Genosse Don Camillo
schaute ihn mit
gehässigem Seifengesicht an.
Da hatte Don Camillo Erbarmen,
nahm seinen Koffer vom Boden auf, stöberte darin herum und zog schließlich
etwas heraus, das er Peppone reichte. »Ist das vielleicht dein ekelhafter
amerikanischer Apparat, den ich herumliegen sah ?« fragte er.
Peppone riß ihm den Apparat aus
der Hand. »Ich überzeuge mich je länger je mehr, daß es keine Sünde ist, einen
Pfaffen zu töten«, sagte er mit Überzeugung.
Unterdessen fand sich die
Genossin Petrowna, die weiterhin bei der Türe Wache hielt, dem Genossen
Scamoggia gegenüber. Sie ließ ihm nicht einmal Zeit, seinen hassenswerten Mund
zu öffnen.
»Der Genosse Yenka Oregow«,
sagte sie streng, »hat Euch gebeten, den Vormittag als Ruhezeit im Hotel zu
betrachten. Es ist nicht korrekt von Euch, daß Ihr auszugehen versucht .«
»Ich versuche nicht,
auszugehen«, erklärte Scamoggia. »Ich möchte die Ruhezeit verbringen, indem ich
hier Platz nehme .«
Die Genossin Petrowna musterte
ihn neugierig:
»Ich begreife nicht, warum Ihr
hier auf meinem Diwan ausruhen wollt, obwohl es soviel Platz im Hotel gibt !«
»Genossin, spricht man jetzt
die Genossen mit ›Ihr ‹ an ?«
»Nein, die Bürger redet man mit
›Ihr‹ an .«
»Ich bin kein Bürger !« wehrte sich Scamoggia.
»Gewisse Verhaltensweisen sind
von schlimmster bürgerlicher Marke .«
»Ich kann gefehlt haben,
Genossin. Aber wenn du mir hilfst, bin ich bereit, aufrichtig Selbstkritik zu
üben .«
Die Genossin Petrowna war
gerührt über den ehrlichen Ton in den Worten Scamoggias.
»Du darfst dich setzen, Genosse«,
gestattete sie ihm, ohne ihre Haltung zu ändern. »Erzähl mir von dir .«
»Ich heiße Nanni Scamoggia, bin
achtundzwanzig, Mitglied der Partei. Ich bin Kommunist seit ich den Gebrauch
der Vernunft erlangt habe. Ich arbeite und habe eine kleine Scooter-Werkstatt .«
»Was ist das ?«
»Ich flicke die Scooters und
handle mit ihnen .«
Da er sah, wie perplex sie war,
zog er eine Fotografie aus der Tasche, die einen äußerst dreisten und
geschniegelten Scamoggia im weißen Übergewand, rittlings auf einer ›Vespa‹,
zeigte.
»So sieht ein Scooter aus«,
erklärte er. »Es sind Motor-Roller und bei uns das beliebteste Verkehrsmittel .«
»Interessant«, stellte die
Genossin Nadia Petrowna fest und ergriff das Bild. »Wie verhalten sich deine
Angehörigen in bezug auf die Partei ?«
»Mein Vater ist bei den
Spaltern von Livorno eingeschrieben .«
»Eine unbedeutende
Splittergruppe, wenn ich nicht irre«, bemerkte die Petrowna.
»Genau. Meine Mutter ist tot.
Meine Schwester ist Zellenvorstand der UDI * .«
»Und deine Frau?«
Scamoggia kicherte.
»Genossin, bin ich der Typ, der
eine Frau hat ?«
Die Petrowna musterte ihn
streng.
»In deinem Alter braucht man
eine Frau .«
»Und warum soll ich eine
einzige zur Frau nehmen, die mich Geld kostet, da ich so viele gratis haben
kann ?«
Instinktiv rückte die Genossin
Petrowna von ihm ab.
»Das, was du gesagt hast«,
stellte sie fest, »beweist, daß du eine bürgerliche Denkart hast. Es sind die
ausbeutenden Bürger, die die Frauen bloß als Zeitvertreib schätzen. Die Frau
hat Rechte, Würden und Aufgaben, die denen des Mannes gleich sind. Wenigstens
in der sozialistischen Gesellschaft.«
»Genossin, ich habe mich nicht
gut ausgedrückt«, protestierte Scamoggia, »ich sprach nur von dem engen Kreis
jener Frauen, die die Arbeit hassen und keinen politischen oder sozialen
Glauben haben und so auf ihre Würde verzichten und folglich auf ihre Rechte...«
»Ich begreife«, unterbrach ihn
die Genossin Nadia. »Das verhindert jedoch nicht, daß der Genosse, wenn er zu
einem achtenswerten Alter gekommen ist, eine Familie formen muß, die imstande
ist, kräftig an der Bildung des Parteinachwuchses mitzuwirken .«
»Genossin, ich bin
einverstanden. Aber wir leben in einer andern Welt als du, in einer Welt voller
Eigensüchte und Frömmelei. Bei uns befehlen die Pfaffen, und der Großteil der
Frauen ist an die Pfaffen versklavt. Und man muß aufpassen, weil viele von
ihnen provokatorische Agenten sind...«
»Kennst du keine Genossin, auf
die sicherer Verlaß ist ?«
Scamoggia spreizte die Arme.
»Doch, einige, aber im
Grunde... Ich verstehe, daß es eine Schwäche ist, aber keine sagt mir zu .«
»Das erscheint mir
ausgeschlossen, Genosse. Keine einzige?«
»Eine schon, aber die ist
bereits verheiratet .«
Die Genossin Petrowna dachte
ein wenig nach, dann entschied sie.
»Es ist
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