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Genesis Secret

Genesis Secret

Titel: Genesis Secret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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für Beshet wäre, von einer Westlerin Besuch zu bekommen. Als Beshet die Tür öffnete, achtete Rob sehr genau auf sein Mienenspiel. Er sah Überraschung und Besorgnis in seinem Gesicht, aber auch diesen schmachtenden Hundeblick. Rob war zuversichtlich, dass Christine den Code für das elektronische Schloss bekam.
    Er kehrte auf den Platz zurück und beobachtete das Treiben dort. Ein paar Kinder mit Feuerwerkskörpern sprachen ihn an.
    »Hey du, Amerikaner!«
    »Hallo…«
    »Frohes Bayram!«
    Die Kinder lachten, als hätten sie im Zoo ein exotisches und auch ein bisschen bedrohliches Tier geärgert; dann hopsten sie ausgelassen davon. Die Gehsteige waren noch rot von Blut, aber das Schlachten hatte aufgehört. Schnurrbärtige Kurden, die an Teehaustischchen Schischa rauchten, grüßten ihn lächelnd. Sanliurfa, fand Rob, war wirklich ein höchst eigenartiger Ort. Einerseits war es gnadenlos fremd und exotisch und irgendwie feindselig, aber gleichzeitig war Rob selten freundlicheren Menschen begegnet als hier.
    Er sah Christine zuerst gar nicht, als sie wie aus dem Nichts neben ihm auftauchte und »Hallo« sagte.
    Erschrocken drehte er sich herum. »Hast du ihn?«
    »Ich habe ihn. Er war nicht gerade begeistert… aber er hat ihn mir gegeben.«
    »Gut, dann…«
    »Lass uns lieber warten, bis es dunkel ist.«
    Ein rascher Spaziergang brachte sie aus der Altstadt zur Hauptstraße. Von dort nahmen sie ein Taxi zu Christines Wohnung, wo sie ein paar Stunden nervös im Internet surften; obwohl sie versuchten gelassen zu bleiben, waren sie doch aufgeregt. Um elf schlichen sie aus dem Wohnblock und gingen zum Museum. Auf den Straßen war es inzwischen wesentlich ruhiger. Das Blut war weggewaschen, der Feiertag fast vorbei. Am Himmel schimmerte eine Mondsichel. Sterne umfunkelten die Minarette wie Diademe.
    Am Eingangstor zum Museumsgelände schaute Rob die Straße hinauf und hinunter. Es war niemand zu sehen. Durch die geschlossenen Fensterläden eines Hauses kamen türkische Fernsehstimmen. Sonst herrschte Stille. Rob drückte gegen das Tor, und es schwang auf. Nachts hatte der Park etwas sehr Stimmungsvolles. Mondlicht versilberte die Schwingen des Wüstendämons Pazuzu. Es gab Büsten römischer Kaiser, bröckelnd und halb zerstört, und assyrische Kriegsherren, in Marmor erstarrt, auf endloser Löwenjagd. Die Geschichte Sanliurfas war hier, in diesem Garten, und träumte im Mondschein. Die Dämonen Sumers schrien stumm, die steinernen Schnäbel seit fünftausend Jahren aufgerissen.
    »Man braucht zwei Codes«, sagte Christine. »Beshet hat mir beide gegeben.«
    Sie ging auf das Museumsgebäude zu. Rob ließ sich ein Stück zurückfallen und vergewisserte sich, dass sie allein waren.
    Sie waren allein. Unter den Feigenbäumen stand ein Auto. Aber es sah aus, als stünde es schon seit Tagen dort. Die Windschutzscheibe war von aufgeplatzten Feigen übersät. Eine klebrige Schmiere aus Fruchtfleisch und Samen.
    Die Tür klickte. Als Rob sich umdrehte, stand die Eingangstür offen. Er ging die Treppe hinauf und folgte Christine nach drinnen. Die Luft im Museum war heiß. Es gab niemanden, der Fenster oder Türen öffnete. Und keine Klimaanlage. Rob wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er hatte sich eine Jacke übergezogen, um alles, was sie brauchten, bei sich tragen zu können: Taschenlampen, Handys, Notizbücher. Im Hauptsaal schimmerte die älteste Statue der Welt matt im Dunkeln; ihre traurigen Obsidianaugen starrten bedrückt in das Dämmerlicht.
    »Dorthin«, flüsterte Christine.
    In der Ecke des Saals sah Rob in dem schwachen Licht eine kleine Tür. Dahinter führte eine Treppe in den Keller des Museums. Er reichte Christine eine Taschenlampe und knipste die seine an.
    Die zwei Lichtkegel zuckten durch das staubige Dunkel, als sie die Stufen hinabstiegen.
    Die Depots waren erstaunlich groß. Wesentlich größer als das Museum darüber. Türen und Gänge führten in alle Richtungen. Als Rob den Strahl seiner Taschenlampe durch die Gewölbe streifen ließ, leuchteten zerbrochene Keramik, Wasserspeiertrümmer, Speerspitzen, Feuersteine und Gefäße auf.
    »Der Keller ist ja riesig.«
    »Ja. Ganz Sanliurfa ist auf alten Höhlen errichtet, die später in Keller umgewandelt wurden.«
    Rob beugte sich vor, um eine zerbrochene auf dem Rücken liegende Figurine zu betrachten, die das Regalbrett über ihr anfauchte. »Was ist das?«
    »Das Monster Asag. Der Dämon, der Krankheiten verursacht. Sumerisch.«
    »Aha …«

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