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Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Titel: Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Büchner
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mein Herr.
    Der Herzog befiehlt durch ein Zeichen dem Türsteher und den Wachen, sich mit dem Gefangenen in den anstoßenden Saal zurückzuziehen.

Vierte Szene
    Lucretia, Don Alphons
    Alphons : Was wollt Ihr von mir, Donna?
    Lucretia : Was ich will, Don Alphons? Ich will, daß dieser Jüngling nicht sterbe.
    Alphons : Es ist kaum ein Augenblick verflossen, seit Ihr zu mir kamt wie ein Sturm, zürnend und weinend, seit Ihr über eine Euch zugerügte Beleidigung klagtet, seit Ihr unter Drohen und Schreien den Kopf des Schuldigen gefordert, seit Ihr mein fürstliches Wort begehrt habt, daß er nicht lebend von hier wegsolle; ich verpfändete es Euch, und jetzt fordert Ihr sein Leben! Bei Gott, Donna, das ist unerhört!
    Lucretia : Ich will, daß dieser Jüngling nicht sterbe, Herr Herzog.
    Alphons : Donna, so erprobte Edelleute, wie ich, sind nicht gewohnt, ihr Wort in Versatz zu lassen. Ihr habt das meinige, ich muß es lösen. Ich habe den Tod des Schuldigen beschworen, er muß sterben. Bei meiner Seele! Ihr dürft seine Todesart wählen.
    Lucretia ( lächelnd und sanft): Don Alphons, Don Alphons, wahrhaftig, wir schwätzen da tolles Zeug, Ihr und ich. Es ist wahr, ich bin ein unsinniges Weib. Mein Vater hat mich verdorben; was wollt Ihr? Seit meiner Kindheit hat man all meinen Launen gehorcht. Was ich vor einer Viertelstunde wollte, will ich letzt nicht mehr. Kommt, setzt Euch zu mir; – so – plaudern wir ein wenig, zärtlich, herzlich, wie Mann und Frau, wie zwei gute Freunde.
    Alphons (ebenfalls mit einem Anstrich von Galanterie): Donna Lucretia, Ihr seid meine Dame, und ich bin sehr glücklich, daß Ihr mich einen Augenblick zu Euren Füßen haben wollt. Er setzt sich neben sie.
    Lucretia : Wie hübsch ist es, wenn man sich versteht! Wißt Ihr auch, Don Alphons, daß ich Euch noch liebe, wie am ersten läge unserer Ehe, wo Ihr einen so glänzenden Einzug in Rom hieltet zwischen Herrn von Valentinois, meinem Bruder, und dem Herrn Kardinal Hippolyt von Este, dem Eurigen? Ich war auf dem Balkon der Peterstreppe. Ich denke noch an Euren schönen, mit goldnen Zierraten bedeckten Schimmel und an das königliche Aussehen, was Ihr auf ihm hattet.
    Alphons : Ihr, Donna, wart sehr schön und glänzend unter Eurem Baldachin von Silberbrokat.
    Lucretia : O sprecht nicht von mir, Herr, wenn ich von Euch spreche. Es ist gewiß, daß mich alle Fürstinnen Europas um meine Ehe mit dem besten Ritter der Christenheit beneiden, und ich liebe Euch wahrhaftig, als hätte ich achtzehn Jahre. Ihr wißt, daß ich Euch liebe, nicht wahr, Alphons? Ihr zweifelt wenigstens nie daran. Ich bin manchmal kalt und zerstreut; daran ist mein Charakter, nicht mein Herz Schuld. Hört, Alphons, wenn Eure Hoheit mich ein wenig darum zankte, wollte ich bald anders werden. Wie schön, sich so zu lieben, wie wir! Gebt nur Eure Hand, – umarmt mich, Don Alphons! In Wahrheit, das fallt mir jetzt ein, es ist recht lächerlich, daß ein Fürst und eine Fürstin, wie Ihr und ich, die neben einander auf dem schönsten Herzogstuhle unter der Sonne sitzen und die sich lieben, auf dem Punkte waren, sich um einen armseligen italienischen Landstreicher zu zanken! Man muß den Menschen fortjagen und nicht weiter davon reden. Er mag gehen, wohin er will, nicht wahr, Alphons? Der Löwe und die Löwin werden über eine Mücke nicht zornig werden. – Wißt Ihr auch, mein Herr, daß Ihr die Herzogskrone zum zweitenmal erhalten würdet, wenn man sie dem schönsten Ritter von Ferrara als Preis aussetzte? – Wartet, ich will Bautista in Eurem Namen sagen, dass er so schnell, als möglich, diesen Gennaro aus Ferrara jagen soll.
    Alphons : Das hat keine Eile.
    Lucretia : Ich möchte nicht mehr daran zu denken haben. – Laßt mich die Sache auf meine Art abtun.
    Alphons : Diesmal muß sie wohl auf die meinige abgetan werden.
    Lucretia : Aber endlich, mein Alphons, – Ihr habt keinen Grund, den Tod dieses Menschen zu wollen.
    Alphons : Und das Wort, was ich Euch gegeben? Der Eid eines Fürsten ist heilig.
    Lucretia : Dergleichen muß man dem Volk sagen. Aber Ihr und ich, Don Alphons, wissen, was daran ist. Der heilige Vater hatte Carl VIII. von Frankreich das Leben des Zizimi versprochen; seine Heiligkeit ließ nichts desto weniger Zizimi sterben. Herr von Valentinois hatte sich auf sein Wort dem nämlichen Kinde Carl als Geisel gestellt; Herr von Valentinois ist aus dem französischen Lager entwischt, sobald er konnte. Ihr selbst hattet dem Petrucci versprochen, ihnen

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