Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)
zu erhalten schließe ich den meinigen.
Dein Freund Eugène
Adr. E. B. D. M. bei Hr. Broili, erstes Distrikt, N° 262 in Würzburg.
85
An Johann Jakob Hess
22. September 1836
Aus Straßburg nach Zürich
Euer Wohlgeboren
werden, wie ich hoffe, einen Fremden entschuldigen, der sich die Freiheit nimmt in einer für ihn höchst wichtigen Angelegenheit Ihre Güte in Anspruch zu nehmen.
Die politischen Verhältnisse Teutschlands zwangen mich mein Vaterland vor ungefähr anderthalb Jahren zu verlassen. Ich hatte mich der akademischen Laufbahn bestimmt. Ein Ziel aufzugeben, auf dessen Erreichung bisher all meine Kräfte gerichtet waren, konnte ich mich nicht entschließen und so setzte ich in Straßburg meine Studien fort, in der Hoffnung in der Schweiz meine Wünsche realisieren zu können. Wirklich hatte ich vor Kurzem die Ehre von der philosophischen Fakultät zu Zürich einmütig zum Doctor kreiert zu werden. Nach einem so günstigen Urteile über meine wissenschaftliche Befähigung konnte ich wohl hoffen auch als Privatdozent von der Züricher Universität angenommen zu werden und, im günstigen Fall, im nächsten Semester meine Vorlesungen beginnen zu können. Ich suchte daher bei den hiesigen Behörden um einen Paß nach. Diese erklärten mir jedoch, es sei ihnen durch das Ministerium des Innern, auf Ansuchen der Schweiz, untersagt einem Flüchtling einen Paß auszustellen, der nicht von einer Schweizerbehörde die schriftliche Autorisation zum Aufenthalt in ihrem Bezirk vorweisen könne. In dieser Verlegenheit nun wende ich mich an Sie, hochgeehrtester Herr, als die oberste Magistratsperson Zürichs, mit der Bitte um die von den hiesigen Behörden verlangte Autorisation. Das beiliegende Zeugnis kann beweisen, daß ich seit der Entfernung aus meinem Vaterlande allen politischen Umtrieben fremd geblieben bin und somit nicht unter die Kategorie derjenigen Flüchtlinge gehöre, gegen welche die Schweiz und Frankreich neuerdings die bekannten Maßregeln ergriffen haben. Ich glaube daher auf die Erfüllung einer Bitte zählen zu dürfen, deren Verweigerung die Vernichtung meines ganzen Lebensplanes zur Folge haben würde.
Sollten Euer Wohlgeboren gesonnen sein, mich mit einer Antwort auf dies Gesuch zu beehren, so bitte ich dieselbe unter der Adresse: Dr. Büchner bei Herrn Weinhändler Siegfried an der Douane zu Straßburg, an mich gelangen zu lassen.
Mit der größten Hochachtung
Ihr ergebenster
Dr. Büchner.
86
An das Präsidium des Erziehungsrats Zürich
26. September 1836
Aus Straßburg nach Zürich
Herr Präsident, hochgeachtete Herren!
Nach Einreichung einer Abhandlung über einen naturhistorischen Gegenstand, hatte ich die Ehre von der philosophischen Fakultät zu Zürich in ihrer Sitzung vom 3 ten dieses Monats einmütig zum Doctor philosophiae ernannt zu werden. Gestützt auf dieses Urteil über meine wissenschafdiche Befähigung wünsche ich mich als Privatdozent für Vorlesungen an der philosophischen Fakultät zu Zürich zu habilitieren. Ich habe daher die Ehre mich an Sie mit der Bitte um Zulassung zu der für diesen Fall nach §157 des Organisationsgesetzes über das Unterrichtswesen erforderlichen öffentlichen Probevorlesung zu wenden.
Mit der größten Hochachtung und Ergebenheit
G. Büchner
Dr. phil.
87
An die Familie
September 1836
Aus Straßburg nach Darmstadt
(…) Ich habe meine zwei Dramen noch nicht aus den Händen gegeben, ich bin noch mit Manchem unzufrieden und will nicht, daß es mir geht, wie das erste Mal. Das sind Arbeiten, mit denen man nicht zu einer bestimmten Zeit fertig werden kann, wie der Schneider mit seinem Kleid. (…)
88
An die Famile
26. Oktober 1836
Aus Zürich nach Darmstadt
(…) Wie es mit dem Streite der Schweiz mit Frankreich gehen wird, weiß der Himmel. Doch hörte ich neulich Jemand sagen: »die Schweiz wird einen kleinen Knicks machen, und Frankreich wird sagen, es sei ein großer gewesen.« (…)
89
Von Caroline Büchner
30. Oktober 1836
Aus Darmstadt nach Zürich
Lieber Georg!
Welche Freude als Dein Brief vom 25 ten Oktober das Postzeichen Zürich darauf ankam. Ich jubelte laut; denn obgleich wir uns gegenseitig nichts sagten; so hatten wir alle große Angst, und wir glaubten kaum daß Du glücklich über die Grenze kommen würdest. Die Sache hat mir vielen heimlichen Kummer gemacht, nun Gott lob auch dies ging glücklich vorüber. –
Wir waren die Zeit sehr beschäftiget, Mittwochs legte ich große Wasche ein, und Montags zuvor
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