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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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voller
Frauen. Viele trugen das Überkleid des Arbeiters oder die Uniform des
Eisenbahners oder Briefträgers, aber alle begaben sich – nachdem sie irgendeine
Schachtel oder irgendein Paket in der Abteilung Lebensmittel erstanden hatten –
zu den Auslagen von Schuhen, Kleidern, Wäsche und anderen weiblichen
Gegenständen, um sie mit verzückten Augen zu bewundern.
    »Der echte Kommunist«, sagte
Don Camillo zu Peppone,
    »zeichnet sich durch seine
Bescheidenheit und seine Verachtung des Luxus aus. Zwei Fälle sind möglich.
Entweder sind diese Frauen keine guten Kommunistinnen, oder die Waren, die sie
mit verlangenden Augen verschlingen, sind nicht mehr als Luxus zu betrachten, in
Anbetracht des hohen Standards, den die Sowjetunion erreicht hat .«
    »Ich weiß nicht, wo Ihr
hinauswollt«, brummte Peppone argwöhnisch.
    »Ich will sagen: in der
Sowjetunion sind die Konsumgüter augenscheinlich so zahlreich, daß eine Frau es
als erlaubtes Verlangen betrachten darf, die Hosen auszuziehen und sich als
Frau zu kleiden .«
    Peppone wurde sich der
Provokation nicht bewußt.
    »In Anbetracht dessen, daß sie
dir so viele Rubel für deine zehntausend Lire gaben«, beharrte heimtückisch Don
Camillo, »warum kaufst du nicht dieses Unterröcklein für deine Frau ?«
    Ein Unterrock des Staates, mit
Staatsstoff und nach staatlichem Modell eines Staatsschneiders angefertigt,
könnte nie zu dem modischen Getue verführen, wie es mit den in kapitalistischen
Ländern von der Privatinitiative hergestellten Unterröcken üblich sei.
    Doch Peppone gab donnernd
zurück:
    »Für eine Frau ist es besser,
sie trägt einen häßlichen Unterrock, ist aber frei, als einen Unterrock von
Christian Dior zu tragen und Sklavin zu sein .«
    »Gut gesagt, Genosse«, stimmte
Don Camillo zu, der endlich sein Huhn, das inmitten des Durcheinanders verloren
gegangen war, wieder aufgefunden hatte.
    Der Genosse Bacciga hatte sich
geschickt von den andern abgehängt und diskutierte mit der Genossin Verkäuferin
der Abteilung Pelze.
    Es war eine harte und völlig
stumme Diskussion, weil sie von beiden mit Ziffern, erst von dem einen und dann
von der andern auf einen Block geschrieben, durchgeführt wurde.
    Sie einigten sich rasch, und
darauf begann der Genosse Bacciga, unter seinem Rock kleine glänzende Päckchen
hervorzuziehen, die die Verkäuferin ergriff und mit großer Geschicklichkeit
unter der Theke verschwinden ließ. Am Ende packte ihm die Verkäuferin eine
Pelzstola ein; damit war der Handel abgeschlossen.
    Peppone hatte nichts gemerkt,
aber Don Camillo hatte alles gesehen und begriffen; jetzt hatte er es verdammt
eilig, ins Hotel zurückzukehren.
     
    Sie kamen jedoch erst am Abend
zurück, denn nach dem Warenhaus besuchten sie eine Luftkissenfabrik und dann
das Krankenhaus. Kaum hatten sie ihr Hotel betreten, eilte Don Camillo davon,
um sich sofort auf seine Kammer zurückzuziehen.
    Peppone, der über sein
Verschwinden besorgt war, verließ bald danach die Gesellschaft im Hotelsaal und
fand Don Camillo, wie er am Boden saß und eifrig seine Sachen, die er aus dem
Koffer genommen hatte, durchging.
    »Genügen Lenins ›Maximen‹ nicht ?« zischte Peppone. »Was habt Ihr sonst noch an
Schweinereien mitgebracht ?«
    Don Camillo hob nicht einmal
den Kopf und fuhr fort, seine Blätter und Broschüren durchzusehen.
    »Nimm das da«, sagte er
schließlich zu Peppone und gab ihm eine Seite, die er aus irgendeiner
Zeitschrift herausgerissen hatte. »Lerne die blau unterstrichenen Stellen
auswendig !«
    Peppone widmete dem Blatt einen
verstohlenen Blick und verspürte so etwas wie einen Stoß:
    »Aber, aber«, rief er aus, »das
ist ja ein Blatt aus dem ›Heft des Aktivisten‹ .«
    »Warum nicht? Wolltest du
vielleicht, daß ich Ausschnitte aus dem ›Osservatore Romano‹ mit mir nähme ?«
    Peppone wurde rot und wild wie
die Oktoberrevolution.
    »Ich sage, daß dieses Blatt aus
der Sammlung der ›Hefte des Aktivisten‹ gerissen wurde«, keuchte er, »aus
meiner persönlichen Sammlung, die sich in der Bibliothek der Sektion meines
Dorfes befindet! Hier ist der Stempel! Ich möchte wissen, auf welche Weise... ?«
    »Reg dich nicht auf, Genosse!
Um mir eine kommunistische Bildung zu verschaffen, konnte ich mich nicht gut an
die Bibliothek des Bistums wenden !«
    Peppone bückte sich, um die
Blätter und Broschüren, die zerstreut am Boden lagen, zu prüfen.
    »Alles meine Ware !« schrie er entsetzt. »Ihr habt mir die ganze Bibliothek
gemordet.

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