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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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mir«, fuhr
Scamoggia fort. »Er ist senkrecht wie du und ich, ein Mann der Tat, der wenig
schwatzt. In den Bergen hat er Großes geleistet und tausendmal die Haut
riskiert .«
    »Ich weiß es«, versicherte Don
Camillo.
    »Weißt du auch, daß er während
des Krieges hier, in der Umgebung von Stalino, gekämpft hat ?«
    »In Anbetracht dessen, wie er
sich vom September 1943 an aufgeführt hat«, rief Don Camillo aus, »hat das
nichts zu bedeuten .«
    »Einverstanden, Genosse«,
entgegnete Scamoggia, »im allgemeinen bedeutet es
nichts. Doch im Falle Gibetti bedeutet es etwas .«
    »Zum Beispiel ?« fragte Don Camillo.
    »Zum Beispiel, daß er zu jener
Zeit dreiundzwanzig Jahre zählte und trotz der Propaganda mit dem Feind zu
fraternisieren begann. Und da der Feind aus einem herrlichen Stück Mädchen von
siebzehn Jahren bestand, wirst du begreifen, daß es im Handumkehren mit dem
Fraternisieren zu weit kam. Kurz und gut: beide übertrieben! Dann kam der
Rückzug und adieu dem Freßnapf !«
    Don Camillo breitete die Arme
aus.
    »Genosse, das ist keine schöne
Geschichte, aber der Krieg ist voll von solch traurigen Geschichten. In allen
Teilen der Welt haben aus diesem oder jenem Grund Mädchen ein bißchen allzusehr
mit fremden, auf dem Durchmarsch befindlichen Soldaten fraternisiert .«
    »Stimmt«, gab Scamoggia zu,
»doch scheint es mir schwer, unter diesen Durchmarsch-Exsoldaten einen zu
finden, der nach siebzehn Jahren verzweifelt an das fremde Mädchen denkt, mit
dem er während des Krieges fraternisiert hat. Gibetti ist eine dieser seltenen
Erscheinungen .«
    Der Genosse Scamoggia
betrachtete schweigend den Rauch seiner Zigarette, dann fuhr er fort:
    »Er hat mir alles erzählt. Er
wollte seine Sonja mit sich nehmen. Er verkleidete sie als Soldat, und mit
Hilfe seiner Kameraden war es beiden gelungen, schon eine schöne Kilometerzahl
hinter sich zu bringen. Dann mußte er das Mädchen nach hinten schicken, weil
die Russen seine Abteilung einzukesseln drohten und er nicht wollte, daß das
Mädchen Gefahr lief, eine Kugel zu erhalten. Er gab ihr allen Zwieback und die
Fleischkonserven, die er bei den Kameraden erbetteln konnte, und ließ sie in
einer zerfallenen Isba, indem er ihr befahl, sich allda zu verstecken und zu
warten. Wenn es ihnen gelänge, sich aus dem Kessel zu befreien, käme er, sie
wieder mit sich zu nehmen. ›Wenn du aber siehst, daß sie uns umbringen oder
gefangennehmen‹, sagte er, ›dann warte, bis alles ruhig ist, und kehre nach
Hause zurück. Entdecken sie dich, so erzähle, daß die italienischen Soldaten
dich geraubt haben.‹
    Die Schlacht dauerte drei Tage
und war eine harte Sache, doch am Schluß mußten die Russen zurück, um nicht
ihrerseits eingekesselt zu werden. Gibetti fand die Isba wieder, aber das
Mädchen fand er nicht. Er kehrte nach Italien zurück, das Mädchen ins Gehirn
genagelt. Nach dem 8. September ging er in die Berge, wo er, wie wir wissen,
Heldentaten vollbrachte, immer mit dem Gedanken an seine Sonja im Kopf und mit
dem Vorsatz, zurückzukehren und sie zu suchen. Nach dem Krieg, handelte es sich
um ein schwieriges Vorhaben, obwohl er den Krieg gegen Rußland nicht gewollt
hatte. Es gelang ihm bloß, von Moskau vier oder fünf Briefe abschicken zu
lassen, indem er dazu irgendwelche Genossen benützte, die nach Rußland gingen.
Vielleicht sind die Briefe nicht abgegangen, vielleicht haben sie ihre
Bestimmung nicht erreicht. Tatsache ist, daß er nie eine Antwort bekam.
Schließlich hatte er Gelegenheit, nach siebzehn Jahren selbst nach Rußland zu
kommen, und dazu mit günstigen Aussichten, denn im ersten Programm war ein
Besuch von Stalino vorgesehen. Das Mädchen wohnte seinerzeit in einem Dorf bei
Stalino, und Gibetti hatte bei unserer Abreise die Zuversicht, dorthin zu
gelangen. Dann wurde das Programm geändert, und er steckte bis zu den Augen im
Sumpf. Deshalb hat er sich mir anvertraut. Er hat mir die ganze Geschichte
erzählt. ›Du stehst mit der Genossin Nadia auf
vertrautem Fuß‹, sagte er mir zum Schluß. ›Schau zu, ob sie mich empfehlen
kann. Ich möchte hierbleiben: Ich bin zu allem entschlossen, nur um dieses
Mädchen zu finden! ‹
    Ich habe ihm geantwortet, er
möge mich machen lassen, und gleich darauf hätte ich mir gerne die Zunge
abgebissen. Ich habe der Genossin Nadia alles berichtet, von A bis Z. Sie ist
eine Genossin mit dem Kopf am rechten Fleck, und sie stellte fest, daß man vor
allem die Lage des Mädchens kennen müsse. Ich habe

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