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Georg Büchner, "Woyzeck" - Textausgabe + Lektüreschlüssel

Georg Büchner, "Woyzeck" - Textausgabe + Lektüreschlüssel

Titel: Georg Büchner, "Woyzeck" - Textausgabe + Lektüreschlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reclam
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müssen genügen, um zu demonstrieren, welchen spektakulären Entwicklungsschritt Georg Büchners
Woyzeck
für die Geschichte des Dramas darstellt. Die Naturalisten haben sich Jahrzehnte später viele seiner sprachlichen Differenzierungstechniken angeeignet, ohne kaum jemals in ihren Stücken eine vergleichbare Wirkung zu erzielen. Dass im Rahmen eines realitätsgetreu fragmentarischen Sprachstils, wie er im
Woyzeck
vorherrscht, vieles ungesagt bleiben muss, liegt auf der Hand. Die Naturalisten lösten dieses Dilemma vielfach mit ausufernden Nebentexten (Regieanweisungen). Georg Büchner hat auf dieses Mittel im
Woyzeck
fast vollständig verzichtet, was einmal mehr seine souveräne Handhabung der gesprochenen Sprache im Drama unter Beweis stellt: Die fragmentarische Sprache im
Woyzeck
ist nicht erläuterungsbedürftig, sondern sie erweist sich im Gegenteil als ein Gewinn an dramatischer Fülle und Information. Sie wirft ein besonderes Licht auf die Verhältnisse der jeweiligen Sprecher.

7. Autor und Zeit
    Georg Büchner kam am 17. Oktober 1813 in dem kleinen Ort Goddelau südwestlich von Darmstadt zur Welt. Sein Vater Ernst Büchner (1786–1861) war im Jahr zuvor zum für die Umgebung zuständigen Kreis-Chirurg ernannt worden. Georgs Geburtstag war zugleich der zweite Tag der so genannten Völkerschlacht bei Leipzig, die den entscheidenden Sieg der alliierten Mächte über Napoleon und damit die Befreiung Deutschlands von der französischen Herrschaft brachte. Die Kehrseite dieses Sieges war die daraufhin einsetzende Restauration, die Wiederkehr der alten Herrschaftssysteme, welche die politische Entwicklung Deutschlands auf Jahrzehnte hin blockierte. Schon früh in seiner Jugend erwachte Georg Büchners Interesse an den öffentlichen Verhältnissen. Von da an bis zu seinem frühen Tod litt er an den gesellschaftlichen Missständen seiner Zeit, die dem größeren Teil der Bevölkerung eine geistig und materiell kümmerliche Existenz unterhalb der Armutsgrenze aufzwangen. Büchner bekämpfte aktiv das dafür verantwortliche System, erkannte jedoch früher als seine Zeitgenossen, dass eine Veränderung der Herrschaftsverhältnisse nur mit Hilfe der unterdrückten Mehrheit der Bevölkerung erfolgreich durchgesetzt werden könne und dass die Zeit dafür in dreierlei Hinsicht noch nicht reif sei: Zum einen seien die revolutionär denkenden Eliten untereinander uneins und somit nicht handlungsfähig; zudem habe er sich überzeugt, dass »die gebildete und wohlhabende Minorität, so viel Konzessionen sie auch von der Gewalt [den Regierungen] für sich begehrt, […] nie ihr spitzes Verhältnis zur großen Klasse aufgeben« werde; und schließlich sei die große Klasse, seien die Unterprivilegierten und Armen, geistig noch zu abhängig von den traditionellen Herrschaftsverhältnissen und leicht über ihre wirkliche Lage zu täuschen: »Ein
Huhn
im Topf jedes Bauern macht den gallischen
Hahn
[die Revolution] verenden« (beide Zitate aus Briefen an Karl Gutzkow im Sommer 1836 und Sommer 1835). Diese Einsichten formulierte Büchner im Straßburger Exil, wo er als politischer Flüchtling eine geduldete, aber immer gefährdete Existenz führte.
    Väterlicherseits stammte Büchner aus einer Familie von hessischen Wundärzten, während die Vorfahren der Mutter höhere Beamtenstellen innegehabt hatten. Die Mutter, Caroline Büchner, geb. Reuß (1791–1858), wird als verständnisvoll und liebenswürdig beschrieben, während der Vater, der eine entbehrungsreiche Jugend durchlebt hatte, die Ausbildung der Kinder in großzügiger Weise förderte, zugleich aber auch erwartete, dass sie sich seinen Grundsätzen fügten. Er war ein Verehrer Napoleons, aber auch ein Mann der bestehenden Ordnung. Aufgrund der republikanischen und revolutionären Gesinnungen seines ältesten Sohnes, der schließlich steckbrieflich verfolgt wurde, kam es zwischen Ernst und Georg Büchner zu scharfen Konflikten. Dennoch hat Georg Büchner nie mit seinem Elternhaus gebrochen. Im Gegenteil hielt er mit der Familie noch in den Zeiten des politischen Exils vertrauten Kontakt.
    Georg Büchner hatte sieben jüngere Geschwister, von denen zwei früh starben. Alle außer der zwei Jahre nach Georg geborenen Schwester Mathilde wurden öffentlich engagierte und bekannte Persönlichkeiten. Wilhelm Büchner (1816–92) absolvierte eine Apothekerlehre, erfand das künstliche Ultramarin, kam als erfolgreicher Fabrikant zu erheblichem Vermögen und war daneben als Politiker

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