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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Mädchen zu
suchen. Wie soll ich mich jetzt verhalten? Was meinst du ?«
    »Du fährst fort, für die Sache
zu kämpfen .«
    »Meine Sache heißt Sonja und
gehört mir nicht mehr, sondern einem andern .«
    Don Camillo hob die Schultern.
    »Überleg dir das mit größter
Ruhe, Genosse. Ich rate es dir!
    Auf jeden Fall habe ich als
Freund zu dir gesprochen, nicht als Parteigenosse. Der Genosse weiß nichts von
dieser Angelegenheit .«
    »Das Unglück ist, daß ich es
weiß«, murmelte Gibetti und ließ sich aufs Bett zurückfallen.
    Sie fanden sich zum Abendessen
am Tisch wieder, und es waren alle da, ausgenommen
Gibetti, der sagen ließ, er leide am Magen.
    Der Genosse Oregow war sehr
zufrieden, weil der Besuch des Mausoleums bestmöglich abgelaufen war.
    Der Genosse Bacciga, der neben
Don Camillo saß, fand in einem passenden Augenblick Gelegenheit, ihm in vertraulichster
Weise zuzuflüstern:
    »Gemacht, Genosse !«
    »Und wie bringst du es fertig,
in Italien den Zoll zu passieren ?« fragte mit der
gleichen Zurückhaltung Don Camillo.
    »Es scheint mir schwierig, eine
Nerzstola als männliches Kleidungsstück durchzubringen .«
    »Ich nähe sie an den
Mantelkragen. Millionen von Männermänteln haben Pelzkragen. Übrigens noch
eines: die reaktionären Zeitungen erzählen wie gewöhnlich Märchen .«
    »Ich ziehe das nicht in
Zweifel«, antwortete Don Camillo,
    »nur begreife ich nicht, was
das mit dem Geschäft zu tun hat .«
    »Du hast mir gesagt, daß die
reaktionäre Presse behauptet, in Moskau seien für einen Dollar zwanzig Rubel zu
haben. Nun, das ist Schwindel. Man hat mir sechsundzwanzig Rubel für den Dollar
gegeben !«
    Der Wodka begann zu kreisen,
und die Unterhaltung wurde je länger je lebhafter.
    »Genosse Tarocci«, sagte in
einem passenden Augenblick Scamoggia zu Don Camillo, »du hast viel verloren,
daß du nicht mit uns kamst. Der Besuch von Lenins Mausoleum war eine
unvergeßliche Sache .«
    »Er hat recht«, bestätigte der
Genosse Curullu, der in der nächsten Umgebung saß. »Sich dort zu befinden, wo
Stalin ruht, macht einen großen Eindruck .«
    Nur nicht von Stalin reden im
Hause der Entstalinisierung!
    Don Camillo intervenierte mit
diplomatischem Geschick:
    »Das ist begreiflich«, rief er
aus. »Ich erinnere mich an den Eindruck, den mir das Grab Napoleons in Paris
hinterließ. Und Napoleon war nur ein armer Kerl, verglichen mit einem Koloß wie
Lenin.«
    Der Genosse Curullu, der von
dem Genossen Wodka Rückendeckung bekam, war nicht gesonnen, seine Ansicht
preiszugeben.
    »Stalin«, antwortete er
finster, »Stalin, das war ein Koloß .«
    »Gut gesagt, Genosse«, rief
noch finsterer der Genosse Friddi Li aus. »Wirklich ein Koloß! Stalin hat die
Sowjetunion groß gemacht. Stalin gewann den Krieg .«
    »Inmitten der Arbeiter, die
heute auf den Zutritt zum Mausoleum warteten«, verkündete der Genosse Curullu,
nachdem er abermals ein Glas Wodka hinuntergeschüttet hatte,
    »befanden sich auch
amerikanische Touristinnen. Sie waren gekleidet, als ob Karneval wäre. Sie
schienen die Uraufführung der Marilyn Monroe zu erwarten. Blöde Klatschbasen!«
    »Gut gesagt, Genosse«,
pflichtete ihm Friddi Li wieder bei.
    »Ich empfand geradezu Ekel.
Moskau ist nicht Monte Carlo.
    Man geht nicht nach Moskau, wie
man nach Capri geht .«
    »Unter Stalin hätten diese
Krähen nicht kommen dürfen, um hier zu krächzen«, stellte der Genosse Curullu
fest. »Unter Stalin zitterten die Kapitalisten vor Angst .«
    Obwohl Peppone – löblich unterstützt von der Genossin Nadia – versuchte, den Genossen Oregow durch ein Gespräch zu
fesseln, spitzte der Genosse Oregow in einem schönen Moment schließlich doch
die Ohren, und die Genossin Petrowna mußte ihm erklären, worüber die Genossen
auf der andern Seite diskutierten. Daraufhin preßte der Genosse Oregow die
Kinnbacken aufeinander, paßte genau auf und befahl der Genossin Nadia, ihm
alles, Wort für Wort, zu übersetzen.
    Peppone sandte mit den Augen
ein SOS zu Don Camillo.
    »Genossen«, griff Don Camillo
ruhig ein, indem er sich an die beiden Insulaner wandte: »Niemand zieht die
Verdienste des Mannes in Zweifel. Aber es ist nicht zweckmäßig, gerade jetzt
von ihm zu reden .«
    »Es ist stets zweckmäßig, die
Wahrheit zu sagen !« rief der Genosse Curullu
hartköpfig. »Und die Wahrheit ist heute, obwohl die Sowjetunion den Mond
erobert hat, daß in unserer Partei nicht mehr jener revolutionäre Elan
vorhanden ist, den es früher gegeben hat, und

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