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Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Titel: Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Büchner
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vergiftet, trinkt das auf der Stelle!
    Gennaro : Wem soll ich glauben? Der Herzog ist edel, und ich habe seinem Vater das Leben gerettet. Euch habe ich beleidigt, Ihr habt Euch an mir zu rächen.
    Lucretia : Mich an dir rächen, Gennaro! – Ich würde mein Leben geben, um das deinige um eine Stunde zu verlängern; ich würde all mein Blut vergießen, um dir eine Träne zu sparen; ich würde mich an den Pranger stellen, um dich auf einen Thron zu setzen; ich würde mit Höllenqualen jede deiner geringsten Freuden erkaufen; ich würde nicht zaudern, nicht murren, ich wäre glücklich, ich würde deine Füße küssen, mein Gennaro! O, du sollst nie etwas von meinem armen unseligen Herzen erfahren, als daß es voll von dir ist! – Gennaro, die Zeit drangt, das Gift wirkt, du wirst es gleich fühlen, noch ein wenig, und es ist nicht mehr Zeit. Das Leben öffnet in diesem Augenblick zwei dunkle Räume vor dir, aber der eine hat nicht soviel Minuten, als der andere Jahre. Du mußt einen von beiden wählen. Die Wahl ist schrecklich. Laß dich von mir leiten. Habe Erbarmen mit dir und mir, Gennaro! Trinke schnell, im Namen des Himmels!
    Gennaro : Meinetwegen. Ist ein Verbrechen darunter, so mag es auf Euer Haupt fallen. Sei, was Ihr sagt, wahr oder falsch, es verlohnt sich nicht der Mühe, so viel Worte um ein Leben zu machen. Gebt! Er nimmt das Fläschchen und trinkt.
    Lucretia : Gerettet! – Jetzt nach Venedig, so schnell dich dein Pferd trägt. Du hast Geld?
    Gennaro : Ja.
    Lucretia : Der Herzog hält dich für tot, man kann ihm leicht deine Flucht verbergen. Warte! Behalte das Fläschchen und trage es immer mit dir. In der Zeit, worin wir leben, ist Gift in jeder Mahlzeit; du besonders bist ausgesetzt. Jetzt schnell fort! Sie zeigt ihm die verborgene Türe, die sie halb öffnet. Steige diese Treppe hinab. Sie führt in einen Hof des Palastes Negroni. Du kannst leicht auf dem Wege entkommen. Warte nicht bis zum Morgen des nächsten Tages, warte nicht bis Sonnenuntergang, warte keine Stunde, keine halbe Stunde! Verlasse Ferrara sogleich, verlasse Ferrara, als wäre es ein brennendes Sodom, und blicke nicht hinter dich! – Lebe wohl! Warte noch einen Augenblick. Ich habe dir mein letztes Wort zu sagen, mein Gennaro.
    Gennaro : Sprecht, Donna.
    Lucretia : Ich sage dir in diesem Augenblick Lebewohl, Gennaro, um dich nie wieder zu sehen. Ich darf nicht mehr denken, dich noch manchmal auf meinem Wege zu treffen, Es war das einzige Glück, was ich auf Erden hatte. Aber das hieße dein Leben wagen. Jetzt sind wir also für immer in diesem Leben getrennt. Ach! ich weiß allzu gut, dass wir es auch in dem andern sein werden. Gennaro! wirst du mir nicht ein freundliches Wort sagen, ehe du mich so für die Ewigkeit verlässt?
    Gennaro (schlägt die Augen nieder): Donna…
    Lucretia : Endlich, ich habe dir das Leben gerettet!
    Gennaro : So sagt Ihr. Das Alles ist voll Dunkel; ich weiß nicht, was ich denken soll. Seht, Donna, ich kann Euch verzeihen, eins ausgenommen.
    Lucretia : Und was?
    Gennaro : Schwört mir bei Allem, was Euch teuer ist, bei meinem Haupt, weil Ihr mich liebt, bei dem ewigen Heil meiner Seele, schwört mir, daß Eure Verbrechen nichts mit dem Unglück meiner Mutter zu schaffen haben.
    Lucretia : Jedes Wort zu dir, Gennaro, ist mir heilig. Ich kann dir das nicht beschwören.
    Gennaro : O meine Mutter, meine Mutter! Da ist also das entsetzliche Weib, welches dein Unglück war!
    Lucretia : Gennaro!
    Gennaro : Ihr habt bekannt, Donna! Seid verflucht!
    Lucretia : Und du, Gennaro, sei gesegnet!
    Er geht, sie sinkt ohnmächtig in den Sessel.

Zweite Abteilung
    Die zweite Dekoration. Der Platz von Ferrara mit dem herzoglichen Balkon auf der einen und dem Hause des Gennaro auf der anderen Seite. Nacht

Erste Szene
    Don Alphons, Rustighello, in Mäntel gehüllt
    Rustighello : Ja, Herr, das ging so zu. Sie gab ihn, ich weiß nicht durch welchen Trank, dem Leben zurück und ließ ihn durch den Hof des Palastes Negroni entwischen.
    Alphons : Und du hast es gelitten?
    Rustighello : Wie es hindern? Sie hatte die Türe verriegelt; ich war eingeschlossen.
    Alphons : Du hättest die Türe einbrechen sollen.
    Rustighello : Eine Türe von Eichenholz, ein Riegel von Eisen. Eine Kleinigkeit!
    Alphons : Was macht das! Du mußtest den Riegel sprengen, sage ich dir, du mußtest einbrechen und ihn töten.
    Rustighello : Erstens, gesetzt auch, ich hätte die Türe einbrechen können, so würde ihn Donna Lucretia mit ihrem Körper gedeckt

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