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Generation Wodka

Generation Wodka

Titel: Generation Wodka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Mockler , Wolfgang Büscher , Bernd Siggelkow
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Land kurz vor seinem zweiten Geburtstag verlassen. Erinnerungen an das weite Land hat er keine mehr. Er fühlt sich als Deutscher, wie seine Kumpels letztendlich auch. Die hatten mit der alten Heimat nichts am Hut. Beide Eltern fanden immer wieder nur für kurze Zeit einen Job, meistens sehr schlecht bezahlt. Das Geld war immer knapp. Von seinen Eltern hatte er nie etwas bekommen, außer Essen und Kleidung natürlich. Kuscheln und Schmusen? Fehlanzeige.
    â€žNichts kann Kinder mehr verderben, als wenn man ihnen das gibt, was sie sich selbst verdienen sollten“, so lautete das Glaubensbekenntnis seines Vaters. Marek suchte und fand letztendlich seinen eigenen Weg. Und der war gepflastert mit Alkoholflaschen. Mit 11 Jahren trank er seinen ersten Schnaps und es wurde immer mehr. Sein Lieblingsgetränk war natürlich Wodka. Seine früheren Landsleute konnten stolz auf ihn sein: Selbst nach dem Konsum einer ganzen Flasche stand er noch wie ein Fels in der Brandung. Nur so richtig im Griff hatte er sich dann nicht mehr. Marek musste unwillkürlich lächeln. Die Zahl der blauen Flecken auf den Körpern seiner bisherigen Freundinnen stand für die Anzahl der von ihm leer getrunkenen Flaschen – auf diesen Gedanken war er in diesem Augenblick fast ein bisschen stolz.
    Das Grinsen verging ihm, als er plötzlich für Sekunden an seine Schulzeit dachte. Von Anfang an kam er durch seine schwachen Leistungen nicht mit und seine Klassenkameraden hängten ihn um Meilen ab. Er geriet schnell auf die schiefe Bahn. Er mutierte zwar nicht zum Intensivtäter, aber acht Vorstrafen für kleinere Vergehen – Schlägereien, Einbrüche und Gewaltdelikte – zierten bereits sein polizeiliches Führungszeugnis. Das war ihm nicht peinlich, er sah es im Gegenteil mit einer gewissen Genugtuung.
    Lange Zeit glaubte Marek, diese Form des Lebens sei das einzig Wahre. Mit seinen 21 Jahren konnte er schon viel erzählen, aber manchmal plagten ihn auch Selbstzweifel. Doch die verschwanden auch schnell wieder. Er lebte also weiter in den Tag hinein und bezog Transferleistungen. Jeder Tag ähnelte dem Tag davor. Minute für Minute, Stunde für Stunde vergingen und die Tage gingen dahin, zumeist ohne Sinn, oft mit der Flasche in der Hand.
    ***
    Auch jetzt schüttelte Marek seine Selbstzweifel schnell wieder ab. Was war nur los mit ihm? Hoffentlich hatte seine Freundin Geld dabei. Der Getränkevorrat neigte sich dem Ende entgegen. Er nahm einen letzten Schluck aus der jetzt leeren Flasche und eine seltsame Aggressivität ergriff Besitz von ihm. Er wurde von ihr immer wieder überrascht. Hinzu kam die Müdigkeit. Diese Mischung sorgte für einen Adrenalinstoß, der ihn sein Blut bis in die Fingerspitzen spüren ließ.
    â€žWas willst du hier? Du kannst dein Geld hierlassen und dann verschwinden“, herrschte er seine Freundin an.
    Die anderen Typen beachtete er nicht. Der Kleine war sichtlich eingeschüchtert und kletterte auf den Arm seiner Mutter. Das gab Mareks Wut einen starken Impuls. Blitzschnell schnellte seine Faust vor und verfehlte das Auge seiner Freundin nur kapp. Die Hand schrammte an ihrer Schläfe entlang. Entsetzt fingen beide, seine Freundin und ihr Sohn, an zu weinen.
    In diesem Moment stellte sich der Cousin zwischen die beiden Parteien. Er wollte die Situation mit Besonnenheit und Vernunft deeskalieren, doch er bewirkte das Gegenteil. Jetzt brachen bei Marek alle Dämme. Brutal schlug er noch einmal zu und traf dieses Mal Moritz mitten ins Gesicht. Der ging sofort zu Boden und krümmte sich vor Schmerzen. Beide Hände presste er vor sein Gesicht und versuchte, sich vor weiteren Attacken zu schützen. Marek machte mit den Füßen weiter. Bruchteile von Sekunden später trat er auf Moritz ein, trat und trat wie ein Besessener. Bevor sein Kumpel Björn Marek bremsen konnte, trafen einige brutale Fußtritte den Bauch des am Boden liegenden Opfers. Ein weiterer Tritt knallte an den Kopf des Cousins.
    Der wehrte sich nicht mehr. Für einen Moment verlor er sogar die Besinnung. Tanja, Mareks Freundin, stellte ihren Sohn auf die eigenen Beine und schickte ihn schnell in Richtung Auto.
    Marek hatte sich inzwischen abreagiert. Er beugte sich über das Opfer, das zwischenzeitlich versuchte, ohne Hilfe auf die Beine zu kommen. Plötzlich musste Moritz sich erbrechen. Es stand offensichtlich nicht gut um ihn.
    Tanja war leichenblass.

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