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Genesis Secret

Genesis Secret

Titel: Genesis Secret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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Und verschwand.
    Boijer tippte etwas in sein BlackBerry. Forrester merkte es sofort, wenn sein junger Kollege eine schlaue Idee hatte, denn dann streckte er immer die Zunge heraus wie ein Schuljunge beim Lösen einer schwierigen Rechenaufgabe. Der DCI trank sein Bier, während Boijer googelte. Schließlich setzte sich der Finne zurück. »So. Interessant.«
    »Was?«
    »Zuerst habe ich den Namen Cloncurry und Ribemont-sur-Ancre gegoogelt. Und dann habe ich ihn nur mit Ancre gegoogelt.«
    »Aha …«
    Boijer grinste, ein Ausdruck unterschwelligen Triumphs in seinem Gesicht. »Hören Sie sich das mal an, Sir. Ein Lord Cloncurry war im Ersten Weltkrieg General. Und er war nicht weit von hier stationiert. 1916.«
    »Dass es in der Familie eine Reihe hoher Militärs gab, wissen wir…«
    »Schon, aber …« Boijers Grinsen wurde breiter. »Jetzt kommt’s.« Er las ein Zitat ab: »>Im Sommer 1916 war Lord Cloncurry berüchtigt für seine aberwitzig verlustreichen Angriffe auf uneinnehmbare deutsche Stellungen. Unter seinem Kommando kam es über die Dauer des gesamten Krieges zu mehr eigenen Verlusten als unter jedem anderen britischen General. Deshalb wurde Cloncurry auch als der Schlächter von Albert bekannt.<«
    Das war tatsächlich interessant. Forrester sah seinen jungen Kollegen an.
    »>So gewaltig war das Gemetzel unter dem Kommando Cloncurrys, der Welle um Welle Infanteristen in das erbarmungslose Maschinengewehrfeuer der gutausgebildeten und gutbewaffneten Hannoverschen Division schickte, dass sein Vorgehen von mehreren Historikern mit der Sinnlosigkeit eines … Menschenopfers verglichen wurde.<«
    In dem kleinen Lokal war es totenstill. Dann schepperte die Tür. Ein Gast kam herein und schüttelte den Regen von seinem Schirm.
    »Und das ist noch nicht alles«, fuhr Boijer fort. »In diesem Eintrag gibt es einen Link zu einer anderen Seite. Mit einem kuriosen Ergebnis. Es ist ein Wikipedia-Eintrag.«
    Der Kellner stellte zwei Portionen Steak frites auf den Tisch. Forrester ignorierte das Essen. Er sah Boijer gebannt an. »Und weiter?«
    »Anscheinend haben sie hier während des Krieges Schützengräben ausgehoben, vielleicht waren es auch Massengräber … jedenfalls sind sie dabei auf eine Stätte gestoßen, an der Menschen geopfert worden waren. In der Eisenzeit. Von irgendwelchen keltischen Stämmen. Insgesamt wurden achtzig Skelette gefunden.« Boijer zitierte erneut. »>Die allesamt kopflosen Skelette waren zusammen mit zahlreichen Waffen auf einen Haufen geworfen.<« Boijer blickte zu seinem Vorgesetzten auf. »Alle in unnatürlich verdrehten Stellungen. Offenbar ist es die umfangreichste Menschenopferung in ganz Frankreich.«
    »Und wo ist diese Stätte?«
    »Hier, Sir. Genau hier. In Ribemont-sur-Ancre.«

30
     
    Rob wurde langsam wach. Christine neben ihm schlief noch. Sie hatte die Laken im Lauf der Nacht zum Teil weggestrampelt. Er betrachtete ihre samtene Bräune. Er streichelte ihren Hals, küsste ihre bloßen Schultern. Sie murmelte seinen Namen, drehte sich zur Seite und schnarchte dezent.
    Es war fast Mittag. Durch das Fenster strömte helles Sonnenlicht. Rob stand auf und ging ins Bad. Als er sich das Wasser über den Kopf laufen ließ, dachte er an Christine und wie es dazu gekommen war. Sie, sie beide, er und sie.
    So etwas hatte er noch nie erlebt: Der Übergang von freundschaftlicher Beziehung zu Händchenhalten, Küssen und Miteinanderschlafen war ihm mit Christine wie die selbstverständlichste und natürlichste Sache der Welt erschienen. Ganz einfach. Er musste daran denken, wie nervös er ihretwegen zunächst gewesen und wie schwer es ihm gefallen war, seine Gefühle zu zeigen. Inzwischen konnte er das überhaupt nicht mehr verstehen.
    Aber obwohl ihm ihre Beziehung bereits so selbstverständlich erschien, war sie paradoxerweise auch im selben Maß noch fremd und neu. Am besten, fand Rob, ließ es sich vielleicht mit einem großartigen neuen Song vergleichen, den man im Radio zum ersten Mal hört. Denn die Melodie eines richtig guten Songs erscheint einem von Anfang an so selbstverständlich, dass man sofort denkt: Ah, natürlich, klar, warum ist diese geniale Melodie nicht schon früher jemandem eingefallen? Es war nur jemand erforderlich, der die Noten aufschrieb.
    Rob griff blind nach dem Handtuch. Er trocknete sich ab und stieg aus der Dusche. Er schaute nach links. Das Badezimmerfenster war weit offen, und er konnte über das Marmarameer auf die anderen Prinzeninseln schauen.

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