Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Titel: Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Büchner
Vom Netzwerk:
gesehen.
    Jeppo (leise): Was?
    Maffio : Der Spanier hat nicht getrunken.
    Jeppo : Nun?
    Maffio : Er hat seinen Wein über die Schulter geschüttet.
    Jeppo : Er ist betrunken, wie du.
    Maffio : Das ist möglich.
    Gubetta : Ein Trinklied, meine Herrn! Ich will Euch Trinklied singen, was so viel wert ist, als das Sonett des Marquis Oloferno. Bei dem guten alten Schädel meines Vaters schwöre ich, daß ich das Lied nicht gemacht habe, sintemal ich kein Dichter bin und nicht Geist genug habe, um sich zwei Reime am Ende eines Gedankens schnäbeln zu lassen. Da ist mein Lied. Es ist an den heiligen Peter, den Pförtner des Paradieses, gerichtet und hat den feinen Gedanken zu Grunde liegen, daß der Himmel des lieben Herrgott dem Trinker gehört.
    Jeppo (leise zu Maffio): Er ist mehr als betrunken, er ist besoffen.
    Alle (Gennaro ausgenommen): Das Lied! das Lied!
    Gubetta (singend):
    Kommt ein Trinker hinaufgestiegen,
Laß ihn nicht vor der Türe liegen,
Ist seine Stimme hell und klar,
Zu singen in der himmlischen Schar:
domino!
    Alle (Gennaro ausgenommen): Gloria domino!
    Sie stoßen mit den Gläsern an, indem sie laut lachen; plötzlich hört man Stimmen in der Ferne in schauerlichen Tönen singend.
    Stimmen (von außen): Sanctum et terribile nomen eius. Initium sapientiae timor domini.
    Jeppo (lacht aus vollem Halse): Hört, meine Herren! Corpo di baco! während wir Trinklieder singen, singt das Echo die Vesper.
    Alle : Hört!
    Stimmen (von außen etwas mehr in der Nähe): Nisi dominus custodierit civitatem, frustra vigilat, qui custodit eam.
    Alle brechen in Lachen aus.
    Jeppo : Ganz reiner Kirchengesang.
    Maffio : Eine Prozession, die vorübergeht.
    Gennaro : Um Mitternacht! Das ist etwas spät.
    Jeppo : Bah! Fahrt fort, Herr von Belverana.
    Stimmen (von außen indem sie näher und näher kommen): Oculos habent, et non videbunt. Nares habent, et non odorabunt. Aures habent, et non audient.
    Alle lachen stärker.
    Jeppo : Wie die Mönche plärren!
    Maffio : Sieh’ doch, Gennaro, die Lampen erlöschen. Wir werden gleich im Finstern sitzen.
    Die Lampen brennen düster, als wenn sie kein Öl mehr hätten.
    Stimmen (von außen noch näher): Manus habent, et non palpabunt; pedes habent, et non ambulabunt; non clamabunt in gutture suo.
    Gennaro : Die Stimmen scheinen sich zu nähern.
    Jeppo : Es ist mir, als ob die Prozession in diesem Augenblick unter unsern Fenstern wäre.
    Maffio : Es sind Totengebete.
    Ascanio : Das ist ein Leichenbegängnis.
    Jeppo : Trinken wir auf die Gesundheit dessen, den sie begraben.
    Gubetta : Wißt Ihr denn, ob es nicht mehrere sind?
    Jeppo : Nun denn, auf die Gesundheit von Allen!
    Apostolo (zu Gubetta): Bravo! Fahren wir fort mit unserm Gebet zum heiligen Peter.
    Gubetta : Sprecht doch höflicher. Man sagt zu dem Herrn: Sanct Peter, sehr ehrbarem Türsteher und wohlbestalltem Kerkermeister des Paradieses. (Er singt):
    Kommt ein Trinker heraufgestiegen,
Laß ihn nicht vor der Türe liegen,
Ist seine Stimme hell und klar,
Zu singen in der himmlischen Schar:
domino!
    Alle : Gloria domino!
    Gubetta : Sperr’ auf das Tor, so weit du kannst,
Dem Trinker mit dem dicken Wanst,
Daß man im Himmel schwören sollt’,
Es kam’ ein Faß hereingerollt.
    Alle (stoßen unter Gelächter mit den Gläsern an): Gloria domino!
    Die große Türe im Hintergrund öffnet sich ohne Geräusch in ihrer ganzen Breite. Man erblickt einen weiten, durch einige Fackeln erleuchteten Saal mit einem großen silbernen Kreuz im Hintergrund. Schwarze und weiße Büßende von denen man nichts als die Augen durch die Löcher ihrer Kapuzen sieht, treten in einer langen Reihe, Fackeln in den Händen, durch die große Tür ein, während sie laut und in unheimlichen Ton singen: De profundis clamavi ad te, domine! Dann stellen sie sich schweigend zu beiden Seiten des Saales auf und bleiben daselbst unbeweglich, wie Statuen, stehen, während die jungen Edelleute sie erstaunt betrachten.
    Maffio : Was soll das heißen?
    Jeppo (mit gezwungenem Lachen): Das ist ein Scherz; ich wette mein Pferd gegen ein Ferkel und meinen Namen Liveretto gegen den Namen Borgia, daß dies unsre allerliebsten Damen sind, die sich verkleidet haben, um uns auf die Probe zu stellen, und daß, wenn wir zufällig eine von diesen Kapuzen aufschlagen, wir darunter das frische und boshafte Gesicht eines schönen Weibes finden werden. Seht nur! Er hebt lachend eine der Kapuzen auf und bleibt wie versteinert stehen, indem er darunter das gelbe Gesicht eines Mönches

Weitere Kostenlose Bücher