Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)
seid ein Landstreicher, ein Bettler, ein Mann aus dem Volke. Ein Edelmann, der einen Juden tötet, zahlt vier Sous Strafgeld. Ein Mann aus dem Volke, der einen tötet, wird gehenkt.
Gilbert : Ihr würdet wagen?
Fabiani Ich zeige Euch an, wenn Ihr mich anzeigt. Man wird mir eher glauben, als Euch. Jedenfalls ist die Wette ungleich. Vier Sous Strafe für mich, der Galgen für Euch.
Gilbert : Keine Zeugen! keine Beweise! Oh! mein Kopf wird wirr. Der Schurke hat mich, er hat Recht.
Fabiani : Soll ich Euch helfen, den Körper in’s Wasser werfen?
Gilbert : Ihr seid der Teufel!
Gilbert faßt die Leiche am Kopf, Fabiani an den Füßen; sie tragen sie bis zum Geländer .
Fabiani : Ja. – Meiner Treu! mein Teurer, ich weiß nicht mehr recht, wer von uns beiden den Mann getötet hat.
Sie steigen hinter dem Geländer hinunter.
Fabiani : kommt zurück : Es ist geschehen. – Gute Nacht, mein Freund, geht Eurer Wege. Er geht auf das Haus zu und wendet sich um, indem er bemerkt, daß Gilbert ihm folgt . Nun, was wollt Ihr? Etwas Geld für Eure Mühe? Eigentlich bin ich Euch nichts schuldig; doch nehmt. Er gibt Gilbert seine Börse, der eine zurückweichende Bewegung macht und sie dann mit der Miene eines Mannes, der sich anders besinnt, annimmt. Jetzt fort! Nun, auf was wartet Ihr noch?
Gilbert : Auf nichts.
Fabiani : Meiner Treu! bleibt da, wenn es Euch gefällt. Die schönen Sterne für Euch, das schöne Mädchen für mich. Gott behüte Euch! Er geht auf die Türe des Hauses zu und bereitet sich, sie zu öffnen.
Gilbert : Wo geht Ihr hin?
Fabiani : Wahrhaftig! nach Hause.
Gilbert : Wie, nach Hause?
Fabiani : Ja.
Gilbert : Wer von uns beiden träumt dann? Ihr sagtet mir eben, ich wäre der Mörder des Juden; Ihr sagt mir jetzt, dieses Haus da wäre Euer.
Fabiani : Oder meiner Geliebten, das kommt auf Eins heraus.
Gilbert : Wiederholt mir, was Ihr eben gesagt.
Fabiani : Ich sage Euch, Freund, weil Ihr es wissen wollt, daß in diesem Haus ein schönes Mädchen, Namens Jane, wohnt, das meine Geliebte ist.
Gilbert : Und ich, Mylord, sage dir, daß du lügst! Ich sage dir, daß du ein Lügner und ein Mörder bist, ich sage dir, daß deine Mutter auf offnem Markt von dem Henker ist ausgepeitscht worden, und daß ich deinen Kopf mit meinen Händen packen und dir deine Zunge mit deinen Zähnen abbeißen werde.
Fabiani : Nun! nun! Was ist das für ein Teufelskerl?
Gilbert : Ich bin Gilbert, der Arbeiter. Jane ist meine Braut.
Fabiani : Und ich, ich bin der Ritter Amyas Pawlet. Jane ist meine Geliebte.
Gilbert : Du lügst! sage ich dir, du bist Lord Clanbrassil, der Günstling der Königin. Schwachkopf! der glaubte, ich wüßte das nicht.
Fabiani : bei Seite : Alle Welt kennt mich doch diese Nacht. Noch ein gefährlicher Mensch, den ich wegschaffen muß.
Gilbert : Sag’ sogleich, daß du gelogen hast, wie ein Schurke, und daß Jane deine Geliebte nicht ist.
Fabiani : Kennst du ihre Schrift? Er zieht ein Billet aus seiner Tasche. Lies das. Bei Seite, während Gilbert konvulsivisch das Papier entfaltet : Er muß hinein und mit Jane Händel anfangen; das gibt meinen Leuten Zeit, herbeizukommen.
Gilbert : liest : »Ich bin heute Nacht allein, Ihr könnt kommen.« Verdammt! Mylord, du hast meine Braut entehrt, du bist ein Schurke! Gib mir Rechenschaft.
Fabiani : nimmt seinen Degen in die Hand : Ich will wohl, wo ist dein Degen?
Gilbert : O Wut! Aus dem Volke sein! Nichts bei sich haben, weder Degen, noch Dolch! Geh, ich werde des Nachts an einer Gassenecke auf dich lauern und dir meine Nägel in den Hals drücken und dich erwürgen, Elender!
Fabiani : Nun! nun! Ihr seid heftig, mein Freund.
Gilbert : Oh, Mylord! ich werde mich an dir rächen.
Fabiani : Du dich an mir rächen! Du so niedrig, ich so hoch! Du bist toll! Ich lache dich aus.
Gilbert : Du lachst mich aus?
Fabiani : Ja.
Gilbert : Du sollst sehen!
Fabiani bei Seite : Die Sonne darf morgen diesen Mann nicht bescheinen. Laut : Freund, glaube mir, gehe heim. Ich bin ärgerlich, daß du das entdeckt hast; aber ich überlasse dir die Schöne. Es war ohnehin meine Absicht nicht, die Liebschaft weiter zu treiben. Geht heim. Er wirft einen Schlüssel zu den Füßen Gilberts. Wenn du keinen Schlüssel hast, da ist einer. Oder, wenn du willst, brauchst du nur viermal an den Laden zu klopfen. Jane wird glauben, ich sei es, und dir öffnen. Gute Nacht. Er geht.
Achte Szene
Gilbert, allein
Gilbert : Er ist fort! Er ist nicht mehr da! Ich habe ihn nicht mit
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