Genom
Mieter überraschen wollte. Leise schlich er sich zur Seitenwand, um dort zu warten. Dabei drückte er den Rücken durch. Dieser professionelle Akrobatentrick hätte den Rezeptionisten mit den schläfrigen Augen bestimmt verwirrt.
Eine Gestalt trat ein und hielt eine Tasche in der Hand. Langsam und sichtlich ermüdet vom anstrengenden Tag stellte sie die Tasche auf den Tisch neben den Kocher und drehte sich um. Dann weiteten sich ihre Augen.
»Hey, wer sind Si…?«
Die Meldmuskeln im Körper des alten Mannes zogen sich zusammen, als er die Distanz zwischen ihnen mit einem einzigen Sprung überbrückte. Als der erschrockene Bewohner nach etwas griff, das sich in seiner linken Tasche befand, schnappten die vier Tentakel, die aus den vier Fingern der rechten Hand des Alten herausschnellten, zu und legten sich um den linken Arm des Mannes, den sie kraftvoll zur Seite zogen. Der Bewohner schrie auf, als der Eindringling näher kam, und zog mit der anderen Hand ein Messer aus der unter dem Hemd versteckten Scheide hervor, um damit wild in der Luft herumzufuchteln. Es rutschte von der Brust des Angreifers ab, da die Klinge das organische Kevlarmeld in Hautfarbe nicht durchdringen konnte.
» Harami! «, schrie der Bewohner des Zimmers. » Itassal bil bulees! «
Während er die Hände des weitaus jüngeren Mannes zu fesseln versuchte, fragte sich der auf einmal unsicher gewordene Eindringling, warum in aller Welt der Mann auf Arabisch nach der Polizei rief. War die Verwendung dieser Sprache eine Art Code, um jemand anderen in diesem Gebäude zu warnen? Oder wollte er damit einen Abwehrmechanismus auslösen oder einen verborgenen Kommunikator aktivieren? Zwar hatte er bei der Durchsuchung des Apartments keine dieser potenziell problematischen Apparaturen finden können, aber diese ließen sich auch durchaus übersehen.
Der alte Mann versiegelte den Mund des Jüngeren mit Dichtungsmaterial und warf ihn auf eines der Betten. Als der Gefesselte versuchte, sich wieder aufzurappeln, wickelte ihm der Angreifer zwei der Fingertentakel um den Hals und zog einen daumengroßen Zylinder aus der Hemdtasche.
»Das ist nur ein einfacher Neutralisierer, wie man ihn in vielen Geschäften oder über das Ugweb kaufen kann. Sie wissen, was man damit macht. Er gibt einen lähmenden Elektroschock ab.« Er beugte sich zu dem Mann vor, der auf dem Bett herumzappelte. »Aber wenn ich ihn gegen Ihr linkes Auge drücke und ihn ganz entlade …«
Die Bilder dazu mussten gar nicht erst projiziert werden. Der Mann auf dem Bett hörte augenblicklich auf, sich zu wehren.
»Bevor wir weitermachen, möchte ich Ihnen versichern, dass ich Ihnen nicht schaden will.« Der alte Mann lächelte den anderen beruhigend an. Jetzt wirkte er wie der nette Lieblingsonkel oder ein freundlicher Großvater. »So seltsam das im Moment und unter den aktuellen Umständen klingen mag, habe ich nicht vor, Ihnen wehzutun. Ich möchte nur etwas haben, das sich in Ihrem Besitz befindet. Verstehen Sie das?«
Der Mann auf dem Bett, dessen Augen noch immer geweitet waren, der sich jedoch langsam zu beruhigen schien, nickte.
»Gut. Mein Name ist Napun Molé.« Er seufzte, als er bemerkte, dass sich die Stirn seines Gegenübers vor Verwirrung kräuselte. »Das spricht man ›Moe-lay‹ und nicht ›Mol‹ aus. Das Wort kommt aus dem Aztekischen und ist der Name einer Sauce aus Kakao oder Schokolade und Gewürzen und von nichts anderem. Ich habe auch nichts zu tun mit der Maßeinheit, die für die Avogadro-Konstante steht und für die Gewichtung von Atomen, Molekülen und Elementarteilchen verwendet wird.« Sein Gesichtsausdruck wurde ernster. »Ich bin Mol é , nicht ›Mole‹. Bitte vergessen Sie das nicht, wenn Sie mit mir reden. Wenn es Ihnen leichter fällt, können Sie gern meinen Vornamen benutzen, der keinen Raum für derartige Verwirrungen bietet.« Während er sprach, spielte er mit dem Neutralisierer herum und ließ ihn aus den Fingern seiner rechten Hand in die bizarren Tentakel an seiner linken gleiten. Letztere zogen sich ständig zusammen und dehnten sich wieder aus.
»Wie Sie vermutlich längst wissen, ist die Polizei hinter Ihnen her, ebenso wie hinter dem interessanten Gegenstand, den Sie besitzen. Bitte beleidigen Sie mich nicht, indem Sie behaupten, Sie hätten ihn nicht bei sich. Wenn Sie ihn nicht an sich genommen hätten und er sich nicht in Ihrem Besitz oder zumindest unter Ihrer Kontrolle befinden würde, dann hätten Sie sich in den letzten Tagen
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