Generation A
und ich bin mir nicht sicher, ob er zu irgendeiner tieferen Empfindung fähig ist.
Und dann war da noch Serge, jemand mit einem Geheimnis - na ja, wer ist das nicht -, aber in seinem Fall ist es eines, das er nur vor uns verheimlichen will. Ich weiß, er hat uns zusammengebracht und vor vielen womöglich ungemütlichen Situationen bewahrt, aber es gab einen Moment, als ich, gerade im Haus eingetroffen, meinen Mantel aufhängte und wir Blickkontakt von nicht mal einer Sekunde hatten. Ich konnte ihm ansehen, dass er irgendetwas berechnete, und da wusste ich, dass wir nicht in unserem nördlichen Galapagos waren, um einfach nur die Bienen zurückzubringen.
Wir versuchten, dahinterzukommen, wie gut er unsere früheren Betreuer kannte - Sandra, Dr. Rick und Louise. Seine Erwiderung war arrogant und wegwerfend: »Die? Ich denke schon. Warum sollte ich mich darum scheren?«
Diana flüsterte mir zu: »Okay, Meister, wir haben's kapiert. Du schmeißt hier den Laden.«
Was unsere Unterbringung betraf, konnte selbst ich, dessen Kenntnis des nordamerikanischen Wohnungsbaus praktisch null war, erkennen, dass unser Haus mindestens ein halbes Jahrhundert alt war, vielleicht sogar älter - es hatte Telefonbuchsen, eine Antenne und eine Garage für zwei Autos. Es war bescheiden eingerichtet und roch muffig, und die trostlosen Zimmer erinnerten an Waschmittelkartons. Man sagte mir, die Ökonomie von Haida Gwaii habe im gesamten zwanzigsten Jahrhundert weder Booms noch Krisen erlebt; ein Diagramm der wirtschaftlichen Entwicklung würde einer Nullinie entsprechen. Es war also nicht so, als gäbe es irgendeinen Ort, an dem man besser verweilen konnte. Und der Regen, so kalt! Und die Stürme, so heftig und so häufig!
Am Morgen, nachdem ich eingetroffen war, spazierten wir alle durch die Stadt und fingen uns misstrauische Blicke von den Haidas ein. Unsere Mission war, Alkohol für Zack aufzutreiben. Er ist ein sehr bestimmender Charakter: »Der Löwenzahnwein hier schmeckt wie Rattenpisse, nirgendwo Hustensaft oder muskelentspannende Präparate, also Halali, auf zum fröhlichen Jagen.«
Es ist immer nett, wenn man irgendein nicht zu anspruchsvolles Ziel hat, das Anlass zu einem netten Spaziergang gibt. Wir statteten dem einzigen verbliebenen Laden im Ort einen Besuch ab. Das Angebot bestand aus Päckchen mit Kaugummi und Instantkartoffelpüree.
Zack platzte der Kragen. »Alkohol, verdammt, ich brauch was zu saufen!«
Ein Haida-Mann kam in den Laden. Zack sagte: »Hi, ich bin Zack.
Ich bin einer von den Leuten mit Bienenstich. Wo kann man hier was Anständiges zu saufen kriegen?«
Der Mann war sehr groß und hatte die breiteste, platteste Nase, die ich je gesehen hatte. Er sagte: »Alkohol ist kein Problem.«
»Na, Gott sei Dank. Wo muss ich da hin?«
»Hierhin - später am Tag.«
»Was wird's dann geben?«
»Brombeerwein.«
»Ist gekauft. Ach übrigens, ich hab da drüben einen Basketballplatz gesehen. Wollen wir ein paar Körbe werfen?“
»Klar.«
Also setzten wir uns auf baufällige Tribünen, um Zack und einigen neuen Freunden beim Körbewerfen zuzusehen. Ich zitterte vor Kälte, Sam lief Runden um den Block, Julien hatte sich hingelegt und einen Mantel über dem Kopf, und Diana untersuchte die Gebisse der ortsansässigen Frauen, um zu sehen, wer von ihnen eine Zahnreinigung brauchte. Sie wiederum wollten wissen, wer mit wem schlief, und die Antwort muss ihnen ausgesprochen langweilig erschienen sein. Hollywoodtechnisch hätte man erwarten können, dass aus Zack und Sam ein Glamourpärchen würde, aber dazu kam es nicht.
Die Sonne wagte sich hinter ein paar Wolken hervor, und wir nahmen uns einen Moment Zeit, uns zu aalen, bis sich eine der Frauen Dianas Tourette-Syndrom borgte und sagte: »Und wo sind unsere Scheißbienen?«
Man muss vielleicht dabei gewesen sein.
Aus dem Nirgendwo explodierte plötzlich ein Sturm, und wir rannten nass bis auf die Knochen zurück zum Haus. Der Sturm wurde schlimmer, und dann wurde er noch schlimmer. Der Strom fiel aus, die Kerzen wurden rausgeholt. Wir saßen am Feuer auf einem großen Flechtteppich und sahen zu, wie bei Sonnenuntergang die Wolken sich auflösten und von Westen bierfarbene Lichtstrahlen auf uns abschössen. Es war ein Gefühl wie ein Besuch in der Vergangenheit und doch kein Dejä-vu.
In das Schweigen sagte Serge: »Wir haben auf dieser Insel eine Aufgabe zu erfüllen.«
Ich fragte: »Was ist das für eine Aufgabe?«
»Eine sonderbare.«
»Wie
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