Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)
im stillen Kämmerlein, um ein solches Monster zu schaffen.«
»Das ist deutlich.« Anna schluckte. »Und die Viren der Stufe 10-12?«
»Das sind theoretische Evolutionsstufen. Vermutlich würde ein Zwölfer die Kontrolle über die ganze Menschheit übernehmen und uns dazu bringen, ihn mit Knochen zwischen den Zähnen anzubeten und Blutopfer zu bringen. Rechnerisch benötigt ein Virus der Stufe 12 über vierhundert Jahre Entwicklungszeit, weswegen er heute noch nicht existieren kann. Und hoffentlich auch niemals existieren wird.«
»Ist dann unser Ende durch die Aitair Terroristen letztendlich nicht bereits vorprogrammiert?«
»Wenn jemand vierhundert Jahre menschlicher Evolution kontrollieren könnte ...« Peter lachte. »Nein, diese Hochrechnungen werden noch lange Zeit Fiktion bleiben. Interessanterweise zeigen unsere eigenen Forschungen Aitair Viren zu züchten, dass die Signaturen, wenn sie älter werden, ähnliche Psychosen wie Menschen zeigen können. Sie neigen mit der Zeit dazu, sich selbst zu zerstören. Verrückt oder? Der Ultima Ratio der perfekten künstlichen Intelligenz ist es, sich selbst zu töten!«
»Und alle in seiner Nähe. Colonel, Sie verstehen es, anderen Angst einzujagen. Eine Frage habe ich noch.« Anna hätte sich schon früher mehr mit Informatik beschäftigen sollen. In der Vergangenheit hatte sie im Institut den langweiligen Computerkram immer durch andere erledigen lassen.
»Bitte?«
»Haben wir eine SAOIRSE-Signatur an Bord, die Sie selbst entwickelt haben und die uns vor Angriffen feindlicher Viren schützen soll?« Das wäre nur logisch gewesen. Weshalb hätte ihr Vater ansonsten Mittel für die Virenforschung bewilligen sollen?
»Major Sanders-Robinson, Sie sind eine gefährliche Frau ...«, antwortete Peter nervös.
»Schon klar.« Jetzt wusste Anna, welche Aufgabe Peter von ihrem Vater bekommen hatte. Er selbst hatte ein SAOIRSE Pendant geschaffen, was er nun an Bord der Horizon von der Leine lassen durfte.
»Ach Hennessy, lassen Sie doch die Spielchen. Sie reden mit der Tochter vom Boss«, intervenierte Favelli. Damit zeigte der Kapitän unerwartet Rückgrat, eine Geste, mit der Anna nicht gerechnet hatte. Vielleicht sollte sie aufhören, Menschen zu früh in Schubladen zu stecken.
»Wir haben eine SAOIRSE-KI an Bord, weswegen wir auch vor diesen amateurhaften Angriffen sicher sind. Ich weise Sie darauf hin, dass diese Information streng vertraulich ist.«
»Ist das nicht alles, was wir hier besprechen?«, fragte Anna mit einem Schmunzeln im Gesicht. Diese Runde hatte Peter verloren, hoffentlich war er kein schlechter Verlierer. Sie würde sich später sicherlich noch auf ihn verlassen müssen.
»Natürlich.« Auch Peter lächelte. Anna würde einiges dafür geben, jetzt seine Gedanken lesen zu können.
»Welche Stufe hat unsere KI?«
»Sie lassen nicht locker, oder?«, fragte Peter sichtlich angefressen.
»Wäre ich sonst an Bord?« An den Kampf der Männer, ihr die Stirn zu bieten, war sie bereits gewohnt. Im Prinzip war Pierre der Einzige, bei dem sie jemals die Waffen gestreckt hatte. Und Pierre war kein Soldat, kein Forscher, kein Milliardär und auch ansonsten kein Held. Er war Maler. Ja, genau genommen wusste er nur, wie man Farben gewinnend in ein Bild werfen konnte.
»Es ist eine Stufe 7 Signatur«, erklärte Peter gequält. Wie er bereits sagte, benötigte man einen psychisch gestörten Entwickler und fünfzehn Jahre Zeit im stillen Kämmerlein, um ein solches Monster mit Beamtenstatus zu schaffen. Anna glaubte ihm jedes Wort, das war Major Peter Hennessy, erster Offizier an Bord der Horizon und Träger der dicksten Wumme, die man sich in den Hosenbund stecken konnte. Hoffentlich hatte sich ihr Vater nicht in ihm geirrt.
***
XVI. Aitair
Das Briefing beim Kapitän hatte Anna nicht gefallen, weniger wegen des Verhaltens der beiden Offiziere, als mehr wegen der Erläuterungen zu der Funktionsweise der Aitair Signaturen. Die Vergleiche waren zu deutlich, war das animierte Bild, das Pierre ihr geschenkt hatte, ein Virus? Eine Waffe? Und war Pierre ein Terrorist? Oder sogar der Kopf einer ganzen Terrorzelle? Hatte er den Kontakt zu ihr gesucht, um ihr dieses Bild unterzuschieben? Das war alles schwer vorstellbar, leider aber auch nicht auszuschließen. Er wäre nicht der erste Mensch, der versuchte, sie auszunutzen. Oder irrte Anna sich? Und sah sie durch das ganze Gerede bereits Gespenster? Sie musste das klären, solange sie noch in
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