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Genom

Genom

Titel: Genom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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seine Nase schien vor langer Zeit wenigstens einmal gebrochen und schlecht wieder zusammengewachsen zu sein. In einer Zeit der Melds und anderer medizinischer Wunder war dies ein sicheres Zeichen für wenig Geld. Das gesunde Leuchten seiner vollen Wangen schien im Kontrast zu seiner sonstigen Schäbigkeit zu stehen und darauf hinzudeuten, dass er sich zwar schlecht kleidete, aber gut aß. Die wenigen ungekämmten weißen Haare, die seinen ansonsten kahlen Schädel umringten, waren dick und mehrere Zentimeter lang.
    Ja, er ist ein Natural , dachte der Rezeptionist, der die armselige Frisur musterte. Selbst ein alter Meld würde sich für nur Haut oder mehr Haare entscheiden, und beide kosmetischen Lösungen waren leicht zu beschaffen. Dann bemerkte er, dass der alte Mann noch mit ihm sprach.
    »Ich kann es Ihnen ruhig verraten. Der Cousin meiner verstorbenen Frau ist vor Kurzem von uns gegangen. Ich bin hier, um Archibald die traurige Nachricht zu bringen und ihm mitzuteilen, dass ihm ein kleines Erbe hinterlassen wurde. Ich komme selbst, anstatt ihm die Informationen zu schicken, weil ich Papiere bei mir habe, die er unterschreiben muss, damit ihm die Summe ausgezahlt wird.«
    Mit einem Grunzen nahm der Rezeptionist die Erklärung zur Kenntnis, die ihn nicht im Geringsten interessierte, und drehte sich wieder zu der Softpornoprojektion herum, in die er vertieft gewesen war. Einen halben Meter große tanzende Nymphen wirbelten um ihn herum, gurrten und liebkosten sich. Er lächelte, als wäre er in einem angenehmen, von Drogen hervorgerufenen Traum gefangen. Heutzutage konnten sich die Vergnügungssüchtigen auf den Einfallsreichtum der Entertainmentmogule verlassen.
    »Dann haben wir jetzt einen reichen Gast? Das ist ja mal was Neues!«
    »Oh nein, nicht reich. Ganz und gar nicht. Aber es ist nur fair, dass Archibald das erhält, was ihm zusteht und zugedacht wurde.« Nachdem er den Fahrstuhl betreten und sich erneut zu dem Rezeptionisten umgedreht hatte, verbeugte sich der ältere Besucher leicht. Dieser war zwar in seine unzüchtige Projektion vertieft, aber dennoch sichtlich verwirrt. Er konnte sich nicht erinnern, dass sich irgendwann schon mal jemand vor ihm verbeugt hatte.
    Was hatte dieser Koo-kowski doch für ein Glück. Keiner seiner Verwandten hatte dem Rezeptionisten jemals etwas anderes als Leid vermacht.
    Im sechsten Stock drückte der alte Mann den Schlüssel in die Mitte der grifflosen Tür von Zimmer 684. Eine Synthstimme sagte: »Akzeptiert«, und die Barriere glitt gehorsambeiseite. Sobald er das Zimmer betrat, gingen darin die Lampen an. Es waren nicht viele, und sie gaben ein schwaches Licht ab. Damit hatte der Besucher gerechnet.
    »Hallo?«, rief er mit zitternder Stimme. »Whispr? Archie Kowalski?«
    Da ihm niemand antwortete, begann er, den Wohnbereich zu durchsuchen. Dieser war nicht mal geräumig genug, um als bescheiden durchzugehen. Man konnte ihn eher als winzig bezeichnen. Es gab ein Wohnzimmer und ein Bad. Auf einem Tisch neben einem alten Nahrungskonservierer, der laut vor sich hinbrummte, befand sich eine Kochstelle. In dem einfachen Zimmer gab es keinerlei Dekoobjekte. Die nackte Wand neben den schmalen, auseinandergerückten Einzelbetten war mit Rezeptoren bedeckt und diente als einziges Sichtfenster. Nachdem er die Elektronik überprüft hatte, war dem alten Mann nicht klar, wo sich hier ein vernünftiger Projektor verbergen sollte. Dies war in der Tat eine einfache Unterkunft, deren einziger Vorteil in ihrem geringen Preis zu liegen schien.
    Er überprüfte den Einbauschrank. Darin befanden sich einige Kleidungsstücke zum Wechseln, einige persönliche Dinge, die sich durch ihre Bedeutungslosigkeit auszeichneten, und sonst nichts. Als er in die Tiefen des Nahrungskonservierers blickte, rümpfte der Besucher die Nase. Das Essen darin passte perfekt zu allem anderen, was er im Zimmer gefunden hatte.
    Der alte Mann bedauerte es, dass er den Meld namens Whispr nicht angetroffen hatte, aber er war ein geduldiger Mensch. Also legte er sich auf eines der Betten, streckte die Beine aus und aktivierte den billigen Hausmonitor, um sich entspannt eine Naturdokumentation anzusehen. Er liebte die Natur, mit und ohne Melds.
    Lange nachdem die Nacht hereingebrochen war, hatte er immer noch nichts gegessen. Das störte ihn nicht. Er war daran gewöhnt, längere Zeitspannen ohne Nahrung auszukommen. Gegen dreiundzwanzig Uhr meldete die Tür einen Ankömmling, und er stand vom Bett auf, da er den

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