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George Clooney, Tante Renate und ich (German Edition)

George Clooney, Tante Renate und ich (German Edition)

Titel: George Clooney, Tante Renate und ich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fanny Wagner
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das hier?»
    «Wir müssen möglichst viele Infos aus meiner Tante herauskitzeln», sagte ich. «Und bei einem langen Frühstück geht das vielleicht am besten. Da sitzt sie immerhin nicht am PC.»
    «Gute Idee.» Bettina schenkte sich eine Tasse Kaffee ein.
    «Ach, Mädchen, das ist aber hübsch!» Renate stand mit leuchtenden Augen in der Küchentür und klatschte begeistert in die Hände. «Bildhübsch!»
    «Na, dann setz dich doch zu uns. Hast du denn gestern noch einen schönen Abend gehabt?», fragte Bettina.
    Renate nahm Platz und schnappte sich ein Brötchen. «Und ob!» Sie lächelte selig. «Hach, soll ich zuerst Himbeer- oder Aprikosenmarmelade nehmen …»
    Falsches Thema, Tantchen!
    «Wart ihr noch in der Stadt unterwegs?», bohrte Bettina weiter.
    Wieder nickte meine Tante.
    «Hat er dir ein bisschen was von sich erzählt?», fragte ich vorsichtig. «Ich meine, man sollte doch wissen, mit was für einem Menschen man es zu tun hat, oder?»
    Renate sah mich bedeutungsvoll an. «Eva, Vinzenz ist für mich wie ein offenes Buch», sagte sie ernst. «Er hat mir gestern seine ganze Lebensgeschichte anvertraut, und die ist sehr bewegend!»
    Das konnte ich mir vorstellen.
    «Bewegend?», fragte Bettina nach.
    «Ihr glaubt gar nicht, was dieser Mann alles aushalten muss und wie tapfer er trotz alledem ist!» Renate nahm einen großen Schluck Kaffee. «Ich hatte immer wieder mit den Tränen zu kämpfen.»
    «So schrecklich?» Bettina legte Mitgefühl in ihre Stimme. «Hat er richtige Schicksalsschläge erlebt?»
    Endlich hatten wir meine Tante so weit.
    «Ja, Vinzenz braucht seine ganze Kraft, um alles zu verarbeiten», begann sie. «Es fing damit an, dass seine Frau an Krebs erkrankt ist. Er hat die ganze schwere Zeit mit ihr durchgestanden, aber kaum war sie ganz geheilt, war sie weg – durchgebrannt mit dem Arzt. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, hat sie auch noch Vinzenz’ Konten geplündert.» Renate schüttelte fassungslos den Kopf. «Seine Immobilienfirma kann er gerade noch so aufrechterhalten, aber solange das Scheidungsverfahren läuft, muss er jeden Cent umdrehen.» Wieder ein Kopfschütteln. «Selbst seinen geliebten weißen BMW hat sie sich unter den Nagel gerissen. Vinzenz muss sich jetzt mit einem schäbigen Leihwagen begnügen. Diese schreckliche Person hat ihn ausgenommen wie eine Weihnachtsgans!»
    «Das ist ja furchtbar», sagte ich. Denn ich ahnte, wer die nächste Weihnachtsgans sein würde: Renate.
    «Ja», sagte sie. «Ein Glück, dass er wenigstens ein kleines Appartement in der Schellingstraße behalten konnte. Sonst wäre er praktisch heimatlos.»
    «Etwa in einem dieser Häuser bei der Türkenstraße?» Bettinas Frage war Gold wert, denn wir erfuhren postwendend Vinzenz’ Adresse.
    «Nein, ein ganzes Stück weiter hinten», antwortete Tantchen brav. «Nummer 130.»
    «Und wie geht es jetzt weiter mit euch beiden?», fragte ich.
    «Wir haben beschlossen, uns von dieser Frau das Leben nicht vermiesen zu lassen», sagte Tante Renate kühn. «Wir wollen das Leben genießen. Stellt euch vor, heute Nachmittag geht Vinzenz mit mir in den Zoo! Und morgen fahren wir nach Bad Wiessee in die Spielbank. Grundgütiger, ist das aufregend!»
    «Aber du hast doch gerade erzählt, dass er kein Geld hat?», warf ich ein.
    «Das lass mal meine Sorge sein», sagte Renate. «Vielleicht leihe ich ihm sogar etwas, bis die Scheidung durch ist. Das ist doch kein Leben für einen armen Mann!» Sie sah uns eindringlich an. «Aber bitte kein Wort zu niemandem! Wenn bekannt würde, wie es um seine Finanzen steht, würden sich seine Geschäftspartner zurückziehen, und Vinzenz’ Firma wäre endgültig ruiniert!»
    Wirklich clever, dieser Vinzenz. Das musste man ihm lassen.
    «An deiner Stelle würde ich es aber nicht überstürzen», sagte ich. «Man liest immer wieder von Leuten, die mit erfundenen Geschichten anderen das Geld aus der Tasche ziehen.»
    «Du gönnst mir mein Glück wohl nicht! Nur weil du immer an die Perversen gerätst und ich dich raushauen muss!» Meine Tante legte sich die rechte Hand aufs Herz. «Ob jemand gut oder böse ist, das spüre ich hier. Das kannst du mir glauben. Und wisst ihr, was er gestern getan hat?» Sie errötete wie ein Schulmädchen. «Er hat mich zum Abschied geküsst.» Sie nestelte an ihrer Serviette. «Und wisst ihr, wie er mich nennt? Mausepiepchen! Ist das nicht süß?»

    «Mausepiepchen?» Ernas Stimme wurde schrill. Ich hatte sie gleich angerufen, um

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