George, Elizabeth
Reihenhäuser, Läden mit
verschmierten Plastikschildern über den Schaufenstern, Graffiti aus ineinander
verschlungenen Buchstaben, die sinnlose Wörter ergaben wie kill dick boyz, chackers und porp.
Auf der langen Fahrt durch die
Stadt wimmelte es auf den Gehwegen von Menschen. Touristen wichen Studenten mit
Rucksäcken, die wiederum Frauen in knöchellangen schwarzen Burkas mit
Sehschlitz, begleitet von Männern in bequemen Jeans und weißen T-Shirts. Dann
afrikanische Kinder, die in einem Park unter Bäumen herumtollten.
Häuserblocks, dazwischen eine Schule neben einer Ansammlung von Verwaltungsgebäuden,
von denen er den Blick abwandte.
Schließlich wurde die Straße
schmaler, machte eine Kurve, und plötzlich war es, als führen sie durch ein
Dorf. Aber natürlich war es keins, sondern nur ein Stadtteil, der früher einmal
eins gewesen war - eine der vielen Gemeinden, die mit der Zeit von dem
wuchernden Moloch London verschlungen worden waren.
Die Straße stieg leicht an,
und dann waren sie mitten in einer Einkaufsstraße. Mütter schoben Kinderwagen,
die Leute vermischten sich. Afrikaner unterhielten sich mit Weißen. Asiaten
kauften Halal-Fleisch. Alte Leute schlürften türkischen Mokka in einem Café,
das französische Backwaren feilbot. Es war eine schöne Gegend. Er fühlte sich
so entspannt, dass er beinahe seine Musik ausgeschaltet hätte.
Dann bemerkte er, wie sie sich
auf ihrem Platz weiter vorne regte. Sie schlug ihren Stadtplan zu, nachdem sie
sorgfältig die Ecke einer Seite heruntergefaltet hatte, und steckte ihn in die
Handtasche. Dann trat sie an die Bustür.
Sie näherten sich dem Ende der
Einkaufsstraße. Ein schmiedeeisernes Gitter auf einer niedrigen Steinmauer
ließ darauf schließen, dass sie an einem Park angekommen waren.
Er fand es seltsam, dass sie
eine so weite Strecke mit dem Bus gefahren war, um einen Park aufzusuchen, wo
es doch keine zweihundert Meter von ihrer Arbeitsstelle einen Park gab oder,
genauer gesagt, einen Landschaftsgarten. Zugegeben, es war fürchterlich heiß,
und unter den Bäumen würde es kühl sein. Auch er freute sich auf den Schatten
nach der Fahrt in dem rollenden Ofen. Aber wenn sie Kühle suchte, hätte sie
doch einfach in die St.-Paul's-Kirche gehen und die Schrifttafeln an den Wänden
lesen oder einfach in der ersten Bank sitzen und den Altar und das Gemälde
darüber betrachten können, wie sie es manchmal in ihrer Mittagspause tat. Die
Muttergottes mit Kind. So viel wusste er, obwohl er sich - trotz der Stimmen -
nicht für einen religiösen Menschen hielt.
Erst im allerletzten Moment
stieg auch er aus dem Bus. Er hatte sein Instrument zwischen seinen Füßen auf
dem Boden abgestellt, und weil er sie so aufmerksam beobachtet hatte, während
sie in Richtung Park führen, hätte er es beinahe stehen lassen. Das wäre ein
schlimmer Fehler gewesen, und weil er ihn um ein Haar begangen hätte, nahm er
die Ohrstöpsel ab, um die Musik nicht mehr zu hören. Die Flamme ist gekommen, ist
gekommen, sie ist hier, ertönte es sofort in seinem Kopf. Ich rufe die Vögel, sie sollen
sich an den Gefallenen gütlich tun.
Er kniff die Augen zu und
schüttelte heftig den Kopf.
Oberhalb von vier Stufen, die
in den Park führten, befand sich ein schmiedeeisernes Tor, das weit offen
stand. Zuerst jedoch näherte sie sich einer Schautafel. Hinter Glas war ein
Lageplan des Parks angebracht. Sie studierte den Plan, aber nur kurz, wie um
sich einer Information zu vergewissern, die ihr bereits bekannt war. Dann ging
sie durch das Tor, und gleich darauf war sie zwischen den dicht belaubten
Bäumen verschwunden.
Er eilte ihr nach. Er warf
einen Blick auf die Schautafel - Wege, die sich in alle Richtungen
schlängelten, ein Gebäude, Text, ein Denkmal -, aber er konnte nirgendwo den
Namen des Parks ausmachen, und so bemerkte er erst, als er dem Weg in die
Tiefen des Parks folgte, dass er sich auf einem Friedhof befand.
Einen solchen Friedhof hatte
er noch nie gesehen. Efeu und andere Rankpflanzen überwucherten die Grabsteine
und verhüllten Statuen, zu deren Füßen Leimkraut blühte und Brombeeren
glänzten. Die Verstorbenen, die hier lagen, waren längst ebenso vergessen wie
der Friedhof selbst. Die Inschriften auf den Grabmälern waren verwittert und
dem Vordringen der Natur zum Opfer gefallen, die zurückeroberte, was ihr gehört
hatte, lange bevor die Menschen auf die Idee gekommen waren, ihre Toten hier zu
bestatten.
Der Ort behagte ihm nicht,
aber daran ließ
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