Genosse Don Camillo
immer sehr
gut davongekommen .«
»Ich werde ja sehen, ob Ihr
noch den Geistreichen spielt, wenn Ihr auf dem Meer seid«, entgegnete Peppone
finster.
Don Camillo zog »Lenins
Maximen« aus der Tasche.
»Hier drin ist alles«, erklärte
er, »auch das Rezept gegen die Angst .«
Der kalte Wind brachte die
Bande nach kurzer Zeit zum Stall zurück. Sie sahen nicht aus wie Leute, die
sich sehr vergnügt haben, aber am mürrischsten von allen war der Genosse
Curullu.
Alle nahmen am Tisch Platz.
Nachdem der Genosse Curullu auf dem Grund eines ansehnlichen Glases Wodka den
Gebrauch der Zunge wiedergefunden hatte, leerte er den Kropf:
»Genosse«, sagte er zu Don
Camillo, »weißt du, woher wir kommen ?«
Don Camillo legte sein Brevier
weg und sah ihn an.
»Von einer Kirche«, erklärte
der Genosse Curullu, »und weißt du, was man in dieser Kirche tat ?«
Don Camillo hob die Schultern.
»Zwei Unglückliche
verheirateten sich !« rief erregt der Genosse Curullu.
»Sie heirateten unter Mitwirkung des Pfaffen und der dazugehörenden
Albernheiten .«
Er wandte sich an den Genossen
Scamoggia.
»Und du bist hierher gekommen,
um den Trost zu haben, nie einem Pfaffen zu begegnen !« spottete er. »Was für ein Pfaffe!
Schön fett und besser
geschmückt als unsere! Und die Brautleute? Beide in Wichs, mit verschlungenen
Händchen und dem engelsgleichen Lächeln wie zwei Affen der Katholischen Aktion.
Zum Kotzen!«
»In der Sowjetunion eine solche
Widerwärtigkeit !« brüllte der Genosse Friddi Li
empört. »Als ob wir uns im hintersten Kaff Siziliens befänden !«
Er wollte Antwort von Don
Camillo und dieser erwiderte:
»Genosse, die sowjetische
Verfassung gestattet dem Bürger, jene Religion auszuüben, die ihm am meisten
zusagt. Und die Priester sind in der Ausübung ihres Berufes frei, wenn sie die
Gemeinschaft mit dem religiösen Unterricht der Jugend bis zu achtzehn Jahren
nicht stören. Das ist keine Neuigkeit. Der Vatikan hat die Geschichte vom Kampf
gegen die Religion und andere ähnliche Erfindungen in Umlauf gesetzt .«
Der Genosse Oregow spitzte die
Ohren, und mit Hilfe der Genossin Nadia folgte er aufmerksam der Unterhaltung.
Don Camillo kehrte sich zu ihm
und warf ihm einen flehentlichen Blick zu.
»Der Genosse Tarocci«, erklärte
die Genossin Nadia, nachdem sie mit dem Genossen Oregow Rücksprache gehalten
hatte, »ist im Recht. Artikel 124 der Verfassung wird genau respektiert. Der
Rat für die Angelegenheiten der orthodoxen Kirche und der Rat für die
Angelegenheiten der religiösen Kulte kontrollieren die religiösen
Organisationen und helfen ihnen, ihre Probleme zu lösen .«
»Demnach ist alles klar«,
schloß Don Camillo, nachdem er die offizielle Erklärung vernommen hatte. »Die
Priester tun nicht, wie bei uns, was sie wollen, sondern das, was ihnen die
Verfassung erlaubt. Die Lage ist ganz anders !«
»Die Substanz ist die gleiche«,
murrte Genosse Friddi Li.
»Die Pfaffen sind immer Pfaffen .«
Don Camillo begann zu lachen:
»Genosse, in einem grenzenlosen Land wie der Sowjetunion gibt es nur
sechsundzwanzigtausend Kirchen und ungefähr fünfunddreißigtausend Priester !«
»Zuviel«, schrie der Genosse
Curullu. »Zu viele Kirchen und zu viele Pfaffen!«
»Bedenke, daß 1917 in Rußland
über sechsundvierzigtausend Kirchen mit fünfzigtausend Priestern bestanden, daß
es aber 1935 nur noch viertausend Kirchen und fünftausend Priester gab .«
Der Genosse Curullu wandte sich
ungläubig an den Genossen Oregow.
»Ist das wahr ?« fragte er.
Nach der gewohnten Rücksprache
antwortete die Genossin Nadia:
»Die Angaben entsprechen
tatsächlich der Wirklichkeit.
Priester und Kirche leben
ausschließlich aus dem Opfer der Gläubigen. Während des Krieges hat die
orthodoxe Kirche ihren patriotischen Geist bewiesen, indem sie sich der
Anstrengung des Landes zur Seite stellte. Die Partei führt nicht mit Gewalt,
sondern mit Überredung einen siegreichen Feldzug gegen den Aberglauben .«
Der Genosse Curullu hatte eine
Enttäuschung erlebt, die der Wodka noch brennender machte.
»Genossin«, sagte er angewidert
zur Petrowna, »wenn die Pfaffen im Laufe der letzten zehn Jahre von viertausend
auf fünfunddreißigtausend anstiegen, wie kann man da von einem siegreichen
Feldzug reden ?«
Die Genossin Nadia zögerte,
dann übersetzte sie die Worte, und der Genosse Oregow lauschte ihr mit
gesenktem Kopf, als wenn er des Verrats schuldig wäre. Dann hob er, nachdem er
eine Zeitlang nachgedacht
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