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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Dinge
kritisch zu betrachten und das nicht anspruchsvoll ist gegen sich und die
andern, kann den Parteilosen kein Vorbild, kann ihnen kein echter Führer sein.
Genossen, im Artikel 9 der Satzung, wo die Pflichten des bei der Partei
Eingeschriebenen verzeichnet sind, befindet sich auch jene, ein ehrliches,
vorbildliches Privatleben zu führen. Genosse Bacciga, gestehe, daß du heute im
Warenhaus des Staates eine Pelzstola gekauft hast !«
    Der Genosse Bacciga wurde
totenblaß.
    »Ja«, antwortete er nach
einigem Zögern, »der Genosse Oregow hatte uns ermächtigt zu kaufen, was wir
wollten .«
    »Stimmt. Gestehe, daß du die
Stola aber nicht mit Geld, sondern mit weiblichen Nylonstrümpfen, die du aus
Italien mitgebracht hast, bezahltest! Wenn du es nicht zugibst, bist du ein Lügner.
Wenn du es zugibst, bist du ein Lieferant jenes Schwarzen Marktes, der die
Pläne der sowjetischen Industrie behindert, und darum als Saboteur zu
betrachten. Im einen wie im andern Falle ist dein Privatleben weder ehrlich
noch beispielhaft. Das ist meine Anklage. Die Versammlung wird deine
Verteidigung hören .«
    Der Genosse Bacciga hatte Mühe,
wieder zu Atem zu kommen. Inzwischen unterrichtete die Genossin Nadia Petrowna
den Genossen Kommissär über alle Einzelheiten. Die Gegengründe des Genossen
Bacciga wurden sehr unbefriedigend befunden. Er hatte Ware geschmuggelt und
demnach den sowjetischen Zoll betrogen und hatte, indem er mit der Ware den
Schwarzen Markt belieferte, die sowjetische Staatswirtschaft geschädigt.
Überdies hatte er das Vertrauen der Sowjetgenossen hintergangen.
    »Daß du dein Unrecht jetzt
zugegeben hast«, schloß Don Camillo, »ist eine achtenswerte Sache, aber es
genügt nicht, um die Angelegenheit zu erledigen. Ich fordere zu diesem Zweck
die bewährte Ansicht der Partei .«
    Peppone machte ein finsteres
Gesicht: »Die Partei«, sagte er, indem er von oben herab die Worte fallen ließ,
»fordert von allen ihren Mitgliedern, daß sie, auch in ihrer persönlichen
Haltung, ein moralisches Vorbild für die andern seien. Die Partei kann nicht
gleichgültig sein jenen Kommunisten gegenüber, die, durch ihre unwürdige
Haltung, das Ansehen der Partei aufs Spiel setzen, sie moralisch bloßstellen.
Der Kommunist, der sich vom Marxismus-Leninismus inspirieren läßt, bindet aufs
engste sein persönliches Leben an die Tätigkeit der Partei; seine Bestrebungen
decken sich völlig mit der Bestrebung der Partei. Der echte Kommunist zeichnet
sich durch seine Bescheidenheit aus und durch seine Unduldsamkeit gegenüber dem
Luxus. Die Organe der Partei vollführen ihre Erziehungsarbeit und belehren jene
Kommunisten, die – zum Nachteil der sozialen Pflicht – ihre Gedanken
hauptsächlich auf Fragen ihres persönlichen Wohls hinlenken und sich so mit
kleinbürgerlichem Schimmel bedecken .«
    Also sprach Peppone und sagte
seine Lektion tadellos auf, so daß ihn der Genosse Oregow mit Blicken offener
Bewunderung anschaute und ihm ein zweitesmal zulächelte.
    Nachdem Don Camillo die Ansicht
der Partei vernommen hatte, fuhr er fort: »Die Selbstkritik ist keine Buße für
das Verbrechen. Auch die Priester, obwohl sie die Heuchelei und die
Unehrlichkeit in Person sind, schreiben dem Büßer, der den Diebstahl beichtet,
die Rückerstattung der Beute vor .«
    Peppone, der vor Wut schäumte,
sprang auf:
    »Genosse, du kennst die Pfaffen
nicht! Sie versuchen, mit dem Dieb halbpart zu machen !«
    »Ich sprach vom Theoretischen«,
stellte Don Camillo fest.
    »Was der Genosse Bacciga
illegal erworben hat, ist als gestohlen zu betrachten .«
    Die Versammlung diskutierte;
dann brachte der Genosse Scamoggia einen Antrag vor:
    »Die Beute werde der
Sowjetunion zurückerstattet. Der Genosse Bacciga verehre die Stola der Genossin
Nadia Petrowna .«
    Daraus entstand eine neue, sehr
lebhafte Diskussion, der von der Genossin Petrowna Einhalt geboten wurde.
    »Ich danke für die
Freundlichkeit, doch spüre ich etwas jenen kleinbürgerlichen Schimmer, von dem
euer Chef gesprochen hat. Ich habe dem Genossen Oregow gesagt, daß ihr
vorschlagt, die Pelzstola, die der Genosse Bacciga gekauft hat, der Genossin
Sonia Oregowna, seiner Frau, anzubieten .«
    Das war eine großartige Lösung,
und die Versammlung stimmte ihr durch Händeklatschen zu. Der Genosse Bacciga
wurde gezwungen, die Stola herauszugeben, worauf sie von Peppone im Namen der
Raumzelle »Nikita Chruschtschow«
    dem Genossen Oregow
ausgeliefert wurde.
    Die Sache mit den Strümpfen
wurde

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