausrangierten alten zusammengebastelt war, der Schweiß lief mir herunter, und ich starrte sehnsüchtig auf die Kisten mit Guaven, während eine Frau namens Leslie mich fragte, ob ich Statements der Künstler und JPEGs von mir selbst verfügbar hätte, die ich ihr schicken könnte. Ich hatte der liebreizenden Leslie erzählt, ich hieße Werner und säße in Deutschland in der Nähe von Kassel, denn das schien mir ein glaubwürdiger Ort für überqualifizierte Zeitgenossen zu sein, die nichts Besseres zu tun hatten, als Artikel wie Designerstille zu entwickeln. Ich hatte mir einen deutschen Akzent zugelegt und gab mich ausgesprochen hochnäsig.
»Ja«, sagte ich. »Ich dachte mir schon, dass Sie ein Foto möchten, Ihr Ressort ist ja ohnehin sehr bildlastig.«
Es entstand eine kleine Pause, bevor Leslie antwortete, lang genug, um mich wissen zu lassen, dass sie mich für einen Kotzbrocken hielt.
Ich sagte: »Ich überlege, die Einführung meiner neuen Produktlinie an Innenraumgeräuschen mit dem Erscheinen Ihres Artikels abzustimmen.«
»Eine neue Produktlinie?«
»Ja, ich nenne sie ›Nocturnes: Klangkulissen für die Abendstunden‹ mit dem Schwerpunkt auf nächtlichem Grillenzirpen und deutlich geringerem Anteil an Maschinen- und Motorengeräuschen.«
»Wollen Sie damit sagen, es gibt einen Unterschied zwischen Tag- und Nachtstille?«
»Ja, Leslie. Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind in einem völlig dunklen Raum und haben die Augen geschlossen. Dann öffnen Sie die Augen. Es ist noch genauso dunkel wie bei geschlossenen Augen, und dennoch ist es eine gänzlich andere Art Dunkelheit als zuvor, nicht wahr?«
»Das stimmt.«
Und genau in diesem Moment begegnete ich meiner Biene.
ZACK
Nachdem ich in Maizies Kabine gestochen worden war, hatte ich einen Wollt-ihr-mich-verarschen-Moment, während ich die Biene auf meinem Oberschenkel anglotzte. Charles fragte mich, was los sei, also schwenkte ich die Pod-Kamera, um ihm die Bienenleiche zu zeigen. Er hielt das für einen Scherz - und wer kann es ihm verdenken? Aber dann begann ich ernsthaft anzuschwellen und zu hyperventilieren, und ohne ihn am anderen Ende der Satellitenverbindung wäre ich jetzt tot, und die Welt hätte nie erfahren, dass ich der erste Mensch auf Erden seit beinahe fünf Jahren war, den eine Biene gestochen hatte.
Als ich auf den Kabinenboden sackte, rief ich: »Charles, wehe, du holst dir hier drauf einen runter!« - pervers bis zum bitteren Ende! -, aber Charles hatte bereits das nächste Krankenhaus informiert, außerdem das Landwirtschaftsministerium und die Seuchenkontrollbehörde. Vielleicht drei Minuten später hörte ich in der Ferne Hubschrauber, die wie altmodische Dreschmaschinen klangen. Drei davon landeten in einem Sicherheitsabstand von rund hundert Metern von mir, als wollten sie die Bienenzone nicht kontaminieren. Dreißig Sekunden später schlug ein Typ in einem weißen Schutzanzug seine Faust durch das Kabinenfenster, griff nach unten, zog mir die Zunge aus der Kehle und rammte mir dann einen EpiPen in den von der Biene verschonten Oberschenkel.