Genom
Nachbarschaft, wo sie als drittbestes Paar abschnitten und nur geringfügige emotionale Verwundungen erlitten, die sich leicht reparieren ließen. Dem aufregenden und mental belebenden Kampf folgte ein Essen in einem Restaurant, das sich auf die titanische Küche spezialisiert hatte (jedoch auf die Methanüberdosis verzichtete) und danach Sex, der noch zufriedenstellender war als der Wortkrieg und ihre jeweiligen kognitiven Fähigkeiten auch nicht so auf die Probe stellte.
Am folgenden Morgen schlief sie mit gutem Gewissen aus. Gesättigt durch die Genüsse des vorangegangenen Abends ließ sie sich nicht einmal durch das unnormale Fragment aus dem Kopf von Cara Gibson aus der Ruhe bringen. Sie war so entspannt, dass sie schon überlegte, ob eine Untersuchung nicht eine Verschwendung ihrer Wochenendzeit wäre. Eher aus dem Bedürfnis heraus, noch einige andere Dinge im Büro zu überprüfen, als dem Wunsch, die Analyse durchzuführen,zog sie sich schließlich an und fuhr mit dem Fahrstuhl nach unten in ihr Büro. Inzwischen war später Nachmittag.
Während die Laborausrüstung für die Penetration sorgte und die gesammelten Daten beschaffte, beschäftigte sie sich mit einigen unwichtigeren Dingen, die ihre Aufmerksamkeit erforderten. An ihrem Schreibtisch sitzend rief sie beiläufig die Laborergebnisse auf, während sie durch das breite Fenster auf die Stadt hinunterblickte. Sobald das Labor jedoch begann, in seiner vertrauten trockenen Stimme die Ergebnisse zu erläutern, hielt sie in dem, was sie gerade tat, inne und drehte sich auf ihrem Stuhl herum.
Der dreidimensionale visuelle Begleittext der formellen Erklärung war sogar noch aufwühlender als die Worte selbst. In dem winzigen Zusatz war natürlich gengenieurtes Karbon vorhanden, aber auch kundenspezifisches Protein und … noch etwas anderes. Auch wenn sie es dadurch nicht besser erkennen konnte, beugte sie sich instinktiv zu der Projektion hinüber, als würde ihr diese Haltung das Verständnis irgendwie erleichtern.
Laut der Laboruntersuchung bestand der Zusatz nicht nur aus dem vorhersehbaren Karbon und Protein. Da war noch viel mehr. Obwohl sie anfänglich nicht sehr am Ergebnis dieser Untersuchung interessiert gewesen war, starrte Ingrid es jetzt intensiv an. Bei der Vergrößerung war etwas völlig Unerwartetes zutage getreten. Ja, es waren auch gengenieurte Klebstoffe vorhanden. Ebenso wie kombinante primatenähnliche DNS-Verwebungen. Natürlich auch die patentierte Überladenheit. Das war alles erwartet, alles vorhersehbar. Eine Sache war jedoch vorhanden, die höchst ungewöhnlich erschien.
Die Maschine. Sie war überaus klein, fast schon infinitesimal winzig. Von der Struktur und der Form her glich sienichts, was Seastrom jemals gesehen hatte. In der Vergrößerung schimmerte sie wie der winzigste vorstellbare Tropfen aus geschmolzenem Silber. Sie schien auf molekularer Ebene zu funktionieren, doch ihr Zweck war ebenso rätselhaft wie ihr unerklärlich komplexer Aufbau. Sie hätte nicht dort sein dürfen. Sie dürfte eigentlich nirgendwo sein. Und sie hatte sie aus der Nähe des Gehirns von Cara Jean Gibson entfernt, einem dem Anschein nach völlig normalen und wie üblich befangenen fünfzehnjährigen Mädchen aus bescheidenem Elternhaus und mit keinen bekannten außergewöhnlichen Interessen.
All dies schoss Dr. Ingrid Seastrom fast gleichzeitig durch den Kopf. Was sich als unerwartet wichtig herausstellte, denn noch während sie das Objekt anstarrte, war es auf einmal verschwunden.
»Zeig es wieder an.« Sie erkannte ihre Stimme kaum wieder, als sie den Befehl aussprach. »Das Objekt, das wir eben untersucht haben. Ich will es noch einmal sehen.«
»Das Objekt existiert nicht«, informierte sie die sachliche synthetisierte männliche Laborstimme.
Völlig irritiert lehnte sie sich auf ihrem Stuhl zurück. »Was soll das heißen, es existiert nicht? Ich habe es eben gesehen.«
Gehorsam stellte das Labor das Bild wieder her und lieferte dazu auch gleich eine Erklärung ab. »Was Sie die ganze Zeit gesehen haben und jetzt erneut angezeigt bekommen, ist eine Wiederholung der Hauptuntersuchung. Es stehen nur erste Ergebnisse zur Verfügung, da das Objekt in dem Moment, in dem es dem Fokus ausgesetzt wurde, verschwunden ist.«
Ingrid bemühte sich, das Gesagte zu begreifen. »Reale Objekte ›verschwinden‹ nicht. Es sah aus, als wäre es aus einer Art Legierung hergestellt worden. Willst du mir damit sagen, dass es sich selbst zerstört,
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