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Generation A

Generation A

Titel: Generation A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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sonderbar?«
    »Der Zweck unseres Hierseins besteht darin, dass ihr alle euch Geschichten ausdenkt und sie einander erzählt.“
    »Was?«
    »Komplizierter ist es nicht.“
    »Das ist absurd«, sagte Julien.
    Wir fünf versuchten den winzig klein gesteckten Rahmen und die grenzwertige Beliebigkeit dieser Mission erst mal einsinken zu lassen.
    »Was denn für Geschichten?«, fragte Sam.
    »Was euch am besten gefällt. Märchen. Anspruchsvolle Prosa.
    Krimis. Horrorgeschichten.«
    »Warum Geschichten?«, fragte Julien.
    »Vertraut mir einfach«, antwortete Serge.
    Diana: »Wie lang müssen sie sein?«
    Serge: »So kurz oder lang, wie ihr möchtet.«
    Sam: »Müssen wir sie schriftlich festhalten? Wie viele Wörter mindestens? Das kommt mir wie Hausaufgaben vor.«
    Serge: »Es sind keine Hausaufgaben, und nein, ihr müsst sie nicht hinschreiben, wenn ihr nicht wollt.«
    Zack: »Ich hab ADS.«
    Serge: »Aber kreativ bist du trotzdem. Das kriegst du hin.“
    Ich fragte: »Warum Geschichten?«
    Serge antwortete: »Für den Moment ist es wahrscheinlich besser, ich sage euch nicht so genau, was wir damit erreichen wollen. Aber erinnert euch daran, dass ihr viele Wochen ohne Bücher, Fernsehen oder Internet, ja sogar ohne Firmenetiketten auf den Matratzen in einem unterirdischen Raum verbracht habt. Dass man euch auffordert, euch selbst Geschichten auszudenken, ist doch sicher weit weniger seltsam.«
    Diana fragte, ob das in irgendeinem direkten Zusammenhang damit stünde, dass in unseren Zellen keine Bücher oder Fernsehen oder Internet, ja nicht mal Firmenlogos erlaubt gewesen seien, und Serge sagte: »Ja, so ist es.«
    Julien wollte wissen, ob unsere Geschichten benotet würden, und Serge antwortete: »Ah, Sean Penn. Immer der faule Student. Nein, von euch wird nichts anderes erwartet, als euch eure Geschichten selber auszudenken.«
    Es ist seltsam, gefragt zu werden, ob man Geschichten zu erzählen hat. Hatte ich das? Ich war nicht sicher.
    Zack fragte: »Kann ich die erzählen, wie ich mal mit der Wartungsmannschaft von Japan Airlines, die in Sioux City verlorengegangen war, während der Oktoberfest-Unruhen ein Wochenende versackt bin?«
    Serge sagte: »Ich will keine Schwanke aus deinem Leben, Zack.
    Ich will Geschichten. Erfundene Geschichten. Geschichten, die keinen anderen Zweck haben als den, Geschichten zu sein.«
    Sam fragte: »Wie lange sollen wir uns damit beschäftigen?«
    Serge antwortete: »Vielleicht eine Woche. Vielleicht ein Jahr.
    Vielleicht sind alle Bemühungen umsonst.«
    Es entstand eine Stille, während wir nur dasaßen und versuchten, uns etwas zu erzählen einfallen zu lassen, versuchten, den Teil unseres Gehirns zu mobilisieren, der für diese Aktivität zuständig ist. Stunden vergingen in dem von Kerzenschein erleuchteten Zimmer.
    Endlich sagte Zack: »Ich glaub, ich hab eine.“
    Diana, ganz klar ein bisschen eifersüchtig, fragte ihn: »Und wie heißt sie?«
    »Sie heißt ... ›Superman und die Kryptonit-Martinis‹.«
     

SUPERMAN UND DIE KRYPTONIT-MARTINIS
von Zack Lammle
     
    An einem sonnigen Nachmittag war Superman am Strand und hatte anschließend überall Teer an den Fußsohlen. Er ging zu seinem Auto, holte sich ein Clark-Kent-Hemd vom Rücksitz, dann drehte er den Tankdeckel auf und tunkte einen Zipfel seines Hemds gerade tief genug rein, dass er sich vollsog. Er zog das Hemd raus und fing an, sich den Teer von den Füßen zu rubbeln, als er prompt von der Karbon-Patrouille erwischt wurde, die den Parkplatz kontrollierte. Sie verpassten ihm einen Strafzettel über zweihundert Dollar für leichtfertigen Umgang mit Benzin und einen über hundertfünfzig Dollar für die Zerstörung eines Hemds mit Kunstfaseranteil von dreißig Prozent. In der Zwischenzeit hatten sich ein paar andere, die auch zum Strand wollten, um das Auto versammelt und gaben ihren Senf dazu.
    »Oooh ja, seht mal, ich bin Superman. Ich kann über Hochhäuser springen und die Zeit zurückdrehen, aber neeein, ich verschwende lieber Benzin und zerstöre bügelfreie Kleidungsstücke.«
    »Au Mann, ich glaub, ich geh mal das Verbrechen bekämpfen hoppla! Ich hab ja Baba an den Füßchen! Sieht aus, als müsste ich Scheiße fressen wie der Rest der Welt.«
    Superman fragte: »Was ist bloß mit euch los?« Er schmiss das Hemd auf den Rücksitz, stieg in sein Auto und setzte zurück, wobei er haarscharf ein Quintett von gehässigen Strandhasen verfehlte. Als er wegfuhr, ließ er das Fenster runter und rief: »Leute wie ihr

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