Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)
lustig!
Gubetta : Das ist traurig und gewöhnlich. Ein ruinierter Mann heiratet eine Ruine von einem Weibe. Das sieht man alle Tage. Er fängt an zu essen. Von Zeit zu Zeit stehen einige von der Tafel auf und plaudern auf dem Vordergrund der Bühne, während das Gelage fortdauert.
Negroni (zu Maffio, indem sie auf Gennaro deutet): Herr Graf Orsini, Ihr habt da einen Freund, der sehr traurig aussieht.
Maffio : Er ist immer so, Donna. Ihr müßt mir verzeihen, daß ich ihn hierher brachte, obgleich Ihr ihm die Gnade einer Einladung nicht erwiesen hattet. Er ist mein Waffenbruder. Er hat mir das Leben bei dem Sturm von Rimini gerettet. Ich habe bei dem Angriff auf die Brücke von Vicenzia einen Degenstich erhalten, der ihm galt. Wir trennen uns nie; wir leben zusammen. Ein Zigeuner hat uns vorausgesagt, daß wir am nämlichen Tage sterben würden.
Negroni (lacht): Hat er Euch auch gesagt, ob das am Morgen oder am Abend geschehen würde?
Maffio : Er sagte uns, es würde am Morgen geschehen.
Negroni (lacht stärker): Euer Zigeuner wußte nicht, was er sagte. – Und liebt Ihr den jungen Menschen sehr?
Maffio : So sehr, als ein Mann den ändern lieben kann.
Negroni : Nun! Ihr genügt euch einander. Ihr seid glücklich.
Maffio : Die Freundschaft füllt nicht allein das Herz aus, Donna.
Negroni : Mein Gott, was denn?
Maffio : Die Liebe.
Negroni : Ihr habt immer die Liebe auf den Lippen.
Maffio : Und Ihr die Liebe in den Augen.
Negroni : Ihr seid sehr sonderbar!
Maffio : Und Ihr sehr schön! Er faßt sie um die Hüfte.
Negroni : Herr Graf Orsini, laßt mich!
Maffio : Einen Kuß auf Eure Hand?
Negroni : Nein! (Sie entwischt ihm).
Gubetta (nähert sich Maffio): Eure Sachen stehen gut bei der Fürstin.
Maffio : Sie sagt immer Nein, zu mir.
Gubetta : In dem Munde eines Weibes ist das Nein der ältere Bruder des Ja.
Jeppo (gesellt sich zu ihnen, zu Maffio): Wie findest du die Fürstin Negroni?
Maffio : Anbetungswürdig. Unter uns, sie fängt an, mir ganz verzweifelt am Herzen zu nagen.
Jeppo : Und ihr Gastmahl?
Maffio : Eine vollständige Orgie.
Jeppo : Die Fürstin ist Witwe.
Maffio : Man sieht es an ihrer Munterkeit.
Jeppo : Ich hoffe, du hast keinen Argwohn mehr gegen ihr Gastmahl?
Maffio : Ich! Wie sollt ich! Ich war ein Narr.
Jeppo (zu Gubetta): Herr von Belverana, Ihr würdet nicht glauben, daß Maffio sich scheute, zum Essen der Fürstin zu kommen?
Gubetta : Scheute? Warum?
Jeppo : Weil der Palast Negroni an den Palast Borgia stößt.
Gubetta : Zum Teufel mit der Borgia! – Trinken wir!
Jeppo (leise zu Maffio): Was mir an dem Belverana gefällt, ist daß er die Borgia nicht leiden kann.
Maffio (leise): In der Tat, er läßt keine Gelegenheit vorbei, ohne sie mit einer ganz besondern Grazie zum Teufel zu schicken. Dennoch, mein lieber Jeppo…
Jeppo : Nun!
Maffio : Ich beobachte seit dem Anfang des Gastmahls diesen sogenannten Spanier. Er hat bis jetzt nichts als Wasser getrunken.
Jeppo : Da kommt ja dein Verdacht wieder, mein guter Freund Maffio! Der Wein macht dich sonderbar monoton.
Maffio : Vielleicht hast du recht. Ich bin ein Narr.
Gubetta (kommt zurück und betrachtet Maffio von Kopf bis zu Füßen): Wißt Ihr auch, Herr Maffio, daß Ihr für ein Leben von neunzig Jahren gebaut seid und daß Ihr meinem Großvater gleicht, der dies Alter erlebte und wie ich Gil-Basilio-Fernan-Frenco-Felipe-Frasco-Fiasquito Graf von Belverana hieß?
Jeppo (leise zu Maffio): Ich hoffe, du zweifelst jetzt nicht mehr an seiner spanischen Rasse. Er hat wenigstens zwanzig Taufnamen. – Welche Litanei, Herr Belverana!
Gubetta : Ach unsre Eltern sind gewöhnt, uns mehr Namen bei der Taufe, als Taler bei der Hochzeit zu geben. Aber was haben sie denn da unten zu lachen? (Bei Seite): Die Weiber müssen doch einen Vorwand zum Weggehen haben. Was tun? Er geht zurück und setzt sich an die Tafel.
Oloferno (trinkt): Beim Herkules, meine Herren, ich habe nie einen herrlichern Abend verlebt! Meine Damen, versucht diesen Wein. Er ist süßer, als Lacrimae Christi, und glühender, als der Wein von Cypern. Das ist Syrakusaner meine Herren!
Gubetta (ißt): Oloferno ist betrunken, wie es scheint.
Oloferno : Meine Damen, ich muß Euch einige Verse hersagen, die ich eben gemacht habe. Ich möchte ein besserer Dichter sein, als ich bin, um so bewundernswürdige Frauen zu feiern.
Gubetta : Und ich möchte reicher sein, als ich bin, um meinen Freunden solche Weiber zu geben.
Oloferno : Nichts ist süßer, als
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