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Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Titel: Geopfert - [Gus Dury ; 1] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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machte sich immer noch Illusionen, dass wir die Töpferscheiben-Szene aus Ghost nachstellten.
    »So, und jetzt ab an die Bar«, sagte Hod.
    »Von mir wirst du da keinen Widerspruch hören.«
    Meine Gelüste nach Gin waren Geschichte. Ich entschied mich für einen J&B auf Eis.
    »Und? Was machst du jetzt?«, fragte ich Hod.
    »Was das große Rad tut – kreisen.«
    Er schlenderte zu den Tischen, die Schultern durchgestreckt, Pokergesicht aufgesetzt. Ein Ausdruck, der besagte: »Ich habe verdammt hart gearbeitet, um mir meinen Platz hier zu verdienen, du auch?«
    Ich wünschte, ich könnte das Gleiche sagen. Die Worte Fisch und Wasser kamen mir spontan in den Sinn. Das Casino gehörte zu einer Liga ein oder zwei Stufen über meiner eigenen.
    Jemand hatte mir mal erzählt, der verstorbene australische Milliardär Kerry Packer sei in einem Casino gewesen, als ein texanischer Ölfritze anfing, mit seinen Millionen zu protzen.
    »Und? Wie viel haben Sie denn so?«, fragte Packer.
    »Na, so an die hundert Millionen«, antwortete der Ölmann.
    »Ach wirklich?«, sagte Packer. »Werfen wir eine Münze drum!«
    Viel besser als ein Leck mich, oder?
    Ich spürte ein Ziehen an meinem Arm, drehte mich um und sah Amy neben mir.
    »Ich werde mich mal umschauen«, sagte sie.
    »Äh, nein. Das denke ich nicht.«
    Sie legte den Kopf schief, verdrehte die Augen. »Ich bin ein großes Mädchen.«
    Dachte: ›Wer will das bestreiten?‹
    »Tja, dann sei brav.«
    »Und wenn ich nicht brav sein kann?«
    »Sei einfach brav.«
    Ich drehte mich wieder um zur Bar, bestellte einen weiteren J&B. Ich versuchte den Laden zu erfassen. Er sah exklusiv und vornehm aus, das erste Mal, dass ich Teppichboden an den Wänden gesehen hatte. Und die Zocker hatten definitiv Kohle bis zum Abwinken. Eine Mischung aus altem Edinburgher Geld und neureichen Emporkömmlingen. Eine Menge Loden und Tweed traf auf die Prada-Sippschaft. Überall floss reichlich Champagner, die Stimmen laut. Ich lauschte.
    »Noch eine Flasche Bolly, Liebling?«
    »Gier-lechz …«
    »O maaain Gooott … O maaain Gooott!«
    »Was ist denn, Liebling?«
    »Kitten-Heel-Absätze zum Hosenrock, Liebling.«
    »Oh, das ist ja so was von gestern!«
    Spürte, wie ich eine weiche Birne bekam, noch weicher als ohnehin schon. Und plötzlich schrillte das Telefon los. Uff, noch mal Glück gehabt.
    »Hallo?«
    »Hallo, tut mir leid, dass ich so spät noch anrufe, aber –«
    Ich kannte die Stimme nicht. »Wer spricht denn da?«
    »Oh, natürlich, mein Name ist McClair. Ich arbeite beim Sozialamt.«
    »Mh-hmmmh, und wen möchten Sie sprechen?«
    »Ähm, spreche ich mit Mr. Dury?«
    »Ja, der bin ich. Gibt es irgendein Problem?«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann: »Es geht um die sterblichen Überreste von Mr. Milo Whittle.«
    Ich bekam sofort Herzklopfen, als ich seinen Namen hörte. »Milo, ja … Mein Gott, ja – seine sterblichen Überreste.«
    »Mr. Dury, anscheinend sind Sie die einzige Kontaktperson, die wir haben. Sind Sie irgendwie verwandt?«
    »Nein, ich bin kein Verwandter. Ich bin, äh, trotzdem alles, was er hatte.«
    »Wenn das so ist, erheben Sie dann Anspruch auf seine sterblichen Überreste, Mr. Dury?«
    Ich spürte, wie mein Herz vereiste und meine Kinnlade herunterklappte. Der Anblick dieses Aschehaufens würde mich bis an mein Lebensende begleiten.
    »Mr. Dury, sind Sie noch da?«
    »Äh, ja … ja, ich bin noch da.«
    »Es ist, also, die sterblichen Überreste sind jetzt freigegeben. Nun sind ein paar organisatorische Dinge zu klären.«
    Ich spürte förmlich die Rädchen in meinem Kopf klicken. »Oh, ich verstehe.«
    »Wenn es unbedingt sein muss, können wir die Bestattungskosten übernehmen.«
    Der schreckliche Ausdruck »Armengrab« schob sich in meine Gedanken.
    »Äh, nein.«
    »Wie bitte?«
    »Ich werde mich darum kümmern. Die Bestattung und so weiter.«
    »Das ist sehr großzügig, Mr. Dury. Sind Sie sich auch wirklich bewusst, welche Kosten da auf Sie zukommen?«
    »Scheiß doch auf die Kosten. Tut mir leid. Ich meine, ich werde das schon hinkriegen.«
    »Nun, wir werden ihn schon bald ins Krematorium bringen, daher …«
    »Wunderbar, ich komme sofort runter.«
    »Ich denke, morgen wäre wohl besser.«
    »Ja, ja, dann eben morgen.«
    »Okay, Mr. Dury. Auf Wiederhören.«
    Meine Beine gaben nach, es kostete mich ziemlich Mühe, nicht umzukippen. Ich brachte den Mut auf, einen weiteren Whisky zu bestellen. Ich stieß ihn um und spürte, dass ich die magische

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