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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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eine schwierige Lage,
Genosse. Und du gehst sie zu wenig ernsthaft an !«
    »Genossin«, gestand Scamoggia,
indem er sich gehen ließ,
    »die Jahre verfliegen, aber mit
all der Sonne, dem blauen Himmel, den Blumen, der Musik, dem guten Wein, die es
bei uns gibt, glaubt man, immer jung zu sein. Unser Italien ist ein von Gott
gesegnetes Land...«
    »Genosse«, unterbrach ihn die
Petrowna, »du hast eine Häresie gesagt! Es gibt keine von Gott gesegneten oder
verfluchten Länder. Es gibt keinen Gott !«
    »Ich weiß es! Aber vielleicht
sind all die verfluchten Pfaffen, all die Kirchen und all die Tabernakel daran
schuld, daß man den trügerischen Eindruck hat, es wäre so .«
    Die Genossin Petrowna
schüttelte den Kopf.
    »Du hast sehr verwirrte Ideen !« sagte sie.
    »Ich geb' es zu, Genossin. Aber
du könntest es mir sagen, indem du in meine Richtung und nicht nur zur Türe
blickst .«
    Man darf den Fehler Stalins
nicht wiederholen: man kann sich gegenüber Bürgern aus dem Westen nicht der
gleichen Sprache bedienen wie gegenüber den sowjetischen Bürgern. Die Menschen
sind Kinder ihrer Zonen und Zeiten. Alle Schlösser mit dem gleichen Schlüssel
öffnen zu wollen, ist Unsinn.
    Das bedachte die Genossin
Petrowna und kehrte sich Scamoggia zu.
    Dieser fragte sie: »Genossin,
warum reden wir nicht ein wenig von dir ?«
    »Ich bin eine Sowjetfrau«,
antwortete die Petrowna stolz und versuchte sich den Blicken Scamoggias zu
entziehen. »Ich bin Parteimitglied und Funktionärin der Touristenorganisation
des Staates. Ich bin sechsundzwanzig Jahre alt und lebe in Moskau .«
    »Allein?«
    Die Petrowna seufzte.
    »Nein, leider nicht«,
antwortete sie und senkte den Kopf.
    »Wir leben unserer drei Genossinnen im gleichen Zimmer. Aber ich beklage mich nicht !«
    »Denke ja nicht, daß ich mich
beklage«, rief Scamoggia aus.
    Die Petrowna hob die Augen und
schaute ihn verwundert an.
    »Was willst du damit sagen ?«
    »Einen Augenblick lang habe ich
geglaubt, du lebtest mit einem Genossen zusammen«, erklärte Scamoggia. »Was
mich betrifft, so ist es mir sympathischer, wenn du mit zwei Genossinnen
zusammenlebst als nur mit einem Genossen .«
    Die Petrowna schaute ihn
weiterhin verwundert an.
    »Ich begreife nicht, was das
heißen soll«, sagte sie.
    Aber sie log auf die schamloseste
Weise, und man erkannte das an der Verwirrung, die sie verriet, als sie das
Bild des stämmigen Vespafahrers im weißen Überkleid nochmals betrachtete, die
Fotografie jedoch Scamoggia nicht zurückgab, sondern in ihre Tasche steckte.
    Daraus geht hervor, daß selbst
die sowjetischen Funktionäre, auch wenn sie in der glühenden Esse des
Sozialismus geschmiedet worden sind, ihre Schwächen haben.

Die Raumzelle
     
    M it Ausnahme Don Camillos waren
alle Erkorenen von Peppones Mannschaft Genossen erprobter Überzeugung, auch
jener arme Rondella, den die perfiden Machenschaften Don Camillos ausrangiert
hatten. Von den acht Verbliebenen schien Genosse Bacciga der am besten
abgerichtete zu sein, denn er hatte oft bei ziemlich passender Gelegenheit
bedeutende Stellen aus den heiligen Schriften des Kommunismus zitiert.
    Aber Bacciga war Genuese und
die Genuesen sind – wie man weiß –, bevor sie irgend etwas anderes sind, Genuesen. Das heißt: praktische Leute, mit einem angeborenen Sinn
für Geschäfte.
    Und da Don Camillo ein Auge auf
ihn geworfen hatte, war es gerade dieser angeborene Geschäftssinn, der Bacciga
große Verlegenheiten bescherte.
    Die Sache trug sich am
Nachmittag des ersten offiziellen Tages zu, nämlich während des Stadtbesuches.
Das Warenhaus
    ›Universal‹ lag nur wenige
Schritte vom Hotel entfernt, und der erste Halt war hier.
    Der Genosse Yenka Oregow
beauftragte die Genossin Nadia Petrowna, den Gästen zu erklären, daß jeder frei
wäre zu kaufen, was er wollte, und nachdem er passenderweise daran erinnert
hatte, daß 1965 die sowjetische Produktion an Wollstoffen acht Milliarden Meter
und die der Strumpfwaren
    fünfhundertfünfzehn Millionen
Paare erreicht haben würde, pflanzte er sich bei der Türe auf und kümmerte sich
ausschließlich darum, zu verhindern, daß jemand sich drücke.
    Natürlich brauchte der Genosse
Scamoggia eine riesige Menge technischer Auskünfte über die Organisation der
staatlichen Warenhäuser und sonderte sich mit der Genossin Petrowna in die
Abteilung der Haushaltartikel ab. Peppone klebte sich an die Fersen Don
Camillos, und die anderen zerstreuten sich im Umkreis.
    Das Warenhaus war

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