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Generation Wodka

Generation Wodka

Titel: Generation Wodka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Mockler , Wolfgang Büscher , Bernd Siggelkow
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„Von fünf Kids halten oft vier durch und einer muss in die Klinik“, sagt ein Arzt aus Köln.
    Die meisten der Kids wachen dann in einem Krankenhaus auf und schämen sich gegenüber dem Personal. Kommt man zurück in die Gruppe, wird allerdings auch mit dem jüngsten Exzess angegeben. Oft gelten die Kids als besonders cool, die wenigstens schon einmal mit einer Alkoholvergiftung in einem Krankenhaus gelegen haben.
    Die Eltern spielen die Probleme ihrer Kinder oft herunter und reden sie klein. Vätern und Müttern, die selbst viel trinken, fehlt oft die Einsicht, dass sie etwas für ihre Kinder tun müssen.

 
Die Rolle der Politik
    Unser Land ist das Reich eines mächtigen Königs und dieser König heißt Alkohol. Er kann heiter oder finster sein. Die Heiterkeit ist oft nur Fassade, dazu angetan, um zu diesem König Vertrauen zu fassen – und dann zeigt er mehr und mehr seine finsteren Züge.
    Warum nur ist König Alkohol so mächtig? Schauen wir uns die politische Arena an, so scheint es, dass sich diesem Herrscher niemand ernsthaft entgegenstellen möchte.
    Im Kampf gegen den Alkohol fordern zum Beispiel immer mehr Fachleute drastische Steuererhöhungen, vor allem für die harten Getränke, aber passiert ist bisher nur sehr wenig. Woran liegt das? Regiert in Berlin etwa die Alkohollobby? Hin und wieder preschen einzelne Politiker vor und wollen bei Hochprozentigem an der Steuerschraube drehen. Im Oktober 2010 war das etwa der FDP-Wirtschaftsexperte Paul Friedhoff – aber der wurde von seiner eigenen Fraktion und auch der Unions-Bundestagsfraktion abgebügelt. Die ehemalige FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger nannte den Vorstoß „eine Einzelmeinung“. Vielleicht hat sie recht, wenn sie das auf die in den Parlamenten sitzenden Politiker bezogen hat.
    In der Bevölkerung scheint uns die Stimmung schon anders zu sein. Die vielen Artikel in den Zeitungen zu dem Problem haben für einen Meinungsumschwung gesorgt.
    Wie viel kassiert eigentlich der Staat durch die Trinker in Deutschland?
    Der Fiskus verdient am Alkoholgenuss der Verbraucher gut mit und zu den Verbrauchern zählt natürlich auch die Nachwuchsabteilung unserer Alkoholtrinker. 3,3 Milliarden Euro hat der Staat 2009 durch Steuern auf alkoholische Getränke eingenommen. Dazu zählen Bier, Wein, Sekt und natürlich Schnaps.
    Die Einnahmen aus der Alkoholsteuer gehen aber seit einigen Jahren stetig zurück. 1991 lagen sie noch bei 4,3 Milliarden Euro. Davon ist die Branntweinsteuer der dickste Brocken, 2,1 Milliarden Euro. Aus der Biersteuer wurden 730 Millionen Euro eingenommen. Das Biersteueraufkommen fließt übrigens den Ländern zu, alle anderen Einnahmen fließen in die Bundeskasse.
    Aber das ist noch nicht alles: Unser Staat unterstützt sogar die deutschen Schnapsbrenner! Für die gab es Ende 2010 eine gute Nachricht: Sie werden noch bis Ende 2017 mit öffentlichen Mitteln subventioniert. Ohne diesen Nachschlag wäre das Branntweinmonopol in Deutschland am 31. Dezember 2010 ausgelaufen. Zurzeit gibt es im Land rund 22.000 Klein- und Obstbrennereien sowie rund 670 landwirtschaftliche Kartoffel- und Getreideverschlussbrennereien. Derzeit erhalten alle Brennereien zusammen bundesweit jährlich immerhin rund 100 Millionen Euro an Subventionen. Und das zu Regierungszeiten der FDP, die seit vielen Jahren den Kampf gegen jede Form der Subvention auf ihre Fahnen geschrieben hat.
    Dieses Monopol stammt übrigens noch aus Weimarer Zeiten. Es verpflichtet den Staat, den Brennereien den Alkohol zu einem bestimmten Preis abzunehmen, ihn zu reinigen und auch noch zu vermarkten. Das muss man sich einmal vorstellen! Der so übernommene Rohalkohol, das sind stolze 60 Millionen Liter im Jahr, wird zu hochprozentigem Neutralalkohol aufbereitet.
    Und wer kauft das Zeug? Hauptabnehmer ist neben den Lebensmittel-, Kosmetik- und Heilmittelherstellern natürlich die Spirituosenindustrie. Diese Verknüpfung ist den wenigsten überhaupt bekannt. Der deutsche Staat kauft allen Schnapsbrennern ihren Alkohol ab und sichert ihnen damit ihre Existenz.
    Wir haben in unserem Land nahezu so etwas wie verbeamtete Schnapsbrenner! Das ist eigentlich ein Skandal.
    Einerseits wollen wir gegen den Alkoholmissbrauch ankämpfen, dem vor allem immer mehr Kinder und Jugendliche zum Opfer fallen, und andererseits fördern wir die Existenz von Schnapsbrennern mit

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