Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)
vielen wichtigen Mitarbeiter, das gesamte Innenministerium oder sonst wer lesen kann?«
»Vanessa hat dir über die Sicherheitsprüfung des Innenministeriums erzählt?«
»Das war nicht meine Frage!«, korrigierte Anna ihren Vater wenig verständnisvoll.
»Die haben weder die Mittel noch meine Freigaben. Nein, die wissen nichts über dich. Und deine SAOIRSE-Akte liegt nur mir vor«, erklärte ihr Vater besonnen, ohne dass seine Ausführungen sie beruhigen konnten. Es gab nichts, was er nicht kontrollieren wollte. Das war schon immer so!
»Hast du auch Mutter überwachen lassen?« Sie hasste ihn. Liebte ihn. Wollte ihn umbringen. Immer so sein wie er. Die Gefühle in ihrer Brust drohten zu explodieren.
»Ich habe sie geliebt. Wie dich.«
»Sperrst du alles, was du liebst, in einen Käfig?« Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte.
»Anna, deine Mutter war eine intelligente und sehr impulsive Frau. Wie du. Deshalb bist du auch der einzige Mensch, dem ich es erlaube, so mit mir zu sprechen.«
Anna schluckte. »Aber ...«
»Warte kurz ... du bist die Einzige, der ich keine Befehle geben möchte. Deshalb bitte ich dich, dich kurz zu konzentrieren, bevor du eine voreilige Entscheidung triffst.«
War sie zu weit gegangen? Oder er? Anna atmete tief ein und aus. Sie hatte sich wieder im Griff. »Ich höre ...«
»Sehr gut.« Ihr Vater lehnte sich wieder zurück und trank einen Schluck Wein. »Hättest du an meiner Stelle anders gehandelt? Wärst du für Pierre oder Franco ein unnötiges Risiko eingegangen? Hättest du ihretwegen deine Reise gefährdet?«
»Nein.« Anna verstand nur zu gut, welche Verantwortung ihr Vater trug. Und genau, weil sie seine Motive zu gut nachvollziehen konnte, hasste sie ihn, nein, hasste sich! Nichts! Absolut nichts würde sie davon abhalten, die Sonne von Proxima Centauri zu sehen!
»Um wieder auf die drei Aitair Terroristen zurückzukommen.« Er stellte das leere Weinglas auf den Tisch. »Sie waren leider erfolgreicher, als es die Pressemeldungen haben verlauten lassen.«
»Womit erfolgreich?«
»Sie hatten für 84 Sekunden einen Root-Zugriff [4] auf die Datenbanken der Horizon. Die haben uns wieder einmal deutlich vorgeführt, dass es genügt, eine intelligente Anordnung von Nullen und Einsen zu schaffen, um die jahrelange Arbeit oder auch das Leben von Millionen Menschen zu gefährden«, erklärte er.
»Haben wir etwa Aitair Viren Signaturen im Kernsystem?«, fragte Anna aufgeschreckt.
»Nein. Unsere Systemanalysten konnten alle Eingriffe nachvollziehen und rückgängig machen. Die Aitair Viren konnten keine Metastasen bilden oder aktive Routinen korrumpieren.«
»Bist du dir da absolut sicher?«
»Es gibt keine absolute Sicherheit. Es gibt nur kontrollierte Risiken und geeignete Präventivmaßnahmen.«
»Wäre es nicht besser, den Start der Horizon zu verschieben?«
»Gott bewahre uns davor! Ich halte meine Geldgeber bereits mit einer neunschwänzigen Peitsche im Zaum. Wenn ich den Start verschiebe, zerfleischen die mich. Da sind zu viel Geld und noch mehr Interessen im Spiel, es gibt bereits ein ganzes Rudel hungriger Löwen, die mich beerben wollen.«
»Und meine Replikanten sind eine geeignete Gegenmaßnahme?« Jedes Gespräch mit ihrem Vater war anstrengend. Anna hatte länger gebraucht, um seine Intention zu verstehen. Die Aitair-Viren waren in der Lage, nahezu jeden Computer zu infiltrieren. Nur der Mensch konnte davon unberührt Entscheidungen treffen - mit allen Stärken und Schwächen, die unserer Spezies zu eigen waren. Die Replikanten hingegen waren genetisch gezüchtete Humanoide, zuverlässig wie Computer, nur ohne deren Schwächen gegenüber Viren und ähnlichen Schadprogrammen.
»Wir verstehen uns. Gut. Bitte entschuldige meine weitschweifigen Ausführungen, es war nicht meine Absicht, dich zu kompromittieren. Ich respektiere dein Privatleben. Das SAOIRSE-Programm ist aber zu wichtig, um Fehler zu machen. Wir müssen uns beide absolut über deinen Auftrag im Klaren sein!«
»Ja.« Anna nickte zustimmend. Sie hatte nicht bei allen Punkten dieselbe Meinung wie ihr Vater. Aber nur wegen Menschen wie ihm würde sie ein anderes Sonnensystem bereisen können. Sie wollte keinen anderen Vater haben.
»Wann geht dein Lift?«, fragte er und schenkte sich weiteren Wein ein. Für Anna nahm er eine gekühlte Fasche Mineralwasser und füllte auch ihr Glas auf.
»Morgen.«
»Du gehst mit den Replikanten an Bord?«
»Ich werde sie keinen Moment aus den Augen
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