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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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hauste seit Jahren
zurückgezogen der Letzte dieses Geschlechts mit den Seinen. Im ganzen waren es ihrer vier: der Graf von fünfundsiebzig
Jahren, die Gräfin, siebzig, eine Magd, fünfzig, und ein Hündchen unbestimmten
Alters.
    Eines Morgens zog der Pächter,
der wie gewohnt den Milchkrug zum Palast der Mossoni brachte, umsonst den Glockenzug.
Da die Türe halboffen war, drückte er sie auf und trat ein. Er fand keine
lebende Seele.
    In der großen Küche befand sich
nur das Hündchen, das in einer Ecke liegend heulte und sich nicht von der
Stelle rührte. Es kamen noch andere Leute, und als man das Hündchen mit Gewalt
fortschleppte, entdeckte man, daß es die Falltüre eines alten Ziehbrunnens
verteidigt hatte.
    Im Brunnen fand man den Grafen,
die Gräfin und die Magd.
    Jemand hatte in der Nacht den Kassenschrank
geleert, der hinter einem großen Gemälde des Salons versteckt war, und
Herrschaft und Dienerschaft erledigt.
    Mindestens zehn Personen hatten
den jungen Comassi zusammen mit drei seiner Bullen in einem schwarzen Fiat, den
ein Fremder lenkte, bei Nacht und Nebel aus dem Dorf abfahren gesehen.
    Andere hatten ihre Ankunft beim
Palast des Grafen Mossoni beobachtet. Die drei Bullen waren als Aufpasser
draußen geblieben und hatten sich nicht vom Fleck gerührt. Nur Comassi und der
Wagenlenker hatten den Palast betreten. Sie hatten dort nicht viel Zeit
verloren. Zwanzig Minuten später fuhr die ganze Mannschaft mit dem Auto wieder
ab. Und am folgenden Morgen entdeckte man das, was geschildert wurde.
    Im Tiefland herrschte damals
dicke Luft. Wer etwas gesehen hatte, vergaß aus guten Gründen, etwas gesehen zu
haben, und so versandete die traurige Missetat.
    Aber im Januar 1948, als das
propagandistische Bombardement für die Aprilwahlen begann, erschienen plötzlich
an den Häusern des Dorfes große Plakate, die haargenau die Ermordung des Grafen
Mossoni schilderten, mit Nennung gar vieler Namen, um zu zeigen, welcher Rasse
die Roten waren, die an die Macht wollten.
    Die drei Bullen wußten weniger
als nichts und bewiesen durch Zeugen, daß sie den Palast nicht einmal betreten
hatten.
    Keiner von ihnen kannte den
Chauffeur, einen Kerl von auswärts. Und sosehr man den Chef der Bande suchte – er wurde nicht gefunden. Er war verschwunden, als hätte
ihn die Erde verschluckt.
    Und jetzt, nach elf Jahren, war
er da, saß an Don Camillos Seite.

    Don Camillo musterte den Comassi.
    »Was tust du in Prag ?« fragte er.
    »Anscheinend habe ich eine
schöne Stimme; deshalb läßt man mich am Radio die Nachrichten der Sendungen für
Italien lesen .«
    »Ein schöner Beruf !« knurrte Don Camillo. »Und wissen es die Deinen ?«
    »Niemand weiß es, aber ich
möchte, daß meine Mutter und mein Vater meine Stimme hören«, sagte der Mann.
    »Schöner Trost für die Ärmsten.
Laß sie dich wenigstens tot glauben !«
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Sie sollen wissen, daß ich
lebe«, rief er aus. »Deswegen habe ich mich Euch genähert, kaum daß ich Euch
sah. Gott sendet Euch !«
    »Gott! Jetzt erinnerst du dich
an Gott. Als du jene Ärmsten umbrachtest, hast du dich nicht an Gott erinnert .«
    Der Mann wandte sich wie
geschlagen ab, als wollte er gehen.
    Dann überlegte er es sich
anders.
    »Ich verstehe«, sagte er. »Ich
kann nicht verlangen, daß Ihr mir glaubt. Doch seid Ihr ein Priester und könnt
Euch nicht weigern, einen Christen anzuhören, der zu beichten begehrt .«
    In der großen Hotelhalle kamen
und gingen die Leute jeder Rasse und Sprache. Gelbe Gesichter, schwarze
Gesichter, Gesichter von der Farbe der Schokolade redeten laut. Die Halle
schien das Vorzimmer der Hölle zu sein, aber Gott war auch da.
    Vor allem da. Das ist so wahr,
daß die Stimme Christi im Ohr des Don Camillo widerhallte:
    » Pulsate et aperietur vobis ... «
    Don Camillo bekreuzigte sich,
und es bekreuzigte sich auch der Camossi. Sie bekreuzigten sich mit
absichtlicher Langsamkeit, denn hundert spähende Augen lagen hinter dem
papierenen Vorhang der »Prawda« auf der Lauer.
    » O Gott von unendlicher Majestät, hier zu Euren Füßen der Verräter, der zurückgekehrt ist, Euch zu beleidigen, jetzt aber erniedrigt Eure Verzeihung sucht... Herr, verjagt mich
nicht. Verachtet nicht ein Herz, das sich erniedrigt. .. Cor contritum et humiliatum non
despicies... «
    Nach und nach wiederholte
Comassi mit leiser Stimme die Worte, die Don Camillo flüsterte, um ihm das
Gebet in Erinnerung zu rufen.
    Dann sagte er, was er sagen
mußte, und

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