Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)

wussten bereits die ganze Zeit, was auf sie zu kommen würde.
    »Kira, richtig?«, fragte sie einer der Männer, blond, kurze Haare und mit einem künstlichen Auge. Kaum älter als sie. Seine gesamte rechte Gesichtshälfte war nach einer schweren Verletzung rekonstruiert worden.
    »Ja.« Kira nickte.
    »Ganz ruhig. Du hast einen Kommunikations-Chip unter der Haut, den ich für dich aktivieren werde. Das tut nicht weh. Wenn du beide Finger an diese Stelle am Hals legst, kannst du die Kommunikation mit Sprachbefehlen steuern«, erklärte er mit ruhiger Stimme, nahm vorsichtig ihre Hand und führte die Finger. Mit der anderen Hand startete er eine Routine auf dem Display an seinem Unterarm. Von einem Menschen in einem Delta-7 Kampanzug sorgsam berührt zu werden, fühlte sich unwirklich an.
    »Einen Chip unter der Haut?«
    »Kommunikation aktiviert. Erstelle Signatur. Replikant Anna 301312 autorisiert. Status Beobachter. Sicherheitslevel null«, erklärte eine synthetische Stimme in ihrem Kopf. Die unliebsamen Überraschungen gingen weiter.
    »Du wirst damit klarkommen«, sagte der junge Soldat, setzte sich wieder auf seinen Platz und schnallte sich an.
    »Überschreiben der Kommunikationsprotokolle Replikant Anna 301312. Autorisierung Major Sequoyah Chigonaai. Änderung des Namens. Neuer Name: Kira. Änderung des Status. Neuer Status: Missionsteilnehmer. Sicherheitslevel drei.«
    »Signatur aktualisiert. Kira 301312. Status Level drei«, bestätigte die synthetische Stimme.
    »Ein höherer Level? Brauche ich den?«
    »Damit kannst du auch die Meldungen von Proxima Control empfangen. Ich brauche dich in unserer Kommunikation«, antwortete Sequoyah.
    »Chigonaai ... was bedeutet der Name?«, fragte Kira, für die Meldungen der Einsatzzentrale wollte sie sich noch nicht interessieren. Sequoyah zu verstehen, würde ihr genügen.
    »So nennt mich eigentlich niemand mehr, aber er bedeutet: Fängt die zwei Sonnen.« Sequoyah lächelte. »Meine Vorfahren haben indianische Wurzeln.«
    Es wurde lauter. Die Triebwerke zündeten. Kira drückte es in den Sitz, das Shuttle startete. Sie befanden sich jetzt in der Luft.
    »Hier spricht Proxima Control. Raptor ist gestartet. Ereignis in T-17 Minuten. Freigabe der Drohnen. Staffel vier, sieben und zwölf, Rendezvous mit Raptor in T-3 Minuten. Formation einnehmen. Raptor, wir schalten ihnen die Steuerung ihrer Schutzstaffel aktiv.«
    »Sind wir Raptor?«, fragte Kira. An diese Stimmen im Kopf würde sie sich noch gewöhnen müssen. Einige der Soldaten nickten amüsiert, was sie auch nicht wirklich beruhigen konnte.
    »Hier spricht Raptor. Funkstille ab jetzt. Deaktiviere sekundäre Systeme. Aktiviere analogen Gefechtsmodus. Jungs, es geht los! Und falls es doch einen Gott gibt, betet für uns alle«, erklärte der Pilot, bevor er so gut wie alle elektronischen Systeme an Bord deaktivierte. Auch Kiras gerade erst aktivierter Kommunikations-Chip unter der Haut schaltete sich ab.
    »Das ist nur ein temporäres Manöver. Dein Funksystem wird sich wieder einschalten«, sagte Sequoyah, die völlig entspannt wirkte. »Entspann dich noch einen kurzen Moment. Es wird gleich ungemütlicher.«
    »Ich möchte gar nicht wissen, was ihr vorhabt, aber was soll ich hier?«, fragte Kira, die gerade völlig in der Luft hing.
    »Überleben. Paradox, ich weiß ... aber weder bei Andrej noch bei Peter wäre dir das gelungen.«
    »Peter?«
    »General Peter Hennessy. Hier ist der einzige Ort, an dem ich auf dich aufpassen kann.«
    »Aufpassen? Ich verstehe gar nichts mehr. Das ist ein Kampfeinsatz ... wie soll das sicher sein?«
    »Wenn wir siegen, wirst du es verstehen.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann spielt es keine Rolle mehr.«
    »Und deswegen greifen wir die Aliens an? Müssen wir alles direkt angreifen? Können wir nicht einmal mit ihnen reden? Vielleicht helfen sie uns ... ohne zu kämpfen!«
    »Du glaubst immer noch, dass die Schneckenköpfe dich am Leben gelassen hätten?«
    »Ja.«
    »Du warst keine Bedrohung. Die haben dich ihren Jungtieren überlassen,  die an dir lernen sollten, wie man Menschen zur Strecke bringt. Zuerst lecken die Kleinen deine Wunden, dann beißen sie sich fest und fressen dich von innen auf. Ich glaube, die stehen auf Adrenalin geschwängerte Menschen, die schmecken scheinbar besser.«
    »Das glaube ich dir nicht.«
    »First-Lieutenant, Status?«, fragte Sequoyah und sah zum Piloten.
    »Die Drohnen sind bei uns. Wir fliegen in Formation. T-12 Minuten bis zum Ereignis«,