Generation Wodka
eingemischt hätte, dann wäre er nicht gestorben, und Marek könnte sein Leben in Freiheit genieÃen.â
Sie geben unbeirrt dem Opfer die Schuld an der Eskalation. Tanja will ihren Marek sogar im Knast heiraten. Die Erlaubnis dazu hat sie bereits in ihrer Tasche. âWenn er Freigang hat, werden wir dann richtig feiern.â
Der Wodka steht bereits im Kühlschrank.
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Jugendliche Straftäter unter Alkoholeinfluss
Meldungen über erschreckende Gewalttaten empfängt der durchschnittliche Medienkonsument mehr als genug. Hier ein Raubüberfall, da eine nächtliche Schlägerei, dort ein verprügelter Busfahrer. Für viele Leser und Zuschauer bleibt aber unklar, ob diese Phänomene zunehmen oder ob sie sich nur angesichts einer schnelleren und erweiterten Berichterstattung stärker in unser Bewusstsein arbeiten. Sind die Zeitungen voll von diesen Geschichten, weil uns dabei eine Gänsehaut über den Rücken läuft? Sorgen solche Meldungen für den nötigen AdrenalinstoÃ, weil unser Leben ansonsten monoton verläuft? Jedenfalls sind die Zeitungen voll mit Schauergeschichten über Gewalt, auch oft in Verbindung mit Alkoholexzessen.
Bevor wir uns der unheiligen Allianz von Alkohol und Gewalt zuwenden, widmen wir uns erst einmal der Grundsatzfrage, warum Jugendliche straffällig werden.
In Duisburg gibt es eine interessante Langzeituntersuchung, die in dieser Form wahrscheinlich einmalig ist. Mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) wurden seit 2002 dieselben 3.400 Duisburgerinnen und Duisburger immer wieder aufs Neue zwischen ihrem 13. und 19. Lebensjahr befragt. Die Untersuchung soll bis zum 30. Lebensjahr fortgesetzt werden. Im Mittelpunkt stehen die Fragen, wer wann straffällig geworden ist, aus welchem Milieu der Betreffende stammt und welche Lebensgewohnheiten er hat. Die jungen Leute werden dazu unmittelbar nach von ihnen begangenen Straftaten befragt. Taten übrigens, die zum Teil nie aktenkundig wurden, weil niemand sie angezeigt hat. Das Dunkelfeld ist hier wohl erheblich gröÃer als die Polizeistatistik, das scheint sicher.
Ein Wissenschaftsteam um Prof. Dr. Klaus Boers, Kriminologe an der Universität Münster, und den Soziologen Prof. Dr. Jost Reinecke von der Universität Bielefeld hat nach 15 Straftaten gefragt, vom Ladendiebstahl bis zum Raub. 6 von 10 der befragten Jugendlichen haben bis zu ihrem 17. Lebensjahr mindestens einmal eine dieser Taten begangen. Gefragt wurde auch nach Delikten wie Raub oder Körperverletzung. Immerhin antwortete noch jeder Dritte, er sei auch hier auffällig geworden.
Dass Jugendliche zumindest einmal in ihrem Leben straffällig werden, ist nicht auÃergewöhnlich. âEs geht dabei um das Ausprobieren von Grenzen, Normen und Regelnâ, so Prof. Reinecke. Im Altersverlauf geht die Kriminalität deshalb bei allen Deliktarten nach einem steilen Anstieg gegen Ende des Kindesalters schon im Jugendalter meist wieder deutlich zurück.
Eine Ãberraschung gab es bei den Untersuchungen aber doch: Die Kinder werden im Hinblick auf kriminelle Aktivitäten immer früher aktiv und hören in der Regel auch immer früher wieder damit auf. Zumindest, wenn sie nicht generell auf die schiefe Bahn geraten. Der GroÃteil dieser jungen Menschen begeht nur eine oder zwei Taten. Bei den allerwenigsten kommt es noch zu einer dritten Tat, danach werden die kriminellen Aktivitäten â statistisch â sehr selten.
Warum ist das so? Oft werden bei den auffälligen Kindern die Schulen, Freundeskreise oder auch Familien aktiv und bringen sie wieder in die richtigen Bahnen zurück. Das Ganze ist eine Art Selbstreinigungsprozess.
Problematisch sind natürlich die Jugendlichen mit fünf oder mehr Gewaltstraftaten im Jahr. Hier kann man schon von Intensivtätern sprechen. Sie machen 5 Prozent der befragten Jugendlichen aus. Diese vergleichsweise kleine Gruppe begeht mehr als die Hälfte aller Delikte und vor allem den gröÃten Teil der Gewalttaten in ihrer Altersklasse.
Man sieht also: Die Schere klafft sehr schnell und weit auseinander. Hier eine breite Gruppe, die es nach zwei oder drei Straftaten mit der Kriminalität bewenden lässt. Dort eine kleine Gruppe, die immer stärker in die Spirale von Eigentums- und Gewaltdelikten gerät. Aber auch ein Teil dieser Intensivtäter bekommt gerade noch die Kurve. MaÃnahmen der Justiz und vor allem auch
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