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Genom

Genom

Titel: Genom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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sobald es untersucht wird?«
    »Nein. Es ist verschwunden.«
    »Erklär das genauer«, fauchte sie.
    »Das kann ich nicht. Ich kann nur Hypothesen liefern. Anhand der Reaktion des Objekts auf die erste Untersuchung gehe ich davon aus, dass es ein Beispiel für eine verzögerte Quantenverschränkung darstellt.«
    »Den letzten Teil verstehe ich«, entgegnete sie. »Du vermutest, dass das Objekt ein perfektes Duplikat eines Originals war, das sich an einem anderen Ort befindet, und dass die Untersuchung bewirkt hat, dass es zugunsten des anderen Exemplars verschwunden ist. Aber wenn diese These stimmt, dann hätte es verschwinden müssen, als ich es aus dem Schädel des Mädchens entfernt habe, in dem es sich befand. Was ich mit meinem Medogic getan habe, ist im Prinzip auch ein Test und eine Untersuchung.«
    »Daher sprach ich ja auch von ›verzögert‹«, erwiderte das Labor unbeeindruckt.
    »So etwas wie eine ›verzögerte Quantenverschränkung‹ gibt es nicht. Wenn allein das Ansehen bewirkt, dass eine Kopie aufhört zu existieren, dann wäre das Nanolevelgerät, das du mir gerade eben gezeigt hast, schon seit Langem nicht mehr existent.«
    »Ganz meiner Meinung. Ich sagte ja, dass ich es nicht erklären kann. Ich kann nur berichten, was ich beobachtet habe.«
    Seastrom saß einige Sekunden lang schweigend da, dachte nach, verarbeitete die Informationen und versuchte, einen Sinn in die Worte der Labor-KI zu bringen. Ebenso wie die physikalischen Widersprüche interessierte sie auch, was eine derart präzise angefertigte Unmöglichkeit im Kopf eines gewöhnlichen Teenagers zu suchen hatte. Eine Unmöglichkeit, die dem Mädchen allem Anschein nach nicht geschadet hatte. Und wenn jemand ein Gerät in die fünfzehnjährigeCara Gibson einpflanzen wollte, warum hatte er das dann mithilfe eines offensichtlich inkompetenten Laientechnikers gemacht, der sich auf billige kosmetische Melds spezialisiert hatte? Das alles ergab überhaupt keinen Sinn. Wenn sie allerdings wüsste, was dieses unglaublich ausgeklügelte Nanolevelgerät überhaupt tun sollte …
    Doch nach all den rationalen Ungereimtheiten hatte das Labor noch eine weitere für sie auf Lager.
    »Die Ergebnisse der Untersuchung lassen vermuten, dass wenigstens ein Teil des Gerätes aus metastabilem metallischem Wasserstoff bestand.«
    Ingrid nickte langsam. »Natürlich. Und der Druck, der erforderlich ist, damit er in diesem Zustand bleibt, sind die nominellen mehreren Millionen Atmosphären, die im Erdinneren existieren – und den man im Allgemeinen nicht in der zerebralen Epidermis eines fünfzehnjährigen Mädchens findet.«
    Das Labor reagierte nicht auf Sarkasmus. »Die Analyse auf atomarer Ebene hat ein kristallines Gitter entdeckt, das nur aus Protonen besteht und nicht einmal den Platzbedarf eines Bohr’schen Radius hat. Das geht einher mit der Entdeckung und dem Vorhandensein von MSMH. Ein Quantenzustand in einer Quantenverschränkung. Die Existenz von damit einhergehender Supraleitfähigkeit lässt ferner vermuten, dass …«
    »Okay, okay, es reicht.« Was das Labor da ausführte, war mehr als nur ein wenig verrückt. Obwohl sie sich in der modernen Wissenschaft gut auskannte, war Ingrid vor allem Ärztin und keine Physikerin, und die Erklärungen des Labors gingen zunehmend in Bereiche über, die ihr Verständnis überstiegen. Sie war sich zwar nicht sicher, was genau ihr da erzählt wurde, allerdings war ihr etwas weniger Rätselhaftes, aber ebenso Verwirrendes durchaus klar.
    Ein unglaublich fortschrittliches biomechanisches Nanolevelgerät, das zumindest teilweise aus Material bestand, das bei normalen Temperaturen und normalem Druck nicht existieren dürfte, war an einem Ort entdeckt worden, an dem es nicht vorhanden sein sollte. Jetzt war es jedoch nicht mehr da, was eine weitere Untersuchung unmöglich machte. Wenn sie die Angelegenheit weiterverfolgen wollte, konnte sie sich anscheinend nur auf die eilig angefertigten Aufzeichnungen beziehen, die das Labor von der nicht länger existenten Anomalie angefertigt hatte. Auf diese Weise ließ sich so gut wie nichts mit Gewissheit bestätigen.
    Sie hatte in der kommenden Woche viel zu tun. Sie hatte Patienten. Wollte sie sich wirklich genauer mit etwas einlassen, das sich einer vernünftigen Erklärung widersetzte?
    Natürlich wollte sie das, sagte sie sich. Sie war Ärztin, und alle Ärzte waren Wissenschaftler. Und alle Wissenschaftler wollten nichts mehr, als das zu wissen, was sie noch nicht

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