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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Kuh.
    Das einzige Gebäude von einiger
Größe und wirklicher Bedeutung war der landwirtschaftliche Sowjet mit einem
Dach aus Wellblech; ferner war da, sehr viel bescheidener, die Schule.
    Die Genossin Petrowna erklärte,
dreiundneunzig Prozent aller Kolchosen wären elektrifiziert; unglücklicherweise
gehörte Grevinec zu den restlichen sieben Prozent.
    Um ins Dorf zu gelangen, mußte
man sich einer der gewöhnlichen russischen Dorfstraßen bedienen, und so teilte
die Raumzelle »Nikita Chruschtschow«, nachdem ihr Autobus bis rund einen
Kilometer an Grevinec herangekommen war, dem Genossen Oregow mit, alle würden
gerne zu Fuß weitergehen, um sich die Beine zu vertreten.
    Der Lehm war hart geworden, und
wenn man achtgab, nicht in die fußtiefen Karrengeleise zu fallen, gelang der
Marsch.
    Während sie gegen das Dorf stolzierten,
holte sie ein Zweiräder ein, den ein Pferdchen zog.
Auf dem Wägelchen saß ein ziemlich rundes Männchen mit hohen Stiefeln, einem
weiten Mantel aus Wachstuch mit einem Kragen aus Pelz und mit einer Pelzmütze
auf dem Kopf.
    Während der Wagen vorbeifuhr,
beobachtete Don Camillo ihn genau und zuckte zusammen.
    »Genossin«, fragte er die
Petrowna, die er mit einem Sprung erreichte, »wer ist dieser Herr ?«
    Die Genossin Nadia begann zu
lachen; dann erklärte sie dem Genossen Oregow, warum sie lachte, und der
Genosse Oregow stimmte in das Gelächter ein.
    »Du hast dich nicht getäuscht,
Genosse«, erklärte die Petrowna Don Camillo. »Dieser ›Herr‹ ist ein Pope .«
    »Ein Pfaffe ?« verwunderte sich Scamoggia, der natürlich in unmittelbarer Nähe der Genossin
Petrowna stapfte. »Und was tut der in der Gegend ?«
    »Er holt einigen kindischen
Greisinnen der Kolchose ein paar Rubel aus der Tasche .«
    Scamoggia regte sich auf.
    »Ein Pfaffe? Und ihr laßt es
zu, daß er herumfährt und seine Schweinereien anstellt !«
    Die Petrowna musterte ihn
streng.
    »Genosse, Artikel 124 unserer
Verfassung sagt: ›Zum Zweck, den Bürgern die Gewissensfreiheit zu verbürgen,
ist die Kirche der Sowjetunion vom Staate getrennt und die Schule von der
Kirche. Die Freiheit, die religiösen Kulte auszuüben, sowie die Freiheit der
antireligiösen Propaganda sind allen Bürgern gewährt.‹«
    »Aber jener ist kein Bürger,
jener ist ein Pfaffe !« rief Scamoggia entrüstet aus.
    Die Petrowna lachte und mußte
natürlich dem Genossen Oregow das Warum ihrer Lustigkeit erklären, wodurch sie
im Genossen Oregow ein überlautes Gelächter weckte.
    »Genosse, in der Sowjetunion
haben die Priester die gleichen Rechte wie die andern Bürger. Niemand belästigt
sie, wenn sie keine Propaganda machen. Wenn jemand den Popen will, bezahlt er
ihn und damit basta .«
    Scamoggia wandte sich an Don
Camillo.
    »Genosse, du hattest recht. Und
ich, der es nicht erwarten konnte, hier anzukommen, um keinen Pfaffen mehr
zwischen den Beinen zu finden!«
    »Die Pfaffen«, verkündete Peppone
mit wilder Stimme, »sind die verworfenste Rasse, die es auf Erden gibt. Als
Noah alle Tiere in die Arche brachte, wollte er keine Viper mitnehmen, aber
Gottvater schrie ihn an: ›Noah, und ich, wie könnte ich ohne die Priester leben ?‹ «
    Der Genosse Oregow, der von der
Petrowna unterrichtet wurde, lachte herzlich, denn der Witz gefiel, und er
wollte ihn in seinem Notizbuch vermerken.
    Auch Don Camillo lachte, wenn
auch etwas mühsam, und indem er sich wieder zu Peppone begab, der hinten war,
sagte er halblaut:
    »Du bist unehrlich, Genosse.
Die Geschichte, die ich dir gestern erzählte, lautete anders. Noah wollte den
Esel nicht mitnehmen; da sagte Gott zu ihm: ›Und wie soll sich die Welt
belustigen ohne die kommunistischen Senatoren ?‹ «
    »Anders klingt sie besser«,
antwortete Peppone, »doch Ihr müßt die Vipern um Verzeihung bitten .«
    »Blödian«, zischte Don Camillo,
»du profitierst davon, daß ich Zellenchef bin .«
    Sie gingen schweigend eine
Zeitlang ihres Weges, dann muckte Peppone auf:
    »Ich habe den Mann gesehen. Wir
haben ihn gesehen, aber niemand hat ihn beachtet. Ihr hingegen habt sofort den
Priester gerochen. Die Stimme des Blutes! Aber macht Euch keine Illusionen:
Sobald wir in Italien befehlen, werdet Ihr weder auf dem Zweiräder, noch im
Auto, noch auf den Füßen herumreisen können. Wer tot ist, bewegt sich nicht
mehr .«
    »Nicht schlecht«, gab Don
Camillo ruhig zurück und zündete seinen halben Toskano an. »Unter
kommunistischer Herrschaft ist tot, wer sich bewegt, also kommt es aufs

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