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Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Titel: Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Büchner
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Verlebt mit ihm, wenn Ihr Lust habt, seine letzte Viertelstunde. Er geht, die Wachen folgen ihm.

Sechste Szene
    Donna Lucretia, Gennaro.
    Man sieht noch immer Rustighello unbeweglich hinter der verborgenen Türe im Nebenzimmer.
    Lucretia : Gennaro! – Ihr seid vergiftet!
    Gennaro : Vergiftet, Donna?
    Lucretia : Vergiftet!
    Gennaro : Das hätte ich denken sollen, – Ihr habt den Wein eingeschenkt.
    Lucretia : O, macht mir keine Vorwürfe, Gennaro! Entreißt mir nicht den Rest von Kraft, der mir noch bleibt und den ich noch für einige Augenblicke nötig habe. – Hört mich! Der Herzog ist eifersüchtig auf Euch, er hält Euch für meinen Liebhaber. Der Herzog ließ mir keine Wahl, als Euch von Rustighello erdolchen zu sehen, oder Euch selbst das Gift zu geben. Ein furchtbares Gift, Gennaro, ein Gift, woran der Gedanke allein jeden Italiener, der die Geschichte der letzten zwanzig Jahre kennt, erbleichen macht.
    Gennaro : Ja, das Gift der Borgia!
    Lucretia : Ihr habt davon getrunken. Niemand unter der Sonne kennt ein Gegengift für diese schreckliche Mischung, Niemand als der Papst, Herr von Valentinois und ich. Seht, dies Fläschchen, das ich immer in meinem Gürtel trage, dies Fläschchen, Gennaro, ist Leben, Gesundheit, Rettung. Nur ein Tropfen auf Eure Lippen, und seid gerettet! Sie will das Fläschchen an die Lippen Gennaros bringen, er weicht zurück.
    Gennaro (indem er sie scharf ansieht): Donna, was beweist mir, daß dies nicht das Gift ist?
    Lucretia (sinkt vernichtet in einen Sessel): O mein Gott, mein Gott!
    Gennaro : Heißt Ihr nicht Lucretia Borgia? – Meint Ihr, ich erinnerte mich nicht an den Bruder des Bajazet? Ja, ich verstehe ein wenig Geschichte! Man machte ihn auch glauben, er sei von Carl VIII. vergiftet worden, und gab ihm ein Gegengift, woran er starb, und die Hand, die ihm das Gift reichte, da ist sie, sie hält noch das Fläschchen, und der Mund, der ihm sagte: trinke! da ist er und spricht zu mir!
    Lucretia : O ich elendes Weib!
    Gennaro : Hört, Donna, ich lasse mich durch Euren Anstrich von Liebe nicht täuschen. Ihr habt eine unheilvolle Absicht mit mir. Das ist klar. Ihr müßt wissen, wer ich bin. Seht, in dem Augenblick lese ich in Eurem Gesicht, daß Ihr es wißt, und es ist leicht einzusehen, daß ein unüberwindlicher Grund Euch bestimmt, mir es niemals zu sagen. Eure Familie muß die meinige kennen, und zu dieser Stunde würdet Ihr Euch vielleicht durch meine Vergiftung nicht allein an mir rächen, sondern auch, wer weiß? an meiner Mutter.
    Lucretia : Eure Mutter, Gennaro! Ihr stellt sie Euch vielleicht anders vor, als sie wirklich ist. Was würdet Ihr sagen, wenn sie, wie ich, nichts als ein verbrecherisches Weib wäre?
    Gennaro : Lästert sie nicht! – O nein! meine Mutter ist nicht ein Weib wie Ihr, Donna Lucretia. O, mein Herz fühlt sie, meine Seele träumt sie, wie sie ist; ich habe ihr Bild, da, es wurde mit mir geboren; ich würde sie nicht lieben, wie ich sie liebe, wenn sie meiner nicht würdig wäre. Das Herz eines Sohnes täuscht sich nicht in seiner Mutter. Ich würde sie hassen, wenn sie Euch gleichen könnte. Aber, nein, nein! Es ist etwas in mir, was mir laut sagt, daß meine Mutter kein blutschänderischer, üppiger, giftmischender Teufel ist, wie ihr andern schönen Damen von jetzt. O Gott! ich weiß sicher, daß meine Mutter es ist, wenn es unter dem Himmel ein unschuldiges, tugendhaftes, heiliges Weib gibt! O, sie ist so, und nicht anders! Ihr kennt sie ohne Zweifel, Donna Lucretia, und werdet mich nicht Lügen strafen!
    Lucretia : Nein, dies Weib, Gennaro, diese Mutter kenne ich nicht.
    Gennaro : Aber vor wem spreche ich so? Was kümmern Euch, Lucretia Borgia, die Freuden und Schmerzen einer Mutter! Ihr habt niemals Kinder gehabt, wie man sagt. Ihr seid sehr glücklich; denn wißt Ihr auch, Donna, daß Eure Kinder, wenn Ihr welche hättet, Euch verleugnen würden? Welcher Unglückliche wäre so vom Himmel verlassen, daß er eine solche Mutter sich wünschte? Der Sohn der Lucretia Borgia zu sein! »Meine Mutter!« zu Lucretia Borgia zu sagen! Oh!
    Lucretia : Gennaro, Ihr seid vergiftet; der Herzog, der Euch tot glaubt, kann jeden Augenblick zurückkommen; ich sollte nur an Euer Heil und an Eure Flucht denken; aber Ihr sagt mir da so schreckliche Dinge, daß ich nichts vermag, als sie wie versteinert anzuhören.
    Gennaro : Donna…
    Lucretia : Seht! wir müssen damit zu Ende kommen. Erdrückt mich, begrabt mich unter der Last Eurer Verachtung! Aber Ihr seid

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