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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Morgen stehe ich
mit zermürbten Knochen auf .«
    Peppone trocknete sich den
Schweiß, der von der Stirne tropfte.
    »Wenn Ihr mich in den Dreck
werfen wollt, um Euch zu vergnügen, so werft mich hin: Ich bin schon im Dreck !«
    Don Camillo hatte Peppone nie
so außer Fassung gesehen. Er hatte auch nie gedacht, daß Peppone derart aus der
Fassung geraten würde, und er verspürte Mitleid.
    »Gott ist mein Zeuge, daß ich
dir nie Schlimmes zufügen wollte«, rief er aus.
    Peppone wischte sich immer noch
den Schweiß ab.
    »So? Warum habt Ihr mich dann
gezwungen, diese dreckige Komödie aufzuführen? Es gibt längst keinen Eisernen
Vorhang mehr! Ihr habt Ausländer jeder Rasse herumreisen gesehen.
    Konntet Ihr Euch nicht als Mann
verkleiden und auf eigene Faust als Tourist herkommen? Das Geld? Das hätte ich
Euch gegeben! So wie die Dinge liegen, hat mich die Erpressung, obwohl ich kein
Geld auslegen mußte, hunderttausendmal mehr gekostet. Und noch ist es nicht zu
Ende. Oder wolltet Ihr die Genugtuung haben, auf Kosten der Sowjetunion
hierherzukommen ?«
    Don Camillo schüttelte den
Kopf.
    »Nein, ich wollte Rußland nicht
mit den Augen des Touristen sehen. Mich interessierte es, Rußland mit deinen
Augen zu sehen. Mit euren Augen! Es ist nicht das gleiche, eine Oper vom Balkon
oder vom Parkett aus anzusehen oder sie inmitten der Komparsen des Chors zu
betrachten. Genosse, zwei Fälle sind möglich: Entweder hast du dein Gehirn, als
du Senator wurdest, dem Parteiganzen verschrieben, oder du mußt zugeben, daß
ich aus einem ehrlichen Grund, nicht aus Bosheit, so gehandelt habe .«
    Peppone erhob sich und näherte
sich der Bank, auf der sein Koffer stand. Er streckte die Hand aus, um ihn zu
öffnen, zog sie aber sogleich wieder an sich und kehrte betrübt an den
Ausgangsort zurück.
    »Ihr habt mich sogar der
Tröstung durch den Kognak beraubt«, rief er verbittert aus. »Was glaubtet Ihr
zu gewinnen, als Ihr dem Genossen Oregow meinen Kognak schenktet ?«
    »Nichts«, bekannte Don Camillo.
»Im Gegenteil, ich habe dabei verloren, weil ich dir jetzt von meinem geben muß .«
    Eine Flasche alten Kognaks kam
aus dem Koffer Don Camillos hervor, und nachdem Peppone ein gutes Glas
hinuntergestürzt hatte, überwand er seine Krise.
    »Und nun ?« erkundigte sich Don Camillo; dabei wies er auf die beiden Blätter. »Wozu hast
du dich entschlossen ?«
    »Bringt das selber in Ordnung«,
antwortete Peppone. »Ich weiß nichts und will nichts wissen .«
    Don Camillo ging hinaus und
fand den Genossen Gibetti allein auf seinem Zimmer. Er machte keine Umschweife.
    »Der Genosse Scamoggia sollte
dir eine schlimme Mitteilung bringen und fühlte sich dazu nicht imstande. So
bringe ich sie dir .«
    Gibetti, der auf dem Bett lag,
sprang auf die Füße.
    »Vergiß diese Sonja«, sagte Don
Camillo. »Sie ist verheiratet und hat fünf Kinder .«
    »Unmöglich !« rief Gibetti aus.
    »Genosse, du kannst russisch,
nicht wahr ?«
    »Nein!«
    »Wie hast du es dann
angestellt, mit dem Mädchen zu fraternisieren ?«
    »Man verstand sich ohne zu
reden .«
    »Und wie hast du es mit den
Briefen gehalten ?«
    »Ich wußte, wie sich ihr Name
und der ihres Dorfes schreibt , und ließ mich belehren,
wie man ›Ich denke immer an dich. Ich komme wieder. Antworte mir !‹ schreibt. Sie hatte meine Adresse .«
    Don Camillo nahm das
maschinengeschriebene Blatt aus der Tasche und reichte es ihm.
    »Das ist der Bericht, den man
von dort geschickt hat«, erklärte er. »Du kannst ihn dir übersetzen lassen, und
du wirst darin finden, was ich dir gesagt habe .«
    Gibetti durchging gierig die
paar Zeilen.
    »Der Name ist richtig, und auch
der Name des Dorfes stimmt«, rief er aus.
    »Auch das übrige ist richtig,
was ich dir gesagt habe. Auf alle Fälle, wenn du es nicht glauben willst,
kannst du es leicht zu Hause überprüfen lassen .«
    Gibetti faltete das Blatt
sorgsam und tat es in seine Brieftasche.
    »Ich werde nichts überprüfen
lassen«, rief er aus. »Ich habe Vertrauen zu dir. Es erscheint mir unmöglich – aber wenn eine Frau mir den Kopf verdrehen sollte, werde
ich dieses Blatt anschauen, und alles geht vorbei .«
    Er lächelte traurig.
    »Genosse«, fuhr er nach einigem
Zaudern fort, »kennst du meinen Rang in der Partei ?«
    »Jawohl.«
    »Gut. Ich will dir etwas im
Vertrauen sagen. Alles, was ich getan habe – und
viele Dinge hätte ich nicht tun sollen – , habe ich
getan, um mir das Recht zu erwerben, hierher zurückzukehren und das

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