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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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so haben wir
    zweihundertfünfzigtausend
Eingeschriebene verloren .«
    »Die Politik hat sich stets der
besonderen Lage des Augenblicks anzupassen«, erwiderte Don Camillo schüchtern.
    »Man muß das Endergebnis
betrachten .«
    »Das Endergebnis ist, daß
Stalin erhielt, was er wollte, ohne einzuwilligen, die von der Sowjetunion
besetzten Gebiete herauszugeben«, stellte der Genosse Curullu fest.
    Don Camillo hielt den Mund.
Jetzt redete der Wodka, nicht mehr die Genossen, und der Wodka hat keine
Vernunft.
    Überdies hatte das Heimweh nach
Stalin nicht nur die Genossen Curullu und Friddi Li, sondern allmählich alle
andern erfaßt, ausgenommen Peppone, der mit Wut in den Augen und gespannten
Nerven das Platzen der Bombe erwartete.
    Und auf einmal platzte die
Bombe.
    Nachdem der Genosse Oregow
aufgeregt mit der Genossin Nadia gesprochen hatte, tat er einen mächtigen
Faustschlag auf den Tisch und sprang auf die Füße. Seine Augen blitzten. Er war
totenbleich und machte allen Angst.
    Das Gerede verstummte sogleich,
und mit einem gebrochenen, aber nur allzu verständlichen Italienisch rief der
Genosse Oregow in die Stille hinein: » Viva il grande Stalin !«
    Er hob sein mit Wodka gefülltes
Glas, und alle sprangen auf die Füße und hoben das Glas.
    » Viva !« antworteten alle einstimmig.
    Der Genosse Oregow schluckte
den Wodka in einem Zug, und die andern taten es ihm nach.
    Er zerbrach das Glas, indem er
es auf den Boden schmetterte, und die andern machten es auch so.
    Dann sagte die Genossin Nadia:
    »Der Genosse Oregow wünscht den
italienischen Genossen gute Nacht .«
    Das war alles, und die
Versammlung löste sich wortlos auf.
     
    Während Don Camillo und Peppone
als letzte der Bande auf die Treppe zugingen, trat ihnen die Petrowna in den
Weg.
    »Genossen«, sagte sie, »würdet
ihr mir die Ehre erweisen, eine Tasse Kaffee bei mir zu trinken ?«
    Beide schauten sie verwirrt an.
    »Ich werde versuchen, einen
Kaffee nach italienischer Art zu bereiten«, erklärte lächelnd die Genossin
Nadia. »Meine Wohnung ist nicht weit von hier .«
    Hinter den kaiserlichen
Palästen und den amerikanischen Wolkenkratzern befand sich das proletarische
Moskau, und die Genossin Nadia wohnte im dritten Stock einer trostlosen
Arbeiterkaserne mit halbdunklen Treppen, die nach Kohl und Windeln stanken.
    Die Wohnung bestand aus einem
Zimmer mit zwei Liegesofas, einem Tisch, vier Stühlen, einem Schrank und einem
Tischchen, auf dem ein Radioapparat thronte.
    Ein Vorhang, ein Lampenschirm
mit Quasten, ein Bild, ein Teppich bemühten sich, den allgemeinen Eindruck zu
verbessern, doch umsonst.
    »Das ist die Genossin, die mit
mir lebt«, erklärte Nadia und stellte Peppone und Don Camillo eine Frau vor,
die die Türe geöffnet hatte. Sie war bejahrter, massiger und gröber als die
Petrowna, schien aber in der gleichen Presse hergestellt zu sein.
    »Es ist die Übersetzerin fürs
Französische«, fügte Nadia bei,
    »versteht aber auch das
Italienische vollkommen und spricht es ziemlich gut .«
    Die Kaffeemaschine stand schon
inmitten des Tisches auf dem Spirituskocher bereit.
    »Wir machen den Kaffee hier«,
erklärte die Genossin Nadia,
    »weil wir die Küche mit einer
andern Familie teilen; um dorthin zu gelangen, müssen wir den Treppenabsatz
überqueren .«
    Der Kaffee erwies sich als
unerwartet gut, und die Genossin Nadia schien für die Lobsprüche Peppones und
Don Camillos sehr zugänglich zu sein.
    »Ich hoffe, daß unser großes
Rußland euch gefallen hat«, sagte die Genossin Nadia, nachdem das Thema Kaffee
erschöpft war.
    Begeistert begann Peppone alle
Wunderwerke aufzuzählen, die er gesehen hatte, bis ihn die Freundin Nadias auf
einmal lachend unterbrach:
    »Wir kennen das alles«, rief
sie aus. »Warum erzählt ihr uns nicht von Italien ?«
    Peppone breitete die Arme aus.
    »Genossinnen«, sagte er,
»Italien ist ein kleines Land, das schön wäre, wenn die Priester und die
Kapitalisten es nicht verpesteten .«
    »Gibt es denn dort wirklich keine
Freiheit ?« erkundigte sich die Genossin Nadia.
    »Scheinbar ist es ein freies
Land«, erklärte Peppone, »aber alles wird von den Priestern kontrolliert, die
überall ihre Spione haben. Wenn wir zurückkehren, werden die Priester nach
Punkt und Faden wissen, was wir hier getan und gesprochen haben .«
    »Ist das möglich ?« verwunderte sich die Freundin der Genossin Nadia.
    »Reinste Wahrheit«, gab Don
Camillo ehrlich zu, »ich schwöre es .«
    »Das ist ja schrecklich«,

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