Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)
Menschen den Kopf abschlagen zu lassen, mein Herr?
Simon Renard : Bei einem hübschen Mädchen des Nachts gewesen zu sein? Nein, Madame. Eure Majestät hat Trogmorton für ein ähnliches Vergehen vor Gericht stellen lassen. Trogmorton wurde freigesprochen.
Die Königin : Ich habe die Richter des Trogmorton gestraft.
Simon Renard : Seht zu, daß Ihr die Richter des Fabiani nicht ebenfalls zu bestrafen habt.
Die Königin : O! wie mich an diesem Verräter rächen?
Simon Renard : Will Eure Majestät die Rache nur auf eine gewisse Weise?
Die Königin : Auf die einzige, welche meiner würdig ist.
Simon Renard : Trogmorton wurde freigesprochen. Es gibt nur ein Mittel, ich habe es Eurer Majestät gesagt. Der Mann, welcher da ist…
Die Königin : Wird er Alles tun, was ich will?
Simon Renard : Ja, wenn Ihr Alles tut, was er will.
Die Königin : Wird er sein Leben einsetzen?
Simon Renard : Er wird seine Bedingungen machen, aber er wird sein Leben einsetzen. die Königin Was will er? Wißt Ihr es?
Simon Renard : Das, was Ihr selbst wollt, sich rächen.
Die Königin : Laßt ihn herein und bleibt in der Nähe, so weit Ihr meine Stimme hören könnt. – Herr Vogt!
Simon Renard kommt zurück : Madame!
Die Königin : Sagt dem Mylord Chandos, er möge sich im anstoßenden Zimmer mit sechs meiner Leute bereit halten, herein zu treten. Und das Weib auch, daß sie gleich herein kann. – Geht!
Simon Renard geht ab.
Die Königin allein: O! das wird schrecklich werden!
Eine der Seitentüren öffnet sich. Simon Renard und Gilbert treten herein.
Dritte Szene
Die Königin, Gilbert, Simon Renard
Gilbert : Vor wem bin ich?
Simon Renard : Vor der Königin.
Gilbert : Der Königin!
Die Königin : Ja, der Königin. Ich bin die Königin. Wir haben nicht Zeit, uns zu verwundern. Ihr, Herr, seid Gilbert, ein Arbeiter. Ihr wohnt irgendwo da herum am Ufer des Flusses, mit einer gewissen Jane, mit der Ihr verlobt seid, und die Euch betrügt und zum Liebhaber einen gewissen Fabiano hat, der mich betrügt, mich. Ihr wollt Euch rächen, und ich mich. Dazu muß ich über Euer Leben nach Belieben verfügen können. Ihr müßt sagen, was ich Euch zu sagen befehle, was es auch sei. Es darf für Euch weder Wahrheit, noch Lüge, weder Gut, noch Bös, weder Recht, noch Unrecht mehr geben, nichts als meine Rache und mein Wille. Ihr müßt mich machen und mit Euch machen lassen, was ich will. Willigt Ihr ein?
Gilbert : Madame…
Die Königin : Rache, du sollst sie haben. Aber ich sage dir zum Voraus, du mußt sterben. Das ist Alles. Mache deine Bedingungen. Hast du eine alte Mutter: soll ich ihren Tisch mit Goldstücken bedecken? Sprich, ich tue es. Verkaufe mir dein Leben so teuer, als du willst.
Gilbert : Ich bin nicht mehr zum Sterben entschlossen, Madame.
Königin : Wie!
Gilbert : Seht! Majestät, ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht; es ist mir in dieser Sache noch gar nichts erwiesen. Ich habe einen Mann gesehen, der sich rühmte, der Geliebte von Jane zu sein. Wer beweist mir, daß er nicht gelogen hat? Ich sah einen Schlüssel. Wer beweist mir, daß er nicht gestohlen war? Ich sah einen Brief. Wer beweist mir, daß man sie nicht mit Gewalt ihn hat schreiben machen? Übrigens weiß ich nicht einmal mehr, ob es ihre Hand war. Es war finster. Ich war verwirrt. Ich sah nichts. Ich kann ein Leben nicht wegwerfen, das so gut wie ihr ist. Ich glaube nichts, ich weiß nichts gewiß, ich habe Jane nicht gesehen.
Königin : Man sieht wohl, daß du liebst! Du bist wie ich, du trotzest allen Beweisen. Und wenn du nun diese Jane siehst, wenn du sie ihr Verbrechen gestehen hörst, wirst du dann tun, was ich will?
Gilbert : Ja, doch eine Bedingung.
Königin : Du wirst sie mir später sagen. Zu Simon Renard : Sogleich das Weib hierher. Simon Renard geht.
Die Königin stellt Gilbert hinter einen Vorhang, der den Hintergrund des Zimmers zum Teil verdeckt. Stelle dich dahin. Jane tritt bleich und zitternd herein.
Vierte Szene
Die Königin, Jane, Gilbert hinter dem Vorhang
Königin : Näher, junges Mädchen! Du weißt, wer wir sind?
Jane : Ja, Madame.
Königin : Du weißt, wer der Mann ist, welcher dich verführt hat?
Jane : Ja, Madame.
Königin : Er hat dich betrogen! Er hat sich für einen Edelmann, Namens Amyas Pawlet, ausgegeben?
Jane : Ja, Madame.
Königin : Du weißt jetzt, daß er Fabiano Fabiani, Graf von Clanbrassil, ist?
Jane : Ja, Madame.
Königin : Diese Nacht, als man dich in deinem Hause ergriff, hattest du
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