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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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zurückbeordert?«
    »Ihr stehen begrenzte Mittel
zur Verfügung. Wie bei jeder Ermittlung.«
    »Ach, verdammt noch mal!«
Havers stürmte aus dem Besprechungszimmer.
    Lynley rief ihr noch nach,
aber sie war schon weg. Er blieb vor den Magnettafeln stehen und betrachtete
das gelbe Hemd. Und plötzlich verstand er, was es ihm sagte und was es auch
Ardery hätte sagen müssen. Ihm wurde bewusst, dass auch er sich in keiner
beneidenswerten Position befand. Er überlegte, wie er die Information, die vor
ihm lag, am besten verwenden konnte.
     
    Es wollte Barbara einfach
nicht in den Kopf, warum Lynley nicht Position bezog. Sie konnte ja verstehen,
warum er dies nicht vor versammelter Mannschaft tat. Es fehlte noch, dass er
diesem Idioten John Stewart Munition für eine Meuterei gegen Isabelle Ardery
lieferte. Aber warum redete er nicht unter vier Augen mit ihr? Lynley war
schließlich kein Typ, der sich von irgendwem einschüchtern ließ. Seine
ungezählten Auseinandersetzungen mit AC Hillier waren ein deutlicher Beleg dafür.
Sie wusste, dass er auch nicht vor einem offenen Wort mit Isabelle Ardery
zurückschrecken würde. Aber wenn dem so war, was hielt ihn zurück? Sie konnte
es sich nicht erklären. Aber sie wusste, dass er aus irgendeinem Grund nicht
mehr er selbst war - und das in einer Situation, wo sie so dringend den Lynley
gebraucht hätte, der er immer gewesen war, für sie und für alle anderen.
    Dass er nicht mehr der Thomas
Lynley war, der ihr vertraut war und mit dem sie jahrelang zusammengearbeitet
hatte, bedrückte sie mehr, als sie sich eingestehen wollte. Daran ließ sich
ablesen, wie sehr er sich verändert hatte und wie sehr die Dinge, die ihm
einmal wichtig gewesen waren, für ihn an Bedeutung verloren hatten. Es war, als
schwebte er in einer namenlosen Leere, unerreichbar für seine Kollegen, auf
eine entscheidende, aber undefinierbare Weise.
    Doch im Moment hatte Barbara
keine Lust, sie zu definieren. Sie wollte nur noch nach Hause. Weil sie in
Winstons Wagen vom New Forest nach London gefahren war, musste sie die
verfluchte Northern Line nehmen, und das zur schlimmsten Tageszeit im
grauenhaftesten Wetter. Und als wäre das nicht genug, stand sie auch noch
eingekeilt vor den Zugtüren und fragte sich, warum zum Teufel die Leute nicht
in den Mittelgang des verdammten Waggons aufrückten, als sie erst gegen den
breiten Hintern einer Frau gedrückt wurde, die in ihr Handy keifte: »Beweg
deinen Arsch nach Hause, Clive, ich mein es ernst, sonst schneid ich dir die
Eier ab, das schwör ich dir«, und anschließend in die verschwitzte Achsel
eines Jugendlichen im T-Shirt geschoben wurde, aus dessen Ohrstöpseln ein
fürchterlicher Lärm drang.
    Zu allem Überfluss hatte sie
auch noch ihre Reisetasche bei sich, und als sie schließlich in Chalk Farm
ausstieg, musste sie sie mit Gewalt aus dem Wagen zerren, wobei einer der
Griffe abriss. Fluchend trat sie gegen die Tasche. Dabei scheuerte sie sich an
einer Schnalle den Knöchel auf. Sie fluchte wieder.
    Auf dem Heimweg fragte sie
sich, wann endlich der Wetterumschwung kommen würde, ein Gewitter, das den
Staub von den Blättern spülen und die versmogte Luft reinwaschen würde. Ihre
Stimmung wurde immer finsterer, während sie die Reisetasche hinter sich
herschleifte und mehr und mehr zu der Überzeugung gelangte, dass an allem, was
sie wütend machte, Isabelle Ardery schuld war. Aber der Gedanke an Isabelle
Ardery brachte sie unwillkürlich auf Thomas Lynley, und davon hatte sie für
heute genug.
    Ich brauche eine Dusche,
dachte Barbara. Und eine Zigarette. Und einen Drink. Hölle und Teufel, ich
brauche ein Leben.
    Als sie endlich zu Hause
ankam, war sie nass geschwitzt, und die Schultern taten ihr weh. Sie versuchte,
sich einzureden, dass es an der Reisetasche lag, aber sie wusste genau, dass es
schlicht und ergreifend die Anspannung war.
    Als sie vor ihrer Haustür
stand, war sie so froh, zu Hause zu sein, wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr.
Es störte sie nicht einmal, dass es drinnen so heiß war wie in einem Backofen.
Sie riss die Fenster auf und holte den kleinen Ventilator aus dem Schrank,
zündete sich eine Zigarette an, sog den Rauch tief ein, dankte dem Himmel, dass
es Nikotin gab, ließ sich auf einen der hölzernen Küchenstühle fallen und blickte
sich in ihrer extrem spärlich eingerichteten, kleinen Bleibe um.
    Sie hatte ihre Reisetasche
neben der Tür fallen lassen, und so hatte sie zuerst gar nicht gesehen, was auf
ihrem Schlafsofa

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